Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
nicht?«
»Nicht ganz«, antwortete Sara leise. »Aber das Sozialamt wollte, dass nicht Vater unbekannt in den Papieren steht.«
»Aber was willst du – willst du nicht wissen, wer der Vater ist? Und denk doch an Johan. Wenn er groß ist, möchte er vielleicht gern wissen, wer sein Vater ist. Willst du wirklich nicht auch selbst wissen, wer es ist?«
Sara schaute immer noch zu Boden, ihr Gesicht war starr und verschlossen.
»Nein, eigentlich nicht«, traute sie sich zu antworten und schaute Lena dabei trotzig an. »Nicht nachdem alles so gekommen ist, und außerdem gehört Johan mir«, fügte sie hinzu und sah noch rebellischer aus. Vor allem wollte sie betonen, dass Johan nicht Lenas Kind war.
»Was heißt hier, er gehört dir? Kinder gehören niemandem«, fauchte Lena und starrte Sara dabei mit weit aufgerissenen Augen an. »Mit wie vielen hast du denn herumgebumst? Das hätte ich nie von dir gedacht.«
»Ach, du glaubst wohl, ich würde mit jedem schlafen, was! Du glaubst, ich bin eine Schlampe«, brachte Sara wütend und verletzt heraus, und es hörte sich an, als ob jetzt sie richtig wütend werden würde. »Aber du sollst wissen, dass das eine einmalige Sache war … und außerdem war ich betrunken … danach habe ich so gut wie nie wieder was getrunken … aber es waren mehrere neben Patrik, und ich konnte sie nicht mehr auseinander halten …«
Sie brach zusammen und begann laut zu weinen, und mitten im Weinen spürte sie, wie erleichternd es war, es endlich gesagt zu haben, auch wenn Lena nicht gerade sehr mitfühlend war.
Warum waren sie eigentlich immer bei Lena? Warum konnte Lena nicht auch einmal zu ihr kommen, so dass sie nicht jedes Mal den Wagen, Johan und die Tüte mit den Windeln und der Wechselwäsche hochschleppen musste? Es wäre doch so viel einfacher, sich daheim bei Sara zu treffen, aber es schien, als ob es dort nicht gut genug war. Anfangs hatte Sara gemeint, dass sie natürlich zu Lena gehen müsste, um ihr einen Gefallen zu tun, damit Lena in ihrer neuen Wohnung schneller heimisch wurde, und sich nicht so verlassen fühlte, jetzt, wo es den großen Johan nicht mehr gab.
Plötzlich sah Lena sehr müde aus, als wäre sie gar nicht mehr bei der Sache. Sie wirkte nach innen gekehrt, und mit einem Mal verzerrte sich ihr Gesicht vor Schmerzen, und sie legte die Hände auf den Bauch und knickte wie ein Klappmesser zusammen.
»Ich muss nur mal aufs Klo«, brachte sie stöhnend heraus. »Ich habe Magenkrämpfe, oder es ist diese Magenschleimhautentzündung.«
Gerade als Lena die Tür hinter sich zugezogen hatte, klingelte das Telefon.
»Geh ran«, schrie sie Sara durch die geschlossene Toilettentür zu. »Sag, dass ich später zurückrufe.«
Sara stand auf und schluckte alles Verheulte und Ängstliche herunter, damit ihre Stimme normal klang. Es war ein netter Doktor Björk am anderen Ende der Leitung. Sara antwortete, wie ihr aufgetragen worden war.
Als Lena herauskam, war Johan aufgewacht und meckerte, weil ihm warm war. Sara hob ihn hoch, schnupperte an seinem Windelpopo – sie musste die Windel wechseln.
»Wer war das?«, fragte Lena, sobald sie herausgekommen war, und sie sah viel frischer aus.
»Ein Arzt namens Björk, und er möchte, dass du ihn zurückrufst. Die Nummer steht auf dem Block«, erklärte Sara und zeigte zum Flur hin, wo das Telefon auf einem roten Tischchen stand.
»Aha«, sagte Lena zögernd, stellte die Kaffeetassen auf das Tablett und brachte es in die Küche.
»Bist du irgendwie krank?«, rief Sara ihr nach.
»Nein, überhaupt nicht«, kam die Antwort aus der Küche.
»Na, jedenfalls sollst du dich bei ihm melden. Ich habe ihm versprochen, dass du es gleich tun wirst«, rief Sara zur Küche hin, ging in die Hocke und zog Johan auf dem Wohnzimmerfußboden um.
»Ich mach das später«, entgegnete Lena, und Sara hörte, wie sie den Wasserhahn anstellte und mit den Tassen im Spülbecken klapperte.
Claesson ließ sich Zeit mit dem nach Hause kommen, jetzt, wo er allein war.
Merkwürdig, wie schnell man sich daran gewöhnt, dachte er. Plötzlich ist man abhängig davon, dass es nicht leer ist, wenn man nach Hause kommt. Nicht nur gähnende Leere und der Fernseher, auch wenn er sich ehrlich gesagt manchmal nach Stille und Einsamkeit sehnte, vor allem nach mehreren Nächten mit einer schreienden Klara.
Man kann sich nicht an Träumen festklammern, man muss das Gute mit dem Schlechten nehmen, besonders wenn man Kinder hat, das sagte seine Schwester
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