Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
begriff einfach
nicht, wie er die Eindringlinge bislang hatte übersehen können – nicht einmal
eine Maus hätte sich in diesem Raum verstecken können.
Das hieß …
doch, eine Maus durchaus. Oder eine Ratte.
Als es Taoyama
zu dämmern begann, traf ihn ein harter Schlag vor die Brust, und er taumelte
haltlos zurück und krachte gegen die Wand. Ächzend sank er daran zu Boden.
»Hiroshi!« Wie
aus weiter Ferne erklang Marias entsetzter Schrei.
Taoyama zwang
sich, die Augen zu öffnen, und sah, wie die beiden Kerle Maria an den Haaren
hochzerrten. Sie wehrte sich tapfer gegen ihre Angreifer, biss, trat und
kratzte nach ihnen, doch sie hatte keine Chance gegen ihre muskulösen Widersacher.
»Hände weg, ihr
Barbaren!«, schrie Taoyama und rappelte sich mühsam auf.
»Hiroshi,
nicht!« Tränen schimmerten in Marias Augen, als sie sah, wie Taoyama schwankend
auf die beiden Eindringlinge zuhielt.
Er hatte alle
Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Auf seinem Bauch hatte sich eine
sonderbare Nässe ausgebreitet; eine seiner alten Wunden schien aufgebrochen zu
sein. Doch im Augenblick kümmerte ihn dies herzlich wenig. Alles, was zählte,
war Maria.
Taoyama biss
die Zähne zusammen und sandte eine Welle geballter Energie in Richtung der beiden
Angreifer, eine Technik, die er erst vor wenigen Tagen erlernt hatte. Seine
Attacke prallte wirkungslos an den Männern ab, die ihn bloß spöttisch
angrinsten, während sie die zappelnde Maria Richtung Tür schoben.
Zu schwach ,
durchfuhr es Taoyama verzweifelt. Ich bin einfach zu schwach.
Seine Hand
fasste in die Tasche seines Mantels und förderte ein Taschenmesser zutage,
dessen Klinge er hervorschnappen ließ. Auf diese Art bewaffnet, stürzte er sich
auf den rechten der beiden beinahe identisch aussehenden Männer.
Während der
andere Maria einen Arm um den Hals schlang, ließ der Erste die sich sträubende
Geisel los und empfing den heranstürmenden Taoyama mit ausgebreiteten Armen.
Als das Messer auf seine Brust zuschoss, packte er mit einer beinahe
nachlässigen Bewegung das Handgelenk des Japaners und drehte es mit einem Ruck
herum. Taoyama schrie vor Schmerz und brach in die Knie, das Messer rutschte
ihm aus den Fingern. Der Schmerz, der mit einem Mal in seiner Bauchhöhle
explodierte, war geradezu unerträglich, und Schwärze wollte sein Gesichtsfeld erobern.
Wie durch einen
Schleier nahm er wahr, wie der andere Mann mit Maria aus dem Schlafzimmer
verschwand.
» Maria! «,
schrie er aus voller Kehle.
Da traf ihn ein
heftiger Schlag auf den Hinterkopf, und Taoyama prallte mit dem Kinn voran auf
dem Boden auf. Blut füllte seinen Mund. Er wollte sich nach seinem Gegner
umsehen, aber rote Schlieren raubten ihm die Sicht. Das Letzte, was er wahrnahm,
war eine riesige Hand, die sich auf seinen Nacken herabsenkte, dann wurde sein
Kopf ein weiteres Mal gegen den Boden geschmettert und mit einem trockenen Knacken
erlosch die Welt um ihn herum.
Kapitel IX
Ich fand keinen
Schlaf, weder in den wenigen verbliebenen Stunden des Tages noch nachdem die
Sonne schon lange hinter dem Horizont verschwunden war und die Welt in tiefer,
undurchdringlicher Dunkelheit zurückgelassen hatte. Stundenlang starrte ich wie
betäubt aus dem schmalen Seitenfenster, beobachtete Abend- und, nur Augenblicke
später, wie mir schien, die Morgendämmerung, ohne mich auch nur einen
Millimeter vom Fleck zu rühren. Ich fühlte mich seltsam ausgebrannt und leer,
innerlich schier zu Eis erstarrt. Ein paar Mal tastete ich vorsichtig nach der
fremden Macht in meiner Seele, nur um mich zu vergewissern, ob sie noch da war.
Sie
war es.
Doch
der alles verschlingende Wirbel der Gedanken und Gefühle in meinem Bewusstsein
war zum Erliegen gekommen, und nun, da ich vollkommen unbeeinflusst über alles
nachdenken konnte, sah ich die vergangenen Tage mit stechender Klarheit. Das
Ergebnis, zu dem ich gelangte, gefiel mir nicht, doch es musste wohl die
Wahrheit sein. Ich war dumm gewesen, unglaublich naiv. Ich hätte Kiro vergessen
sollen, im selben Moment, in dem ich begriffen hatte, dass seine bloße Nähe
blankes Gift für mich war, das wäre die einzig richtige Entscheidung gewesen.
Er war nicht der einzige Mensch auf diesem Planeten, und ich hätte mich nicht
so auf ihn versteifen sollen, schon gar nicht, nachdem er mich bereits so unzählige
Male verletzt und im Stich gelassen hatte. Die leuchtende Engelserscheinung,
die ich bei unserer ersten Begegnung in ihm zu erkennen geglaubt hatte,
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