Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
bin ein Mann der Wissenschaft, ich will die
Dinge beim Namen nennen können. Das ist bei dir oft nicht möglich, und so war
es auch bei Eloin. Ich konnte sie nicht leiden, von Anfang an nicht. Und so
verwunderte es mich nicht weiter, als Andreas sich veränderte, je länger er mit
dieser Frau zu schaffen hatte. Sein Gesicht bekam einen verträumten Ausdruck,
er konnte sich nicht mehr auf die einfachsten Sachverhalte konzentrieren. Dinge
des alltäglichen Lebens interessierten ihn nicht länger. Er schien nur noch zu leben,
um ihr nahe zu sein, verbrachte jede freie Sekunde damit, sie anzuschmachten.
Liebestoller Narr. Es war geradezu widerlich. Doch was erzähle ich dir da? Du
kennst dieses Verhalten, sehr gut sogar. Ich konnte es bei dir beobachten, als
du begannst, Laura nachzuschauen.«
»Nun
werden Sie aber persönlich.«
Hansen
lachte trocken. » All das , was ich dir nun erzähle, ist persönlich. Für
dich wie für mich. Aber leider ist es eine Notwendigkeit. Also beiß gefälligst
die Zähne zusammen und ertrag es wie ein Mann.« Er hustete einmal, der Reiz in
seinem Hals schien stetig zuzunehmen. Doch nicht die Zigarette war schuld daran
– vielmehr schien etwas anderes seine Kehle hinaufkriechen zu wollen, etwas,
das er um jeden Preis unten behalten musste. »Wie auch immer, Andreas hatte
sich von mir entfernt, und es gab nichts, was ich hätte tun können, um etwas
daran zu ändern. Wie groß der Schaden war, den deine Mutter angerichtet hatte,
sollte ich allerdings erst einige Monate später begreifen. Ich hatte mein
Studium mittlerweile erfolgreich beendet, während dein Vater noch immer in den
mittleren Kursen herumträumte. Eines Tages trudelte dann die Hochzeitseinladung
deiner noblen Eltern bei mir ein. Ich zerriss sie voller Wut.« Hansen schluckte
hart. »Wenige Tage nach der Zeremonie tauschten wir uns erstmals aus. Dein
Vater erzählte mir alles. Dass Eloin und er … Magier seien.« Er spuckte
das Wort beinahe auf den Tisch. »Und ich … ebenfalls. Er sagte, er habe es mir
nur aus dem Grund noch nicht gesagt, weil er wusste, dass ich ihm nicht glauben
würde. Ich sagte, er sei wahnsinnig geworden und scheuchte ihn fort. Aber bald
darauf kam er zurück. Ich schrie ihn durch die halb offenstehende Tür an,
wollte ihn erst gar nicht einlassen. Aber wir waren schließlich Freunde – oder
es zumindest einmal gewesen –, und so konnte er mich doch überreden, ihn zu
empfangen. Ich verlangte einen Beweis für seine Behauptung, und er lieferte ihn
mir.«
Unvermittelt
stockte Hansen in seiner Erzählung. Schon wieder war da dieses schreckliche
Kratzen in seinem Hals. Auch seine Augen brannten, und er rieb sich verärgert
mit dem Handrücken darüber.
»Ich
bin ein Mensch der Wissenschaft. Wenn ich etwas glauben soll, brauche ich einen
handfesten Beleg. Doch ebenso muss ich einen Sachverhalt akzeptieren, wenn
dieser Beleg vor meinen Augen liegt. Ich konnte nicht länger abstreiten, was
Andreas mir erzählt hatte, ich musste es akzeptieren. Mein Weltbild brach zusammen.
Alles, woran ich jemals geglaubt hatte, war eine Lüge gewesen.« Hansen
schluckte hart, um dann mit etwas festerer Stimme fortzufahren. »Er stellte
mich dem Zirkel vor, alles saubere, freundliche Leute mit anständiger Arbeit
und Familien. Sie waren schon in Ordnung, diese verkorksten Magier.« Hansen
schloss die Augen. »Ganz besonders Miranda. Du weißt doch noch, wer Miranda
ist?« Er lachte leise, tastete mit einer Hand über die pochende Wunde unter
seinem nicht mehr ganz so sorgfältig gestutzten Haar. »Natürlich weißt du das
nicht, du warst ja noch ein Winzling, als du sie kennenlerntest. Aber sie hat
dich angebetet. Ihr sehnlichster Wunsch war es, auch so einen kleinen
Hosenscheißer wie dich zu haben, dem sie all ihre Liebe schenken konnte.«
»Ihre
Frau?«
Hansen
hob überrascht den Kopf. »Hm?« Er war so in seine Erinnerung vertieft gewesen,
dass er Kiros Einwurf beinahe überhört hätte.
»Diese
Miranda war Ihre Frau, nicht wahr? Diejenige, die verschwand.«
Ein
harter Kloß bildete sich in Hansens Hals. Er hustete wieder, und diesmal lief
ihm eine Träne über die heiß glühende Wange. Welch ein Glück, dass der Strom
ausgefallen war, sodass der Junge es nicht sehen konnte. »Sie war so ein
wunderbarer Mensch. Gütig. Liebevoll. Immer dachte sie an die anderen, an sich
selbst zuletzt. Ich habe niemals wieder jemanden wie sie getroffen.« Er ballte
die Hände zu Fäusten.
»Hansen
… Sie weinen doch
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