Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Metall ab, bis es eine erträgliche Temperatur erreicht
hatte.
Hansen
hatte sich keine Mühe gemacht, die Tür zusätzlich mit weltlichen Methoden
abzusichern. Ein fataler Fehler, denn nun konnte ich sie ohne weitere Verzögerung
aufreißen. Und dahinter zum Vorschein kam, ungeschützt und in Reichweite, das
Buch. Wie ein schlafender Dämon in seiner Höhle lag es vor mir, schwarz und
voll verbotener Energien.
»Endlich«,
flüsterte ich. »Endlich ist es mein.«
Hinter
mir wurden rasche Schritte laut, die Tür in meinem Rücken wurde aufgestoßen,
und aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie Kiro hereinstürmte. Als er
mich so dicht vor meinem Ziel erblickte, blieb er wie vom Donner gerührt
stehen.
»Es
darf dir nicht in die Hände fallen«, sagte er heiser. »Und wenn du es nicht von
allein aufgibst, muss ich dich mit Gewalt davon fernhalten.« Er ballte die
Fäuste. »Bitte zwing mich nicht dazu«, fügte er kaum hörbar hinzu.
»Du
willst uns aufhalten?«, presste ich hervor. Ich wirbelte herum und machte
einen Schritt auf Kiro zu; ein irrsinniges Lachen brach aus mir hervor, das
mehr wie das einer Hyäne denn das eines Menschen klang. »Du bist nichts als ein
jämmerlicher Zwerg im Vergleich zu uns! Wir werden dich in der Luft zerreißen,
wenn du dich uns in den Weg stellst!«
Ich
hob drohend die Hände, die Finger gespreizt wie ein Marionettenspieler, der
sich für den letzten, alles entscheidenden Akt bereit macht. Im nächsten Moment
sprühten rote Funken von meinen verbrannten Fingern und fuhren wie Blitze in
Kiros Körper. Der junge Mann keuchte und taumelte, von einer unsichtbaren Macht
getroffen, einige Schritte rückwärts, fing sich jedoch wieder, bevor er
vollends zu Boden stürzte.
»Laura,
wenn du noch irgendwo da drin bist«, flehte er, »komm zu dir. Ich will dir
nicht wehtun.«
»Und
das wird dein Untergang sein!«, kreischte ich.
Weitere
Funken züngelten um meine Fingerspitzen. Eine Weile tanzten sie wie verspielte
Glühwürmchen in der Luft, dann rasten sie mit wahnwitziger Geschwindigkeit erneut
in Kiros Richtung, und dieses Mal, das wusste ich, würden sie mehr bewirken als
einen Stoß vor die Brust.
Im
letzten Moment riss Kiro eine Hand hoch, und die sichtbar gewordene Macht, die
ich gegen ihn gerichtet hatte, wurde wie ein Tennisball zu mir zurückgespielt.
Ich schrie überrascht und gleich darauf schmerzerfüllt auf, als mir die Energie
wie ein Dolch in den Unterbauch fuhr und mich nach Luft ringend in die Knie
zwang.
Kiros
Gesicht verzerrte sich qualvoll, und ich sah, dass ihn der Treffer ebenso
schmerzte wie mich.
»Bitte,
Laura«, wisperte er. »Hör endlich auf. Ich will nicht gegen dich kämpfen.«
»Du
willst es wohl nicht begreifen!«, presste ich hervor. »Zwei Warnungen haben wir
dir zugestanden, aber nun ist unsere Geduld am Ende. Wenn du uns noch länger im
Weg stehst, werden wir dich vernichten.«
Ohne
auf die Schmerzen zu achten, die noch immer in meinen Innereien tobten, kam ich
mit einem Satz auf die Beine. Ich formte die Hände zu einem Trichter und ließ
darin eine blau leuchtende Energiekugel entstehen, die ich einen Sekundenbruchteil
später in Kiros Richtung schleuderte. Diesmal war der junge Mann nicht schnell
genug, um meinen Angriff zu parieren, und die Kugel drang ungehindert in seinen
Brustkorb ein. Beinahe sanft versank sie in seinem Hemd, wo sie, ungesehen von
uns, ihren vorbestimmten Platz einnahm und ihr zerstörerisches Werk verrichtete.
Kiros Augen weiteten sich, nach Luft ringend fasste er sich an die linke Seite.
»Wehr
das ab«, spie ich aus.
Ich
beobachtete gar nicht weiter, wie Kiro nach hinten kippte und dabei nach Atem
schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Stattdessen drehte ich mich mit
einem Ruck um und griff das Buch, um es fest an mich zu pressen. Ein wohliges
Stöhnen glitt über meine Lippen, als ich dieses machtvolle Relikt endlich in Händen
hielt.
»Ich
habe es geschafft!«, flüsterte ich, den Tränen nahe. »Endlich, nach all den
langen Jahren, ist es mein!«
Ich
tat einen Schritt – und erstarrte. Mein Blick fiel auf Kiro, dessen Hände sich
krampfhaft in sein Hemd verkrallt hatten. Die Energiekugel, die in seinen Brustkorb
gedrungen war, hatte sich um sein Herzen gelegt und presste es zusammen, hielt es
von seiner Tätigkeit ab, wie eine Hand das Pendel einer Uhr zum Stillstand
zwang. Dass er noch bei Bewusstsein war, war praktisch ein medizinisches Wunder.
Doch das würde ihn nicht vor dem Hirntod
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