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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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gewähren, das sehe ich jetzt ein. Nicht nur,
dass es gegen die Vorschriften verstößt, ich verstoße mit dieser Toleranz auch
gegen meine eigenen Grundsätze.«
    »Sollten
Sie nicht besser froh sein, dass Kiro so viel Glück im Unglück hatte?«, fragte
ich irritiert.
    »Aber
das bin ich doch«, antwortete Hansen in einem Tonfall, der das komplette
Gegenteil aussagte.
    »Ist
das Ihre übliche Einstellung Ihren Patienten gegenüber?«
    »Was wollen Sie von mir?!«, fuhr Hansen erregt auf. Seine anfängliche Unberührbarkeit
war wie fortgewischt. »Soll ich in Tränen ausbrechen, vor Erleichterung darüber,
dass es dem Burschen gut geht?«
    Hatte
ich einen wunden Punkt getroffen? »Das wäre doch ein Anfang«, erwiderte ich.
    Hansen
atmete scharf ein. »Ich …«
    » Ich «,
unterbrach ich ihn betont, »wäre Ihnen nun sehr verbunden, wenn Sie mich
alleine lassen würden. Das Gespräch hat mich erschöpft, ich muss dringend
schlafen. Wenn Sie noch Fragen haben, kommen Sie in ein paar Stunden wieder.«
    Im
ersten Augenblick war ich mir sicher, den Bogen überspannt zu haben. Hansens
Blick umwölkte sich noch weiter, seine Lippen hatte er zu einem dünnen,
blutleeren Strich zusammengepresst, und aus seinen Wangen war alle Farbe
gewichen. Mit einer steifen Bewegung, als hätte er aus Versehen einen Besen
samt Stiel verschluckt, richtete er sich auf und starrte mich von oben herab
an. Als ich schon glaubte, er würde nun zu brüllen beginnen, fuhr er, sein
Klemmbrett fest an die Brust gepresst, auf dem Absatz herum, hatte mit wenigen
steifen Schritten den Raum durchquert, riss die Tür so heftig auf, dass ich
glaubte, sie würde schlicht aus den Angeln gerissen, und warf sie mit solcher
Wucht hinter sich ins Schloss, dass der Türrahmen protestierend knirschte.
    »Ups«,
murmelte ich.
    Wer
hätte das gedacht? Selbst erfahrene Ärzte konnten explodieren, wenn man nur den
richtigen Sprengstoff zur Hand hatte.
    Ich
wollte mich bereits wieder zurücklehnen, als undeutliche Stimmen durch die Tür
in mein Zimmer drangen. Die einzelnen Worte konnte ich nicht verstehen, registrierte
aber sehr wohl den Tonfall der beiden Gesprächspartner. Stimme Nummer eins, bei
der es sich eindeutig um die Hansens handelte, klang erhitzt und barsch. Als
die zweite Stimme nicht minder gereizt etwas erwiderte, erkannte ich Kiro darin,
der dem brodelnden Arzt in die Arme gelaufen sein musste.
    Die
Worte verebbten, und auf dem Gang wurden energische Schritte laut, die sich
rasch entfernten. Hansen rief Kiro noch irgendetwas zu, was ich nicht verstehen
konnte, dann herrschte plötzlich eine geradezu unheimliche Stille. Nur zögernd
ertönten auch die Schritte des jungen Mannes.
    Zum
zweiten Mal an diesem Tag wurde die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen und mit
doppelter Wucht wieder zugeworfen. Kiro stürmte herein, den geröteten Kopf
leicht gesenkt und mit einem Ausdruck von so kochender, schon fast animalischer
Wut in den Augen, dass ich instinktiv ein Stück von ihm wegrutschte. In einer
solchen Verfassung hatte ich diesen sanftmütigen, verständnisvollen Menschen
bislang noch nie gesehen.
    Mit
einer energischen Bewegung warf er sich auf sein Bett und stützte die Ellbogen
auf die Knie. Das Gesicht vergrub er in den Händen. Als ich genauer hinsah,
erkannte ich, dass seine Finger leicht zitterten, ein unkontrolliertes Beben,
das nach und nach auf seinen gesamten Körper übergriff.
    »Was
wollte Hansen von dir?«, fragte ich vorsichtig.
    Kiros
Kopf ruckte in einer abgehackten Bewegung herum, seine Augen blitzten, und sein
blondes Haar hing ihm ungewohnt wirr ins Gesicht. Als ich schon glaubte, er
würde seinen Zorn nun an mir entladen, schnaubte er bloß verächtlich. »Das
frage ich mich auch«, knurrte er. »Elendiger Dreckskerl.«
    »Was
war denn los?«, wollte ich wissen.
    »Er
ist ein verdammtes Arschloch, das ist los«, meinte Kiro voll Abscheu. »Er sagt,
ich soll mich von dir fernhalten, weil ich nicht nur einen schlechten Einfluss
auf dich habe, sondern auch deine Gesundheit gefährde. Und wenn ich mich nicht
zurückhalte, würde er dafür sorgen, dass ich nicht einmal mehr in deine Nähe
komme.«
    »Das
hat er nicht!«, entfuhr es mir fassungslos.
    Kiro
nickte düster. »Das hat er wohl. Und ich traue ihm allemal zu, dass er seine
Drohung in die Tat umsetzt.«
    »Aber
das ist noch nicht alles, nicht wahr?«, vermutete ich.
    Kiro
zögerte sichtlich, dann schüttelte er langsam den Kopf. »Nicht nur, dass er
mich beschimpft hat, er hat

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