Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
offeriert, rührt mich das. Niest sie auch noch, freut mich das besonders, denn in irgendeinem Hunderatgeber habe ich mal gelesen, Hunde würden ihre positiven Emotionen mit Niesen ausdrücken.
Zum Reimen fehlt mir jegliches Talent. Mehr als Herz auf Schmerz klappt selten. Aber Luna nimmt es ja nicht so genau. Wenn wir rausgehen, heißt das manchmal raussi-paussi, heimgehen heimi-peimi und schlafen Betti-Petti. Diese entsetzlichen Peinlichkeiten fängt Johannes nun an laut herauszuposaunen, wobei er mir auch noch übermütig auf die Flanken klopft, wie ich es mit Luna mache. Dann zählt er einige meiner Kosenamen auf: Wuckel-Puckel, Mezi-Pezi, Luna-Puna, und als ich nach ihm schlage, läuft er weg, Luna begeistert hinter uns her, und Johannes ruft noch viel schlimmere Begriffe aus meinem Repertoire. Mein Gesicht wird klatschmohnrot – ob vor Luftmangel, Lachen oder Scham. Irgendwann liegen wir keuchend auf dem Sofa in unserer Ferienwohnung. Ich schaue in Johannes’ Augen und entdecke keinen Spott. Er lässt mich sein, wie ich bin, nimmt es einfach an, auch wenn er es affig finden mag. Ich muss trotzdem eine Ehrenrettung versuchen. »Weißt du«, sage ich, »weil ich mich doch schriftlich immer so gut ausdrücken muss, will ich wenigstens mündlich die Sau rauslassen.«
Die neue Hundehütte
L una war acht Jahre alt, als Johannes und ich zusammenzo g en. Es hätte ebenso gut weitergehen können wie gewohnt, doch wir befürchteten, wenn wir es jetzt nicht wagen, dann nie. Vielleicht gibt es im Leben so etwas wie einen richtigen Zeitpunkt, vielleicht behauptet man das auch nur im Nachhinein, um sich zu bestätigen, denn man kann es dann ja nicht mehr ändern.
Ob wir es geschafft hätten ohne Luna? Letztlich gab sie den Ausschlag, beziehungsweise die Treppe. Die in mein Hexenhäuschen war steiler als die in Johannes’ Wohnung. Luna nahm alle Stufen im Galopp, doch als sie älter wurde, stellte die Tierärztin eine leichte Arthrose bei ihr fest. »Treppensteigen besser vermeiden«, riet sie. Kurz darauf erschienen uns die zwanzig Kilometer Distanz zwischen unseren Wohnungen nicht mehr als Katzensprung. Wie viel Zeit wir durch die Fahrerei verschwendeten. Und dass wir am Telefon ständig darüber sprachen, wer was zu wem mitnimmt, was nicht vergessen werden durfte. »Eigentlich bin ich ständig am Packen«, stöhnte Johannes, »und immer fehlt etwas.« Wenn ich das Wochenende bei ihm verbrachte, hatte ich die falschen Klamotten im Gepäck, weil es wider Erwarten doch regnete oder eben nicht, ich ein Manuskript zu Hause liegen gelassen hatte oder die Zeckenzange. Was wir vorher schön gefunden hatten, nervte uns nun. Wir glaubten nicht mehr daran, dass getrennt wohnen ein Garant dafür sei, sich aufeinander zu freuen. Wir würden uns auch aufeinander freuen, wenn wir uns täglich begegneten, vorausgesetzt, wir sahen uns, wie uns Gott im Sinn hat, anstatt wie Möbelstücke. So viel zur Theorie. In der Praxis zogen zwei Zweibeiner um, damit der Vierbeiner keine Treppe mehr steigen musste. Dafür sind wir Luna dankbar. Wir betrachteten das gemeinsame Wohnen nicht als Krönung unserer Liebe, sondern als Versuch. Dass wir ein Paar bleiben wollten, war klar, aber ob wir als Paar langfristig getrennt oder zusammen wohnten, würde sich erst herausstellen.
Lunas leichte Arthrose, die sich nie verschlimmerte, machte mir damals Kummer. Manchmal humpelte sie morgens ein wenig, das erschreckte mich. »Hast du Schmerzen? Tut dir was weh?« Wedel, wedel, ein neuer Tag, jippi! Ich brauchte lang, ehe ich mich an diese Steifigkeit gewöhnte. Da Luna sich nicht so äußern kann, dass ich es verstehe, vermutete ich immer ganz schnell das Schlimmste. Aber meine Oma kam auch schwer in die Gänge, und ihr tat nichts weh dabei. Wie harmlos Lunas Humpeln erschien, als sie von der Schlange gebissen wurde. Wie egal der Schlangenbiss war, als der Milztumor diagnostiziert wurde. Sehnsucht nach Arthrose! Und morgen werden wir überfahren, und dann war der ganze Kummer umsonst. Oder wären wir vielleicht gar nicht überfahren worden, wenn wir uns nicht ständig Sorgen gemacht und deshalb zu Boden geschaut hätten, weshalb wir den Lastwagen nicht gesehen hätten, in dessen toten Winkel wir gelaufen wären?
Von unserem Entschluss zur gemeinsamen Wohnung bis zur Verwirklichung war es ein weiter Weg. In unserer beliebten Wohngegend, dem Fünfseenland im Speckgürtel Münchens, sind die Preise hoch und die Angebote rar gesät, Hundehaltung fast
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