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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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seine
Innereien kribbeln, und seine Finger waren so fest um den Griff des Messers
geschlossen, dass es schmerzte.
    Obwohl
er Brandt das Gegenteil versichert hatte, setzte er in jede Begegnung mit ihrem
Objekt all seine Hoffnungen und war jedes Mal am Boden zerstört, wenn der Vogel
sie in die Irre geführt hatte.
    Unvermittelt
blieb Brandt stehen. Da Taoyama so ungestüm vorwärts gestrebt war, konnte er
nicht rechtzeitig stoppen und rannte geradewegs in seinen Mentor hinein, der
jedoch wider Erwarten nicht strauchelte, sondern fest stand wie ein Fels, an
dem Taoyama wirkungslos abprallte. Haltlos taumelte er zurück und schaffte es
gerade noch, sein Gleichgewicht wiederzufinden und nicht auf seinem Allerwertesten
zu landen.
    »Was
ist los?«, fragte der Japaner.
    In
der nächsten Sekunde konnte er sich seine Frage selbst beantworten. Vor ihnen
erstreckte sich ein Schlachtfeld. Vor den Überresten eines Gebäudes, das ganz
so aussah, als hätte ein missmutiger Riese es sich erst eingetreten und es dann
am Rinnstein abgestreift, übersäten tausende tote Krähen die Straße, alle um
einen einzigen Punkt zentriert. Ihre Glieder waren grotesk verrenkt, als hätte
ihnen etwas alle Knochen im Leib gebrochen. Blut besudelte den Asphalt, und
darin klebten unzählige schwarze Federn, was das Ganze wie die Ausgeburt eines
kranken Künstlerhirns wirken ließ. Taoyama vermochte sich gar nicht
vorzustellen, wie es hier aussehen würde, wenn der Regenschauer nicht bereits
den Großteil der Sauerei weggewaschen hätte.
    »Mein
Gott«, brachte Taoyama hervor. »Viktor, was bedeutet das?«
    Wortlos
trat Brandt näher, dem unaufhörlichen Piepsen des Gerätes folgend. Als das
Radar einen langen, durchgehenden Pfeifton von sich gab und der grüne Punkt auf
dem Schirm sich genau im Zentrum der Spirale befand, ging Brandt in die Knie
und hob einen der schlaffen Körper hoch, um ihn Taoyama mit unbeweglicher Miene
zu präsentieren.
    Wut
kochte in dem Japaner empor, als er begriff. Seine Hände ballten sich zu
Fäusten, und Tränen des Zorns stiegen ihm in die Augen. »Verdammt!«, stieß er
hervor und trat einen der Kadaver energisch von sich.
    Brandt
seufzte tief und ließ die Krähe zu Boden fallen. Nachdem er das ebenso unaufhörliche
wie vergebliche Kreischen des Gerätes in seiner Hand zum Verstummen gebracht
hatte, schritt er auf Taoyama zu und berührte tröstend seinen Arm.
    »Wir
müssen wohl wieder ganz von vorne anfangen«, sagte er bedauernd. »Tut mir leid,
Junge.«
    Taoyama
antwortete nicht. Es hätte vieles gegeben, was er nun hätte sagen können, aber
er traute seiner eigenen Stimme nicht, und unter gar keinen Umständen wollte er
etwas zu seinem Mentor sagen, das er später bereut hätte.
    »Das
hier ist nicht nur schlecht, Taoyama«, fuhr Brandt fort, der in seinem Gesicht
zu lesen schien wie in einem offenen Buch. »Es heißt, dass wir einen
Verbündeten haben, den wir noch nicht kennen. Einen Verbündeten mit äußerst wirksamen
Methoden.«
    Erstaunt
sah Taoyama auf. »Meinen Sie?«
    Brandt
zuckte mit den Schultern und ließ seinen Blick über die Masse der toten Vögel
gleiten. »Es wäre immerhin möglich. Nicht alle, die damals überlebt haben, sind
in unsere Reihen zurückgekehrt. Vielleicht sind sie nun Einzelkämpfer, machen
selbstständig Jagd auf unsere Feinde. In jedem Fall können wir alle Hilfe
gebrauchen, die wir kriegen können.«
    »Dann
sollten wir vielleicht versuchen, mit ihnen in Kontakt zu treten«, schlug
Taoyama vor.
    Brandt
nickte, schüttelte aber beinahe in derselben Bewegung den Kopf. »Wir können
nicht wissen, aus welchen Gründen sie sich bislang vor uns verborgen gehalten
haben«, antwortete er, während er über die toten Leiber hinweg schritt. Dabei
schien es ihn nicht im Geringsten zu stören, seine Schuhe in der blutigen Masse
zu beschmutzen. »Vielleicht wissen sie über uns Bescheid und kämpfen ganz
bewusst unabhängig von uns gegen ihre Feinde.«
    »Vielleicht
wissen sie es aber auch nicht und wären genauso erleichtert über ein wenig Unterstützung
wie wir«, lenkte Taoyama ein, während er Brandt auf Zehenspitzen folgte,
pedantisch darauf bedacht, sich nicht noch mehr zu besudeln.
    »Wir
werden es niemals erfahren.«
    »Wir
könnten sie suchen.« Taoyama ließ nicht locker.
    »Wenn
sie gegen dieselben Gegner kämpfen wie wir, werden sie sich nicht von uns
finden lassen. Denn das hieße, dass sie sich auch der Gefahr aussetzten, von
jemand anderem, weitaus Gefährlicheren

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