Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
selbst.
»Und
wenn ich zustimme? Was dann?« Die Decke in meinen Händen war mittlerweile getränkt
vom Schweiß meiner Handflächen.
»Das
weiß ich nicht«, gestand Andreas überraschend offen. »Wir brauchen das Buch, um
zu erfahren, wie wir tatsächlich vorgehen müssen. Und das befindet sich, wie du
weißt, nicht in meinem Besitz.«
»Und
was bedeutet das nun für mich?«
Andreas´
Hand auf meiner Decke begann unmerklich zu wandern. Ich versteifte mich und
wünschte mir, ich wäre von meinem Bett aufgestanden, als noch Gelegenheit dazu
gewesen war.
»Da
das Buch mir nicht länger gehört, bleibt mir nichts anderes übrig, als es mir
erneut anzueignen. Dafür allerdings brauche ich deine Hilfe, Laura. Ich möchte
daher, dass du – sozusagen als letzte Prüfung, bevor du endgültig in unseren Reihen
aufgenommen bist – mir das Buch beschaffst und es hierher bringst. Da du den
jetzigen Besitzer des Folianten gut kennst, sollte das kein Problem für dich
darstellen.«
Ich
schluckte hart. Andreas´ Hand war mittlerweile an ihrem Ziel angelangt und
hatte sich auf der meinigen zur Ruhe gelegt. In meinem Kopf ertönte die leicht
gereizt klingende Stimme Kiros: Was lesen Sie da eigentlich die ganze Zeit,
Hansen?
»Warum
holst du es nicht selbst?«, fragte ich. »Du kennst Hansen doch ebenfalls. Er
denkt, du seist tot, und wird dir glücklich um den Hals fallen, sobald er
sieht, dass das ein Irrtum ist.«
Andreas
lachte hart auf. »Tut mir leid, dich zu enttäuschen, Laura, aber unsere
Beziehung ist etwas … komplizierter. Ich weiß zwar nicht, was dich dazu
veranlasst, zu glauben, Hansen würde mich mit offenen Armen empfangen, aber ich
versichere dir, dass dem nicht so ist. Und in keinem Fall wird er mir das Buch
ohne Umschweife aushändigen. Ich müsste es ihm schon mit Gewalt entreißen, und
das will ich nicht.«
»Aber
warum? Ich verstehe das nicht. Wenn du ihm einfach die Wahrheit sagst, ihm
erzählt, dass du das Buch brauchst, um damit die Welt vor dem Untergang zu bewahren,
wie du es mir erzählt hast …«
»Laura«,
unterbrach Andreas mich beinahe sanft. »Das alles weiß Hansen längst. Das Buch
war über Jahre in seinem Besitz, vergiss das nicht. Zugegeben, er kann es wohl nicht
lückenlos lesen, und bestimmt ist er sich all dessen längst nicht so gewiss wie
wir, aber das ändert nichts daran, dass sein Wissen ausreicht, um sich ein Bild
von der Situation zu machen. Wenn es in seinem Interesse läge, etwas für die
Welt zu tun, dann hätte er das Buch längst in bessere Hände gelegt, das kann
ich dir versichern. Fakt ist aber, dass er das gar nicht will.«
Ich
schüttelte heftig den Kopf. »Warum, um alles in der Welt, sollte er das nicht
wollen?«
»Aus
demselben Grund, aus dem du dich anfangs gesträubt hast, uns zu helfen«, gab
Andreas leichthin zurück. »Aus Prinzip. Weil er ein verbohrter Sturkopf ist und
denkt, das Richtige zu tun. Womit er natürlich falsch liegt. Er glaubt, die
Welt ist besser dran, wenn niemand dieses Schriftstück zu Gesicht bekommt.
Zumindest redet er sich das ein, um seinen bohrenden Neid vor sich selbst zu
rechtfertigen.«
»Und
wie soll ich etwas an seiner Einstellung ändern?«, wollte ich wissen.
»Ich
traue dir zu, äußerst überzeugend auftreten zu können, wenn du es nur willst«,
antwortete Andreas mit einem merkwürdig humorlosen Lächeln. Einer seiner Finger
strich an der Innenseite meines Handgelenks entlang, wodurch sich die feinen
Härchen in meinem Nacken aufrichteten.
»Ich
soll also zu Hansen und Kiro zurückkehren«, stellte ich fest. »Sie werden
Fragen stellen. Wissen wollen, wo ich gewesen bin.«
»Du
wirst eine passende Antwort parat haben, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.«
»Sie
werden mich nicht wieder gehen lassen wollen, wenn ich erst zurückgekehrt bin.«
»Dann
gehst du eben heimlich.«
Ich
seufzte. Es schien kein Weg daran vorbeizuführen. »Gut, ich tue es. Aber es
gibt da noch ein grundlegendes Problem. Ich weiß nicht einmal, wo sich das Buch
befindet. Hansen hat es vor mir versteckt.«
Als
hätte er gewusst, dass ich es eines Tages verlangen würde. Wenn ich es genau
bedachte, schien Andreas recht zu haben – möglicherweise war Hansen doch nicht
so ahnungslos, wie er uns hatte glauben machen wollen.
»Dann
wirst du das Versteck eben ausfindig machen«, gab Andreas leichthin zurück. »Laura,
ich verlasse mich auf dich.«
»Ich
… glaube nicht, dass ich das schaffe.«
Andreas
beugte sich zu mir herab. Seine Hände
Weitere Kostenlose Bücher