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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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hier aus wuchs es und wurde immer stärker.
    Kiro
sagte etwas, doch ich konnte ihn über das Prasseln des Feuers nicht verstehen.
Trotzdem war ich mir über die Bedeutung dieser Worte im Klaren. Mitten
durch?
    Ein
erschreckend nahes Krachen erklang, wie morsches Holz, das ein gewisses Gewicht
nicht mehr zu tragen imstande war und einfach zu Asche zerfiel. Es konnte nur
noch eine Frage der Zeit sein, bis das gesamte Gebäude über unseren Köpfen
zusammenbrach und uns unter brennenden Trümmerstücken begrub. Wir hatten keine
Wahl.
    Ich
nickte Kiro entschlossen zu. Meine Hand suchte die seine, fand sie und
umschloss sie so fest, dass es wehtun musste. Zu meiner Überraschung riss er
sich nicht wieder los, sondern verstärkte ganz im Gegenteil seinen Griff. In
diesem Moment wusste ich, nichts würde uns auseinanderreißen können. Nicht das
Feuer, das sich immer noch mit enormer Geschwindigkeit ausbreitete und uns mit
seinem ohrenbetäubenden Prasseln zu verhöhnen schien, nicht die Trümmer, die
nun unaufhörlich von der Decke regneten, und auch das Gebäude selbst nicht,
sollte es tatsächlich über uns zusammenstürzen. Wir würden es entweder
gemeinsam schaffen oder gemeinsam zugrunde gehen.
    Ich
warf meinem Begleiter einen letzten Blick zu, und dann stürmten wir los, Hand
in Hand in die tosende Feuerbrunst.
    Es
war nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte. Es war tausend Mal schlimmer. Wir
liefen mitten durch die Hölle, der Kern der Erde hätte nicht heißer sein
können. Hitze, überall nichts als Hitze, die mir den Atem nahm und mich wie
eine starke Hand umschloss, wollte mich immer wieder zurückreißen. Irgendetwas
unglaublich Heißes prallte gegen meine rechte Schulter, und ich schrie gellend
auf, als der glühende Beton, der mich getroffen hatte, meine Haut versengte.
Der Geruch von verschmortem Fleisch erfüllte die Luft, und mir wurde übel.
Immer noch hielt ich Kiros Hand fest umschlossen, hatte ihn trotz allem noch
immer nicht losgelassen und würde es auch nicht tun.
    Uns
gegenseitig stumm anspornend, nicht aufzugeben, immer weiter zu machen und
nicht zurückzublicken, hetzten wir weiter. Mehrmals drohte unser Vormarsch ins
Stocken zu geraten, aber wir wagten es nicht, unser Tempo zu drosseln.
Irgendwann hatten wir das Schlimmste hinter uns gelassen, die Kraft der Flammen
klang ab und der Funkenregen versiegte nach und nach. Es hörte nicht ganz auf,
bei Gott nicht, aber es wurde erträglicher. Selbst das Gefühl, lebendig
gebraten zu werden, verebbte. Wir näherten uns dem Ausgang, ich konnte es
spüren.
    Ein
leichter, kaum merkbarer Luftzug strich über mein Gesicht, und angenehm kühle,
frische Luft empfing mich. Es war nicht mehr als ein Windhauch, ein Tropfen auf
einem glühenden Stein, der sogleich verdampfte. Trotzdem war es die
wunderbarste Berührung, derer ich jemals Zeuge geworden war.
    Nur
wenige Schritte hinter uns krachte ein brennender Balken mit unbändiger Wucht
auf den Boden, sodass für einen Augenblick das gesamte Gebäude zu erbeben
schien. Der Zug auf meinem Arm verstärkte sich, als Kiro seine Schritte
beschleunigte. Den immer noch herabstürzenden Trümmern ausweichend, steuerten
wir auf den Ausgang zu. Das Feuer schien noch einmal all seine Kräfte zu
mobilisieren, riss mit seinen Klauen an unserer Kleidung, wollte uns noch ein
letztes Mal packen und zurückreißen.
    Es
war knapp, unendlich knapp. Aber es gelang. Wir stürzten durch das riesige Tor,
das ebenfalls bereits Feuer gefangen hatte, obwohl die Flammen kaum noch
Nahrung finden konnten, und stolperten ins Freie. Mehr fliegend als rennend
überwanden wir die Treppe, die Flammen nicht beachtend, die uns bis hierher
gefolgt waren, und dann – war es mit einem Mal vorbei.
    Schwer
atmend standen wir in der stickigen, auch hier von Rauch geschwängerten Luft
und blickten fassungslos auf das, was wir hinter uns zurückgelassen hatten. Als
ich auf das Inferno starrte, erschien mir das, was wir gerade vollbracht
hatten, wie ein blankes Wunder. Das gesamte Gebäude war bloß noch eine riesige,
von Flammen erleuchtete Ruine.
    »Es
ist vorbei«, murmelte ich leise, konnte es selbst kaum fassen. »Wir haben es
geschafft.«
    Urplötzlich
übermannte mich die Schwäche, und mein Körper kapitulierte endgültig angesichts
der unglaublichen Leistung, die ich ihm abverlangt hatte. Irgendetwas fing
meinen Sturz im letzten Augenblick auf, bevor meine Stirn auf den Beton prallen
konnte, dann vollendete die Dunkelheit ihre tödliche

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