Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
die Magierin, die
als Einzige nicht überrascht vom plötzlichen Verstummen des Sturms zu sein
schien. »Eloin, was ... was ist passiert? Waren Sie das etwa?«
Die
Magierin lachte leise und deutete ein Kopfschütteln an. »Nein, ganz gewiss
nicht. Wenn ich den Sturm zum Schweigen bringen könnte, hätte ich es schon eher
getan. Der Grund ist sehr viel einfacher, aber auch beunruhigender.«
»Also
ist es ein schlechtes Zeichen?«, hakte Taoyama nach.
»Es
zeigt uns, dass unsere Zeit allmählich knapp wird«, sagte Eloin bloß. »Mitternacht
ist nicht mehr fern, meine Freunde. Wir müssen uns eilen.«
»Wenn
das alles ist«, grinste Taoyama. »Ohne den Widerstand der Elemente sollte das
eigentlich kein Problem sein. Ein Spaziergang.«
»Da
wäre ich mir nicht so sicher«, mischte Kiro sich ebenfalls in das Gespräch ein.
»Ich glaube, unsere Probleme fangen gerade erst an.« Er deutete vor sich in die
schwarze Nacht. »Ihre Freunde haben uns gefunden, Hiroshi.«
Als
Taoyama sich auf die angegebene Stelle konzentrierte, schälte sich aus der
Finsternis ein einzelner Umriss, gefolgt von noch einem und noch einem.
Insgesamt machte Taoyama neun Gestalten aus, die sich drohend vor ihnen
aufbauten und ihnen den Weg versperrten. Sie alle waren in düstere
Kapuzenumhänge gehüllt, die unter normalen Umständen lächerlich ausgesehen
hätten, unter dem lichtlosen Himmel und gegen den Hintergrund der nahen Apokalypse
jedoch alles andere als lachhaft auf Taoyama wirkten.
»Eloin?«,
hörte er Hansen hinter sich raunen.
»Sie
sind gewöhnliche Menschen, in deren Adern Seine Magie fließt«, gab Eloin
ebenso leise zurück. »Marionetten.«
Eine
der Gestalten schlug ihre Kapuze zurück, und darunter zum Vorschein kam das
Gesicht eines schmerzhaft jungen, blonden Mädchens, dessen Lippen zu einem
grausig-kalten Lächeln verzogen waren. Ihre perfekt manikürten Fingernägel
strichen das Haar aus ihrer Stirn, als sie Taoyama und seine Leute kühl
musterte.
»Wen
haben wir denn da?«, säuselte sie. »Wenn das nicht Lauras Fanclub ist. Hat die
kleine Schlampe es also doch noch geschafft, aus ihrem Schneckenhaus
hervorzukriechen.« Sie lachte hässlich. »Ein Jammer, dass es ihr nun nichts
mehr nutzen wird.«
Kiro
trat hinter Taoyama hervor und musterte das blonde Mädchen mit eisigen Augen.
»Ich kenne dich«, stellte er fest. »Du warst auf dem Ball. Du musst mit Laura
in dieselbe Schule gegangen sein. Wie ist dein Name?«
»In
meinem früheren Leben nannte man mich Camryn«, gab sie zurück. »Und du bist
Kiro, der Superheld .« Ihre Augen, in denen der Wahnsinn schwamm, glitt
weiter. »Da hätten wir noch Hiroshi Taoyama, den Blutsverräter. Johannes
Hansen, den blinden Rationalisten. Eloin, die ewig Träumende. Und – ah.« Sie
gab einen langgezogenen, wohligen Laut von sich, als sie Isis entdeckte, die
aus Hansens Manteltasche hervorlugte. »Vogel. Dich kenne ich doch auch. Was für
eine Überraschung, dass du noch lebst. Dass ihr alle – ihr alle noch
lebt.« Ihr grausames Grinsen, das makellose Zähne zeigte, vertiefte sich. »Aber
dafür sind wir nun da – um diese Verirrung richtigzustellen.«
»Wir
wollen keinen Streit mit euch«, ergriff Eloin das Wort. »Alles, was wir wollen,
ist reden.«
Camryn
wischte ihre Worte mit einer verächtlichen Geste beiseite. »Reden«, stieß sie
beinahe angewidert aus. »Das konntet ihr alle schon immer ausgezeichnet, nicht
wahr? Euch die Köpfe heiß und die Welt richtig reden. Aber die Zeit der
Diskussion ist endgültig vorbei. Ebenso wie die eure.«
Sie
wandte den Kopf in Richtung ihrer Begleiter, die nach und nach näher
herangekommen waren und Taoyama an einen Schwarm dunkler Vögel erinnerten, die
sich um einen Kadaver sammelten. Camryns Lächeln gefror, als sie knapp befahl:
»Tötet sie.«
Wie
ein einziger Mann setzten sich die schwarzgekleideten und so mit der Dunkelheit
förmlich verschmelzenden Gestalten in Bewegung. Jede Faser in Taoyamas Körper
spannte sich kampfbereit, und auch seine Begleiter hatten zu ihm aufgeschlossen
und die Fäuste geballt.
»Habt
keine Angst vor der Übermacht«, flüsterte Eloin hastig. »Es sind nur Menschen.«
Sie schien noch mehr sagen zu wollen, doch Camryns sich vor Hysterie
überschlagende, kreischende Stimme übertönte jedes weitere Wort der Magierin: » Packt
sie! Vernichtet sie! Lasst niemanden am Leben! Ich will Blut fließen sehen! «
Schneller,
als Taoyama dem Geschehen mit Blicken zu folgen vermochte, sah er sich
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