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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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auch noch meine Familie in den Dreck gezogen. Und
ich bin sicher, dass es auch genau das ist, was er ständig hinter meinem Rücken
tut.«
    »Du
kennst diesen Mann privat?«, fragte ich überrascht. Nun erschien mir so einiges
klarer.
    Ein
weiteres Nicken. »Er ist ein … Bekannter unserer Familie. Aber wir haben schon
lange keinen Kontakt mehr zu ihm. Um ehrlich zu sein, hat mir das nie sonderlich
wehgetan.«
    »Das
kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich hatte schon Schwierigkeiten, mich für
zehn Minuten mit ihm alleine in einem Raum aufzuhalten. Allein seine Anwesenheit
provoziert.«
    Kiro,
der sich schon wieder vollkommen unter Kontrolle hatte, seufzte leise. »Das
habe ich auch immer gesagt. Ich glaube, meine Adoptiveltern hatten einfach
Mitleid mit ihm und haben deshalb so lange den Kontakt aufrechterhalten.«
    »Warum
Mitleid?«, fragte ich verwundert.
    »Seine
Frau ist unmittelbar nach der Hochzeit verschollen. Die Hintergründe ihres
Verschwindens wurden niemals aufgeklärt, und Hansen hatte seit diesem Tag keine
andere Beziehung, soweit ich das beurteilen kann.«
    »Das
ist eine traurige Geschichte«, sagte ich. Es war aufrichtig gemeint. »Was genau
ist passiert?«
    Kiro
hob die Schultern. »Wie gesagt, der Fall hat sich vor langer Zeit abgespielt,
vielleicht sogar schon vor meiner Geburt. Aus den Erzählungen meiner Eltern
weiß ich, dass Hansen und seine Zukünftige ein nicht unglückliches Pärchen
waren. Ganz im Gegenteil schienen sie beide auf Wolke Sieben zu schweben.«
    Ich
versuchte, mir einen jugendlichen Hansen Hand in Hand mit einer jungen Frau
vorzustellen, ein glückseliges Lächeln auf den Lippen, doch es wollte mir
einfach nicht gelingen. Ich schaffte es nicht einmal, mir den strengen, weißen
Kittel wegzudenken.
    »Wie
auch immer, die Trauung fand im kleinsten Kreise statt, eine richtige
Traumhochzeit. Alles lief perfekt, und es wäre wohl noch weiter so makellos
gelaufen, wäre Hansens Braut nicht von einem Tag auf den anderen verschwunden
gewesen.«
    »Einfach
so?« Ich beugte mich ein Stück vor, runzelte die Stirn.
    »Sie
kam einfach nicht mehr nach Hause«, bestätigte Kiro. »Verabschiedete sich ein
letztes Mal von Hansen und war dann wie vom Erdboden verschluckt. Hansen war
natürlich mit den Nerven vollkommen am Ende, ein seelisches Wrack.«
    »Ein
Unfall?«, fragte ich leise.
    »Man
weiß es nicht. Sie wurde niemals gefunden, weder tot noch lebendig. Es muss
furchtbar sein, mit dieser Ungewissheit zu leben. Solange niemand die Leiche
vor Hansens Füßen ablegt, ist die Hoffnung, dass seine Frau noch lebt, nicht
völlig zerstört, aber oft bringt Hoffnung mehr Schaden als Nutzen. Ich glaube,
ihn hat sie innerlich zermürbt. Man sieht es ihm zwar nicht an, aber manchmal vermute
ich, hinter seiner widerlichen Art verbirgt sich nichts als Kummer.« Kiro
schluckte sichtbar.
    »Eine
traurige Geschichte«, sagte ich noch einmal. Vielleicht würde ich Hansen ab
jetzt mit anderen Augen betrachten.
    Vielleicht.
    »Die
Welt ist verrückt«, murmelte ich und vergrub mich erneut in die Decke.
    »Was
du nicht sagst«, lachte Kiro, ein Laut, der mich von innen heraus wärmte. Wie
war es nur möglich, dass dieser Fremde solche Emotionen in mir wachrief? Es war
seltsam – und es war wunderschön.
    »Kiro?«,
sagte ich in die angenehme Stille hinein.
    »Ja,
Laura?«
    »Ich
danke dir. Danke.«
    »Wofür
denn?«
    »Für
alles. Dafür, dass du mich gerettet hast. Dass du bei mir geblieben bist.«
    »Ich
werde auch noch länger bei dir bleiben, wenn das nötig sein sollte.«
    Ich
schloss die Augen. »Das wäre schön.«
    »Ja.
Ja, das finde ich auch.«
    Ein
Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Mit dem Gefühl, dass er da war und
über mich wachte, glitt ich in einen leichten, aber erholsamen Schlummer.
     
     

Kapitel VII
     
    Elegant landete die
Krähe auf dem gehörnten Kopf der Statue und ließ ihren Schnabel bedrohlich
klappern. Ihre Augen glitten über die Reihen der vermummten Gestalten hinweg,
und als sie die wuselnde Masse brauner Nagerleiber zu deren Füßen gewahrte,
schlossen und öffneten sich ihre Krallen in beinahe spastischen Krämpfen.
Deutlich schien sie die saure Witterung der Ratten zu riechen, die aus allen
Ecken der Stadt an diesen Ort geströmt waren, wo sie nun das Geschehen mit
ebensolcher Aufmerksamkeit verfolgten wie die Krähe selbst. Doch sie ließ sich
nicht von ihren Instinkten verleiten, blieb starr sitzen, als wäre auch sie ein
Teil der aus Stein gemeißelten

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