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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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komme?
    LULU (entschlossen)
    Weiß Gott, nein. Aber wenn du kommst, dann gehe ich.
    DIE GESCHWITZ
    Du hast mich um alles betrogen, was ich an Glücksgütern auf dieser Welt noch besaß. Du könntest in deinem Verkehr mit mir zum allerwenigsten die äußerlichen Anstandsformen wahren.
    LULU (wie oben)
    Ich bin gegen dich so anständig wie gegen jede andere Frau. Ich bitte dich nur, es auch mir gegenüber zu sein.
    DIE GESCHWITZ
    Hast du die leidenschaftlichen Beteuerungen vergessen, durch die du mich, während wir zusammen im Krankenhaus lagen, dazu verführtest, dass ich mich für dich ins Gefängnis sperren ließ?
    LULU
    Wozu hast du mir denn vorher die Cholera angehängt?! Ich habe während des Prozesses noch ganz andere Dinge beschworen, als was ich dir versprechen musste. Mich schüttelt das Entsetzen bei dem Gedanken, dass das jemals Wirklichkeit werden sollte!
    DIE GESCHWITZ
    Dann betrogst du mich also mit vollem Bewusstsein?!
    LULU (munter)
    Um was bist du denn betrogen? Deine körperlichen Vorzüge haben hier einen so begeisterten Bewunderer gefunden, dass ich mich frage, ob ich nicht noch einmal Klavierunterricht geben muss, um mein Dasein zu fristen. Kein siebzehnjähriges Kind macht einen Mann liebestoller, als du Ungeheuer den braven Kerl durch deine Widerspenstigkeit machst!
    DIE GESCHWITZ
    Von wem sprichst du? Ich verstehe kein Wort.
    LULU (wie oben)
    Ich spreche von deinem Kunstturner, von Rodrigo Quast. Er ist Athlet; er balanciert zwei gesattelte Kavalleriepferde auf seinem Brustkasten. Kann sich eine Frau etwas Herrlicheres wünschen? Er sagte mir eben noch, dass er diese Nacht ins Wasser springe, wenn du dich seiner nicht erbarmst.
    DIE GESCHWITZ
    Ich beneide dich nicht um deine Geschicklichkeit, die hilflosen Opfer, die dir durch unerforschliche Bestimmung überantwortet sind, zu martern. Ich kann dich überhaupt nicht beneiden. Ein Bedauern, wie ich es mit dir fühle, hat mir mein eigener Jammer noch nicht abgerungen. Ich fühle mich frei wie ein Gott bei dem Gedanken, welcher Kreaturen Sklavin du bist!
    LULU
    Von wem sprichst du denn?
    DIE GESCHWITZ
    Ich spreche von Casti-Piani, dem die verworfenste Niederträchtigkeit in lebenden Buchstaben auf der Stirn geschrieben steht.
    LULU
    Schweig! Ich gebe dir Tritte in den Leib, wenn du schlecht von dem Jungen sprichst. Er liebt mich mit einer Aufrichtigkeit, gegen die deine abenteuerlichsten Aufopferungen eine Bettelei sind. Er gibt mir Beweise von Selbstverleugnung, die mir dich erst in deiner ganzen Abscheulichkeit zeigen. Du bist im Leib deiner Mutter nicht fertig geworden, weder als Weib noch als Mann. Du bist kein Menschenkind wie wir andern. Für einen Mann war der Stoff nicht ausreichend und zum Weib hast du zu viel Hirn in deinen Schädel bekommen. Deshalb bist du verrückt! Wende dich an Fräulein Bianetta. Die ist gegen Bezahlung zu allem zu haben. Drück ihr ein Goldstück in die Hand, dann gehört sie dir.
    (Bianetta, Magelone, Ludmilla Steinherz, Rodrigo, Casti-Piani, Puntschu, Heilmann und Alwa kommen aus dem Spielzimmer in den Salon.)
    LULU
    Um Gottes willen, was ist passiert?
    PUNTSCHU
    Aber nicht das Geringste! Wir haben Durst; das ist alles!
    MAGELONE
    Alle Welt hat gewonnen; es ist nicht zu glauben!
    BIANETTA
    Mir scheint, ich habe ein ganzes Vermögen gewonnen!
    LUDMILLA STEINHERZ
    Rühmen Sie sich dessen nicht, mein Kind! Das bringt kein Glück.
    MAGELONE
    Aber die Bank hat ja auch gewonnen! Wie ist das nur möglich!
    ALWA
    Es ist ganz pyramidal, wo all das Geld herkommt!
    CASTI-PIANI
    Fragen wir nicht danach! Genug, dass man den Champagner nicht zu sparen braucht!
    HEILMANN
    Ich kann mir nachher wenigstens ein Abendessen in einem anständigen Restaurant bezahlen!
    ALWA
    Zum Büfett, meine Damen! Kommen Sie zum Büfett. (Die ganze Gesellschaft begibt sich ins Speisezimmer. – Lulu wird von Rodrigo zurückgehalten.)
    RODRIGO
    Einen Moment, mein Herz. – Hast du meinen Liebesbrief gelesen?
    LULU
    Droh’ mir mit Anzeigen, soviel du Lust hast! Ich habe das Geld nicht mehr zwanzigtausendweis zur Verfügung.
    RODRIGO
    Lüg’ mich nicht an, du Dirne! Ihr habt noch vierzigtausend in Jungfrauaktien; dein sogenannter Gatte hat eben selbst noch damit geprahlt!
    LULU
    Dann wende dich mit deinen Erpressungen doch an ihn! Mir ist es egal, was er mit seinem Gelde tut.
    RODRIGO
    Ich danke dir! Bei dem Hornochsen brauche ich zweimal vierundzwanzig Stunden, bis er begreift, wovon die Rede ist. Und dann kommen seine Auseinandersetzungen, denen

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