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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Schlapphut, Schigolch in Talar und Barett.
     
    Szenerie:
Ein Zwischenvorhang, ein primitives Büchergestell.
     
     
    Der normale Leser
    (schwankt herein)
    Ich möchte gern ein Buch bei Ihnen kaufen.
    Was drin steht, ist mir gänzlich einerlei.
    Der Mensch lebt, heißt es, nicht allein vom Saufen.
    Auch wünsch’ ich dringend, dass es billig sei.
    Die ältste Tochter will ich zum Gedenken
    Der ersten Kommunion damit beschenken.
    Der rührige Verleger
    Da kann ich Ihnen warm ein Buch empfehlen,
    Bei dem das Herz des Menschen höher schlägt.
    Heut lesen es schon fünf Millionen Seelen,
    Und morgen wird’s von neuem aufgelegt.
    Für jeden bleibt’s ein dauernder Gewinn,
    Steht doch für niemand etwas Neues drin.
    Der verschämte Autor
    (schleicht herein)
    Ein Buch möcht’ ich bei Ihnen drucken lassen;
    Zehn Jahre meines Lebens schrieb ich dran.
    Das Weltall hofft’ ich brünstig zu umfassen,
    Und hab’s kaum richtig mit dem Weib getan.
    Was lernend ich dabei als wahr empfand,
    Hab’ ich in schlottrig schöne Form gebannt.
    Der hohe Staatsanwalt
    (stürmt herein)
    Ich muss ein Buch bei Ihnen konfiszieren,
    Vor dem die Haare mir zu Berge stehn.
    Erst sah den Kerl man alle Scham verlieren,
    Nun lässt er öffentlich für Geld sich sehn.
    Drum werden wir ihn nach dem Paragraphen
    Einhundertvierundachtzig streng bestrafen.
    Der verschämte Autor
    (lächelnd)
    Mich strafen? Nein! Des Schaffens Götterfreuden
    Raubt mir auch nicht die härt’ste Strafe mehr.
    Wer sträubt sich jemals, für sein Kind zu leiden?
    An solchem Glück lässt dein Beruf dich leer.
    Mich kannst du foltern, würgen, schinden, henken,
    Mein Werk wird das an keinem Worte kränken!
    Der hohe Staatsanwalt
    Dir schwör’ ich’s zu, dass du mit frechen Witzen
    Nicht länger der Verdammnis Opfer wirbst.
    Normale Leser muss ich davor schützen,
    Dass du sie grinsend bis ins Mark verdirbst.
    Zwei Jahr Gefängnis sind dein sichrer Lohn;
    Für Ehrverlust sorgst du ja selber schon.
    Der normale Leser
    Jetzt möcht’ ich stracks mein Buch bei Ihnen kaufen.
    Ich finde dies Betragen unerhört.
    Lass ich die eignen Kinder christlich taufen,
    Damit mich Hunger umbringt, Durst verzehrt?
    Wenn ihr die Zänkerei nicht bald beendet,
    Dann wird das Geld auf Eierpunsch verwendet.
    Der hohe Staatsanwalt
    (schließt ihn in die Arme, worauf der normale Leser in Tränen ausbricht)
    Bejammernswürdiges Opfer! Abgetötet
    In deinem Busen starb die heilige Scheu.
    Ward diesem Wicht nur erst sein Maul verlötet,
    Dann keimen Zucht und Frömmigkeit aufs neu.
    Zwei Jahr Gefängnis! Ich behaupte dreist,
    Dass er dann ewig keinen Witz mehr reißt.
    Der verschämte Autor
    Wie sollte mich wohl ein Gerichtshof schrecken!
    Wer weiß, ob mir nicht gar sein Eifer nützt,
    Die Schwächen meines Schauspiels aufzudecken,
    So wahr, wie echte Kunst sich selbst beschützt.
    Ich bin’s gewiss: Man kann sich nicht entbrechen,
    Von jeder Schuld mich freundlich freizusprechen.
    Der hohe Staatsanwalt
    Spricht man dich frei – womit uns Gott verschone! –
    Noch selbigen Tags leg’ ich Berufung ein.
    Nicht jeder Richter trägt der Weisheit Krone,
    Um so verständiger wird ein nächster sein.
    Und zeigt auch der sich für den Autor sanft,
    Dein Schauspiel sicherlich wird eingestampft.
    Der verschämte Autor
    Dann lass ich es zum zweiten Male drucken,
    Und zwar in ernsterer, edlerer Gestalt,
    Nicht mehr im Gaunerwelsch der Mamelucken,
    Im klarsten Deutsch und ohne Hinterhalt.
    Ich bin’s gewiss: Dann muss es ihm gelingen,
    Sich unbehelligt selber durchzuringen.
    Der hohe Staatsanwalt
    Grundgütiger Galgen! Dann fehlt nichts auf Erden,
    Als dass dies Stück noch auf die Bühne kommt.
    Doch vorher soll es so geläutert werden,
    Dass es dir nicht mehr zur Reklame frommt.
    Der Weg für deinen giftigen Höllenkrater
    Führt über meinen Leichnam zum Theater.
    Der verschämte Autor
    Was schiert mich das Theater! Unsere kühne
    Tagtäglichkeit erreicht’s bekanntlich nie.
    Das menschliche Gehirn sei meine Bühne,
    Mein Lieblingsregisseur die Phantasie.
    (Zum hohen Staatsanwalt.)
    Und dir wird nichts Geringres übrigbleiben,
    Als selbst mir den Prolog dafür zu schreiben.
    Der rührige Verleger
    (sich zwischen beide drängend)
    Prolog ist herrlich! Druckt ihn eine Zeitung,
    Dann sind wir schon so gut wie aufgeführt.
    Nun sorg’ ich hurtig für des Buchs Verbreitung,
    Prospekte werden schleunigst expediert,
    Und eh’ das Publikum noch Platz genommen,
    Bin ich gewiss, dass keine Krebse

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