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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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ist und sie dich in
den Abgrund stößt!«
    »Nein«,
sagte Kiro ruhig, »Sie sind es, der einen Fehler begeht, nicht ich.«
    Hansens
Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, doch anstatt Kiro erneut in seine
Schranken zu weisen, fuhr er ansatzlos zu mir herum. Ich erwartete, dass er
schreien, mich beschimpfen und vielleicht sogar schlagen würde. Nichts von alledem
war der Fall.
    »Raus«,
sagte er bloß. Seine Stimme war leise, doch hinter seiner zur Schau gestellten
Beherrschung brodelte kochend heißer Zorn. »Verschwinde aus diesem Haus, hast
du verstanden? Ich will dich hier nie wieder sehen.«
    Ich
warf Kiro einen hilfesuchenden Blick zu.
    Und
Hansen platzte schier der Kragen. » Ich sagte raus,
sofort! «, brüllte er und hob die zur Faust geballte
Rechte, wie um nach mir zu schlagen. » Verlasse sofort
mein Haus, oder ich verspreche dir, ich schlag dir den Schädel ein! « Seine Worte waren keine leere Drohung. In diesem Moment würde er mich
ohne zu zögern töten, sollte ich ihm einen Anlass liefern, das wusste ich mit
unerschütterlicher Sicherheit.
    Auch
Kiro musste das erkannt haben, denn er war mit einigen raschen Schritten bei
dem Arzt und riss ihn grob an der Schulter herum, um sich noch im selben
Atemzug zwischen mich und Hansen zu schieben. » Wagen
Sie es ja nicht, sich an Laura zu vergreifen, Sie Psychopath! «
    Hansen
riss seinen Arm mit einer so ruckartigen Bewegung los, dass er aus Versehen den
Stuhl mit dem Ellbogen zu Boden schmetterte, wo er krachend zerbrach. Hansens
Hand fuhr in einer kraftvollen Bewegung nach vorne und krallte sich in Kiros Hemd,
während seine freie Faust nach seinem Gesicht zielte. Der Schlag hätte dem jungen
Mann glatt das Nasenbein zertrümmert, hätte dieser nicht gedankenschnell den
Kopf zur Seite gerissen und sich zurückgeworfen, sodass Hansens Faust lediglich
an seiner Schläfe entlangschrammte. Kiro keuchte vor Schmerz und Überraschung,
entwand sich Hansens Klammergriff mit einer gelenkigen Drehung und tauchte
blitzschnell unter dem nächsten Hieb seines Gegners hinweg. Hansens Unterrichtsstunden
mit seinem Schüler wurden dem Lehrer nun zum Verhängnis. Ich konnte noch
deutlich sehen, wie sich Kiros Hände um einen langen Gegenstand schlossen, als
er sich in die Hocke fallen ließ, dann sprang er in die Höhe, riss beide Arme
über den Kopf und ließ seinen improvisierten Knüppel auf den Angreifer herabsausen.
Holz traf auf Knochen, und eines von beidem splitterte hörbar. Blut spritzte,
gefolgt von einem erstickten Aufschrei, bei dessen Klang sich mir die
Nackenhaare sträubten. Dann das dumpfe Geräusch eines Körpers, der auf Parkett
aufschlug. Schließlich endgültige Stille, die nur der prasselnde Regen am
Fenster zu durchdringen vermochte.
    Kiro
stand, das abgebrochene Stuhlbein noch immer in den Händen haltend, mit
gespreizten Beinen über dem reglosen Körper Hansens, schlicht gelähmt vor Entsetzen
über seine Tat. Mit einem Mal begann er zu zittern, sacht zuerst, doch
schließlich so heftig, dass seine improvisierte Keule seinen Fingern entglitt und
zu Boden polterte.
    Obwohl
er nichts mehr in Händen hielt, ließ Kiro die Arme erst nach einer schieren
Ewigkeit sinken. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet, sein Mund halb
geöffnet, als wollte er schreien, ohne auch nur einen Ton hervorzubringen.
    »Das
… das wollte ich nicht«, murmelte er endlich. Nach und nach klärte sich sein
Blick wieder, glitt durch den Raum und verfing sich an der zusammengesunkenen
Gestalt am Fußboden.
    Der
Arzt war mit der Brust voran gestürzt, sodass er uns nun den Rücken zuwandte
und wir die Wunde an seiner Stirn nicht sehen konnten. Nur das hellrote Blut,
das sich in ein dünnes, aber unaufhörlich fließendes Rinnsal auf den Boden
ergoss, zeugte von dem schrecklichen Geschehen, in dem ein Verbündeter die Hand
gegen einen Freund erhoben und ihn niedergestreckt hatte.
    »Ich
wollte das nicht«, wiederholte Kiro, machte einen unsicheren Schritt auf Hansen
zu und hielt inne, als schreckte er davor zurück, ihm zu nahe zu kommen.
    »Natürlich
wolltest du es nicht«, sagte ich tonlos. »Niemand wünscht sich, dass so etwas passiert.
Aber jetzt ist es zu spät für Reue. Was geschehen ist, ist geschehen. Wir
können nichts mehr daran ändern.«
    Kiro
nickte abwesend. Ich bezweifelte, dass er meine Worte überhaupt verstanden
hatte. Anstatt sich Hansen erneut zu nähern, stolperte er drei, vier Schritte
rückwärts, bis ich in Reichweite gekommen war. Seine

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