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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Figur, deren teuflische Fratze breit in die Menge
grinste.
    Während
Rainer all dies gewahrte, schauderte er leicht. Als er das letzte Mal einem
solchen Treffen beigewohnt hatte, war er noch ein junger Mann gewesen, daher
fiel es ihm schwer, sich zurückzuerinnern, ob sie schon damals von so
zahlreichen Tieren umgeben gewesen waren. Die warmen Leiber der Ratten rieben
unangenehm an seinen Knöcheln, und obwohl er für gewöhnlich keinerlei Ekel vor
Nagern empfand, hätte er es doch bevorzugt, nicht mit diesen Wesen in Berührung
zu kommen. Auch die Anwesenheit der schwarzen Vögel, die sich mittlerweile
überall im Raum niedergelassen hatten, um gleich darauf zu absoluter Reglosigkeit
zu erstarren, erfüllte Rainer mit einer tief greifenden Unruhe, die ihren
Ursprung in einem uralten Teil seines Verstandes zu haben schien. Etwas haftete
diesen Kreaturen an, das an gewöhnlichen Tieren nicht wahrzunehmen war, eine
dunkle, klebrige Präsenz, welche alles um sie herum vergiftete.
    Rainer
schloss die Augen und wünschte sich, er wäre der düsteren Stimme in seinem Kopf
nicht gefolgt, die ihn im frühen Morgengrauen aus dem Schlaf gerissen hatte.
Schon damals, vor knapp zwanzig Jahren, als die Stimme zum ersten Mal in seine
Gedanken eingedrungen war wie ein Skalpell in den Leib eines Narkotisierten,
hatte Rainer befürchtet, dass es ein schwerer Fehler gewesen war, sich auf
diese Seite der Front zu stellen. Trotzdem hatte er heute erneut nach dem
imaginären Wappen gegriffen, seine Knechtschaft ein weiteres Mal besiegelt, und
nun stand er hier, inmitten all dieser unglücklichen Seelen, die vielleicht
Frauen und Kinder hatten wie er selbst und trotzdem ohne zu zögern ihr Leben
aufs Spiel setzten für eine Macht, die mit Menschenleben ebenso leichtfertig
umging wie mit Bauern auf einem Schachbrett.
    Doch
nein, er hatte richtig gehandelt. Vielleicht war es damals jugendlicher
Leichtsinn gewesen, der ihn seine Entscheidung hatte treffen lassen, heute aber
ging es um mehr – um unendlich viel mehr. Um die Saat des Bösen auszurotten,
musste man Feuer legen, und auch, wenn diese Flammen neben dem verdorbenen
Weizen ein paar gesunde Pflanzen verzehren sollten, so schufen sie dennoch
fruchtbaren Boden, auf dem die nächste Generation erblühen konnte.
    Endlich
erhob sich der Sprecher. Wie immer handelte es sich um einen Fremdling mit
starrem Blick, dem dieselbe Präsenz anhaftete wie den Tieren, und als er mit
langsamen Schritten den großzügigen Kellerraum durchquerte, landete eine der
Krähen auf seiner Schulter und stieß ein heiseres Krächzen aus.
    Ohne
auf das Tier zu achten, begann er mit emotionsloser Stimme zu sprechen: »Viele
von euch sind gekommen, obwohl ihnen der Gestank des Zweifels anhaftet, der in Seinen Augen nichts anderes ist als der Gestank zukünftigen Aases. Zweifelt nicht,
Diener des Einzigen, denn Zweifel macht euch schwach. Zweifel vernichtet euch.
Zweifel ist euer Untergang.«
    Die
vermummten Gestalten blieben bewegungslos und stumm, während der Sprecher durch
ihre Reihen schritt und die Anwesenden dabei mit kaltem Blick observierte.
    »Ihr
seid schwach«, raunte er einer schmächtigen Gestalt ins Gesicht, die etwas
abseits der Menge stand. Der Angesprochene zuckte sichtlich zusammen, was der
Redner mit einem verächtlichen Grienen quittierte.
    »Schwaches
Fleisch. Schwache Geister. Unwürdiges Pack! In den alten Zeiten hätten dreimal
so viele Männer sich dem Großen zu Füßen geworfen, dreimal so stark, dreimal so
skrupellos!«
    Die
schmächtige Gestalt schien zusehends in sich zusammenzuschrumpfen, als diese
Schimpfrede sich über ihren Kopf ergoss.
    » Du! «,
donnerte der Sprecher plötzlich.
    »Ja,
Herr?«, drang es kleinlaut unter der Kapuze hervor.
    »Deinen
Namen!«
    »Bernhard,
Herr.«
    Ruckartig
riss der Redner dem Jungen die Kapuze vom Kopf. Darunter zum Vorschein kam das
hagere Gesicht eines Burschen, der nicht einmal halb so alt wie Rainer sein
konnte. Seine Augen waren in stummem Entsetzen geweitet und von Furcht schwarz
gefärbt.
    »Warum
bist du hier?«
    »Ich
bin dem Ruf gefolgt, Herr.« Es schien Bernhard immer schwerer zu fallen,
verständliche Worte zu artikulieren. Sein Körper zitterte leicht, aber deutlich
sichtbar. »Ich bin ihm gefolgt, wie alle hier. Um Ihm zu dienen.«
    » Du bist keiner Seiner Diener«, sagte der Sprecher mit ätzender Stimme.
    »Doch,
Herr. Mein Vater war – «
    » Schweig! Wage es nicht, unaufgefordert zu sprechen, du Wurm!« Seine Hand

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