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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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aufgespürt zu werden. Uns bleibt nichts
anderes übrig, als weiter unsere Pläne zu schmieden und unabhängig voneinander zu
agieren. Einzig und allein der Zufall könnte uns zusammenführen.«
    Taoyama
musste sich eingestehen, dass Brandts Argumente nicht von der Hand zu weisen
waren. Es würde tatsächlich nicht einfach werden, die anderen ausfindig zu
machen. Aber das würde ihn ganz gewiss nicht davon abhalten, nach ihnen zu
suchen, sobald seine Zeit es erlaubte. Er hatte längst begriffen, dass sie
dieses Spiel schon so gut wie verloren hatten, wenn nicht bald ein Wunder
geschah. Und dieses Spiel zu verlieren, bedeutete, alles zu verlieren: Maria.
Sein Leben. Die Chance auf eine Zukunft.
     

Kapitel XIV
     
    »Hier leben Sie?«
Ich reckte den Hals, versuchte, die Weite des Gebäudes zu erfassen, doch das
war alles andere als einfach. Die Decke befand sich gute sieben Meter über
meinem Kopf, zumindest vermutete ich das, denn durch die zahlreichen,
gewundenen Treppen wurde mir die Sicht nach oben beinahe vollständig versperrt.
    »Manchmal.«
Reglos beobachtete der Blonde, wie ich in dem weitläufigen Gemäuer aufgeregt
hin- und herlief wie ein junger Hund. Er bewegte selbst dann keine Miene, als
ich ehrfürchtig die Finger nach den kunstvoll gearbeiteten Fresken an den
Wänden ausstreckte, als könnte ich ihre Existenz erst dann glauben, wenn ich
ihre rauen Oberflächen an meiner Haut spürte.
    »Das
ist überwältigend«, flüsterte ich.
    »Es
ist vor allem trocken«, sagte der andere knapp und strich sich demonstrativ
über sein vom Regen durchnässtes Gewand. »Vorerst werden wir hier bleiben. Später
werden wir uns ein angenehmeres Fleckchen Erde suchen.«
    Ich
nickte eifrig. Mein Misstrauen gegenüber dem Blonden war wie weggeblasen, seit
er Kiro und mich vor den Krähen gerettet hatte; nicht im Traum wäre mir
eingefallen, mich darüber zu wundern, dass er mich nach meiner Bitte um Unterkunft
in den alten Glockenturm am Stadtrand geführt hatte. Gut, ich hatte mir etwas
Wohnlicheres vorgestellt, als er mir das erste Mal ein »Zuhause« angeboten
hatte – so etwas wie ein Haus, mit Strom und fließend Wasser –, aber, zum
Teufel noch mal, das hier war weitaus stilvoller als ein paar saubere, gut
ausgestattete Zimmer! Ich hatte schon immer eine Schwäche für romantische Orte
gehabt, und der verlassene Glockenturm besaß zweifelsohne eine
düster-romantische Ausstrahlung.
    Wie
herrlich wäre es gewesen, den Klang seiner ehrfurchtgebietenden Glocke zu
hören. Bedauerlicherweise hatte diese schon seit annähernd einem Jahrzehnt
keinen Laut mehr von sich gegeben. Der Blonde hatte eine Bemerkung gemacht,
dass der Turm seit vielen Jahren nicht mehr genutzt wurde; einzig und allein die
Tatsache, dass er als unersetzbares Kulturdenkmal galt, bewahrte ihn vor dem Abriss.
    Ohne
mich weiter zu beachten, stieg der Blonde gemessenen Schrittes die eng
verschlungene Treppe nach oben. Alle paar Meter entzündeten sich dort, wo er
sie passierte, bislang in der Dunkelheit verborgen gewesene Fackeln, die mit
metallenen Halterungen im Mauerwerk befestigt waren. Vor Staunen stand mir der
Mund offen. Schon die Tatsache, wie mühelos er des Krähenschwarms Herr geworden
war, hatte mir gezeigt, dass ein unerschöpfliches Maß an Kraft in diesem Mann
wohnte – dass er aber ohne sichtbare Konzentration Energie nicht nur
heraufbeschwören, sondern auch noch genaustens bündeln konnte, verschlug mir
schier den Atem. Ich hätte alles dafür gegeben, das Geheimnis seiner Macht zu ergründen.
    Meine
Zungenspitze fuhr über meine trockenen Lippen, als ich nach diesem Gedanken
griff und ihn innerlich festigte. Alles , flüsterte jener Teil in mir,
der unersättlich war.
    Nachdem
ich meinem Retter eine Weile einfach nur nachgestarrt hatte, erwachte ich
endlich aus meiner Erstarrung und eilte hinter ihm her. Die Stufen, die aus rohem
Stein gemeißelt waren, waren von ungleichmäßiger Breite und Höhe, sodass ich
beinahe pedantisch genau darauf achten musste, wie ich meine Schritte setzte.
Zur Sicherheit stützte ich mich mit den Händen am Mauerwerk ab. Der Turm war so
angelegt, dass er sich zu seiner Spitze hin verjüngte – während seine
Grundfläche der eines kleinen Hauses entsprach, konnte ich am Ende der Treppe
die gegenüberliegenden Wände gleichzeitig mit den Fingerspitzen berühren, wenn
ich die Arme streckte.
    Als
ich oben ankam, entdeckte ich den Blonden, der sich mit an den Leib gezogenen
Beinen in einer der kunstvoll

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