Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Neuankömmlinge
sah, und auch der Kanarienvogel in seiner Tasche begann heftig zu zappeln.
Er
hatte gefunden, wonach er suchte. Nun folgte der etwas schwierigere Teil.
Kapitel XII
»Warum so betrübt,
Laura? Du und ich, wir sind die mächtigsten Menschen dieser Erde, und sehr bald
werden diese Macht alle Kreaturen des Planeten zu spüren bekommen. War es nicht
das, was du dir erträumtest? Was du immer wolltest?«
Ich
starrte Andreas unverwandt an, dessen Körper nah an meinen gepresst war, sodass
ich seine vor Energie pulsierende Aura spüren konnte. Auch ich war wie
berauscht von der Kraft, die durch meine Adern strömte und die Luft förmlich
knistern ließ. Nachdem der erste Gefangene gefallen war, hatte es nur Minuten
gedauert, den Käfig beinahe vollständig zu leeren. Ein Magier nach dem anderen
war unter unseren gierigen Fängen vergangen. Wir hatten von ihrer Lebenskraft
getrunken wie von einem süßen, stärkenden Wein. Es war beängstigend gewesen,
wie sich Andreas´ Züge unter dem Einfluss der fremden Energie aufgefrischt
hatten, sein Zittern nachgelassen hatte und sein Schweiß versiegt war, und auch
meine eigene Erschöpfung verschwand restlos, machte einer drängenden Rastlosigkeit
Platz, Tatendrang quoll mir aus allen Poren.
Ich
hatte getötet, erbarmungslos, und es hatte mir gut getan.
Schließlich
war nur noch jene Frau übrig gewesen, die zuvor gegen Andreas aufbegehrt hatte.
Zuerst dachte ich, dass Andreas sie nur deshalb aufgespart hatte, um ihr eine
Lektion für ihr rüdes Benehmen zu erteilen, doch als ich es beenden wollte,
hielt er mich zurück und schüttelte fest entschlossen den Kopf.
»Sie
nicht. Sie ist zu etwas anderem bestimmt.«
Ich
fügte mich, wie ich mich in alles fügte, was Andreas mir befahl, und starrte
aus blicklosen Augen auf die junge Südländerin herab, die noch immer halb besinnungslos
auf dem dreckstarrenden Boden des Verlieses lag und sich nur selten regte. Sie hätte
beinahe friedlich gewirkt, wären da nicht die Tränen an ihren Wangen gewesen,
die schmierige Spuren durch ihr verdrecktes Gesicht zogen.
»Wer
ist sie?«, fragte ich.
Andreas
lächelte dünn. »Unser Finale.«
Ich
verstand. »Das Opfer.«
» Ein Opfer. Du hast die Stelle gelesen. Wir werden mehr als eines benötigen.«
Ich
nickte reumütig. »Drei. Eines für jede der beiden irdischen Sphären Erde und Himmel
sowie eines für die nicht-irdische, den Äther. Sie, die Magierin, ist für den
Äther bestimmt. Wer sind die Übrigen?«
»Du
wirst sie zu sehen bekommen, wenn es soweit ist«, gab Andreas zurück.
Danach
hatten wir die unterirdischen Kerker hinter uns gelassen und uns wieder im
alten Herrenhaus eingefunden, das nun, da keine in Kutten gehüllten Diener mehr
durch die Gänge schlichen, wie ausgestorben wirkte. Zum ersten Mal hatte ich
den Eindruck gehabt, mich tatsächlich in einem unbewohnten Gebäude zu befinden.
Nun
saßen wir Schulter an Schulter im ehemaligen Salon, die Arme
umeinandergeschlungen wie Liebende, die sich bei Anbruch des Tages nicht
trennen konnten. Dass wir beide stets den Körperkontakt mit dem jeweils anderen
suchten – nicht nur Andreas den meinen, auch ich fühlte mich mittlerweile wohl und
sicher in seiner Gegenwart – war ein merkwürdiges Phänomen, das ich nicht
erklären konnte. Es war nicht so wie mit Kiro in den ersten Tagen unserer Bekanntschaft,
als ich mich nach jeder seiner Berührungen verzehrt hatte, keine zärtliche
Zuneigung, die uns aufeinander zutrieb, nichts dergleichen. Vielmehr kam ich
mir vor wie eine Amphibie, die zwar außerhalb des Wassers leben konnte, aber es
dennoch in ihrer Nähe wissen und sich so viel wie möglich darin aufhalten
wollte. Dass ich Andreas für seine Grausamkeiten und seine Machtbesessenheit verabscheute,
tat diesem Verlangen, ihm nahe zu sein, keinen Abbruch. Auch wenn Wasser trüb
oder verschmutzt ist, bleibt es dennoch Wasser.
»Ich
irre mich nicht, Laura, das tue ich nie, also versuche nicht, mir das weiszumachen,
indem du mich mit Schweigen strafst«, sagte Andreas, nachdem ich mich auch nach
einigen Minuten nicht zu einer Antwort hatte aufraffen können. »Also sag mir
schon, weshalb dich die Erfüllung deiner tiefsten Wünsche so in Bitterkeit
stürzt. Ist es die Angst, zu versagen? Diese Möglichkeit besteht nicht, Mädchen.
Wir sind viel zu mächtig, um zu scheitern.«
Ich
sagte noch immer nichts, schlug stattdessen Krybch auf und blätterte
durch die Prophezeiung sowie die darauffolgende
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