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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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amüsiert, dann nervt, beunruhigt mich schließlich: Womöglich sprechen Johannes und ich genauso? Wie spricht »man« mit einem Hund? Wieso stellt man ihm dauernd Fragen, die er nicht beantworten kann, und das meistens zwei- oder dreimal hintereinander? »Na, was bist du denn für ein süßer Kerl, was für ein süßer Kerl bist du denn, ja so ein süßer Kerl, weißt du denn überhaupt, was du für ein süßer Kerl bist, du süßer Kerl, du?«
    Fraulis schrauben ihre Stimmen gerne in Tonlagen, die ein Gefühl hinterlassen, als würde man eine Schraube in die Muschel drehen. Herrlis bleiben cool, was sie nicht davor bewahrt, auch alles zwei- bis siebenmal zu wiederholen.
    »Ja, was bist du denn für einer? Ja, wer bist du denn? Ja, wer bist du denn?«
    Das ist übrigens die zentrale Frage vieler Philosophien, auch im Yoga läuft alles darauf hinaus: »Wer bin ich?« Was wir uns selbst nicht beantworten können, sollen die Hunde für uns lösen. Der Ansatz ist vielleicht gar nicht so schlecht.
    Als ich meinen ersten Hundekrimi Alle Vögel fliegen hoch schrieb, überlegte ich mir gründlich, wie die Kommunikation zwischen meiner Heldin Franza und dem Hund Flipper verlaufen sollte. Er sollte keine eigene Erzählstimme haben, Franza sollte interpretieren, was der Hund sagt: Flipper machte auf mich den Eindruck, als würde er den Mann nicht mögen, anstatt: Flipper mochte den Mann nicht. Flipper drehte sich um, als sei er genervt, anstatt: Flipper war genervt.
    Wir können das Verhalten der Hunde nur deuten, und wie wir es deuten, verrät mehr über uns als über den Hund. Genauso ist es bei Menschen: Was wir über andere Menschen denken, zeigt, was wir von ihnen halten, nicht, wer sie sind.
    Die berühmte Verhaltensforscherin Jane Goodall wurde in den 1960er-Jahren dafür getadelt, nicht nach wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, weil sie den Schimpansen, die sie im Gombe-Stream-Nationalpark in Tansania untersuchte, Namen statt Nummern zuteilte. Damit würde sie ihnen eine Persönlichkeit verleihen und behaupten, sie hätten Verstand und Gefühle. Männliche Schimpansen seien demzufolge nicht mit er und weibliche nicht mit sie zu bezeichnen, denn das Verhalten nichtmenschlicher Lebewesen sei lediglich auf umweltbedingte oder soziale Einflüsse zurückzuführen. Jane Goodall akzeptierte dies zum Schein und schrieb also nicht: Mango war glücklich. Das hätte sie wissenschaftlich nicht beweisen können. Doch wenn sie formulierte: Mango verhielt sich auf eine Weise, dass man, wäre sie menschlich, sagen würde, sie war glücklich, konnte ihr niemand unwissenschaft liches Vorgehen unterstellen. Mutigen Menschen wie Jane Goodall ist es zu verdanken, dass eine Gesellschaft in Bezug auf Tiere menschlicher wird. Heute darf ein Tier aus sich heraus fröhlich sein, auch ohne die Brücke zum Vergleich mit dem menschlichen Verhalten.
    »Was meinst du?«, frage ich Johannes, als er glücklich vom Surfen zurückkehrt mit diesem ganz besonderen Blick, in dem der Wind und die Wellen nachwehen. »Wie reden wir mit Luna?« Ich erzähle ihm von Seppi.
    Johannes lacht. Dann macht er mir vor, wie ich Luna zu Hause jeden Morgen begrüße. Kaum öffne ich die Küchentür, springt sie auf wie zum Appell. Ihr Tag beginnt mit meinem Erscheinen. Betritt Johannes die Küche, rührt sie sich nicht mal, außer sie drückt sich – mit nahezu hämischer Freude, behauptet er unwissenschaftlich – noch mal richtig schön tief in ihr Kissen. Beim Frühstück beobachtet er sie manchmal und beneidet sie gelegentlich: »Hund sein ist etwas Tolles!«
    »Hund sein bei uns«, füge ich hinzu.
    Johannes imitiert meinen Luna-Singsang: Gu-ten Mor-geeen. Gu-ten Morgeeen, gut geschlafeeen? Ja, ja, ja, fein! Hast du gut geschlafeeen? Jaaa, so feiiin geschlafeeen. Ui, was bringst du mir denn da? So was Tooolles, ja so ein tooolles Oink Oink. Ja, da bin ich ja total neidig!«
    Ich boxe Johannes in die Seite. Es ist mir peinlich, das vorgespielt zu bekommen. Aber so läuft unser Morgenritual nun mal ab, es ist der Beginn eines neuen Tages, und ich merke, ob Luna – oder ich – sehr gut, mittel oder normal gut gelaunt ist. Natürlich bin ich nicht neidisch auf ihr eingespeicheltes Gummischwein. Aber es macht gute Laune, so zu tun, als ob. Und manchmal denke ich, dass es Luna vielleicht auch gefällt, dass sie ein paar Sachen hat, die ihr gehören. Der Korb, die im Haus verteilten Decken, ihr Spielzeug. Alles ihre Beute, und wenn sie mir die zur Begrüßung

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