Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
überwinden, aus dem Bett zu kommen und die drei, vier Schritte zu dem Sessel am Fenster zu gehen. Die Welt zeigte sich anders in halb aufrechter Stellung. In Horizontallage hatte er fast nur Decke. Wände und das Bettende sehen können. An die Zeit auf der Intensivstation erinnerte er sich gar nicht mehr, sie erschien ihm nur wie eine nebulöse, starke Müdigkeit. Soweit er wusste, hatte er keine großen Schmerzen gehabt. Vermutlich hatten sie ihn betäubt, aber jetzt war Zeit für die Reha. Die Beine waren zittrig, er konnte kaum auf ihnen stehen, aber dennoch war der Fortschritt Tag für Tag sichtbar.
»Fantastische Blumen«, sagte er und schaute auf den überwältigenden Strauß in leuchtendem Feuergelb und Rot, der fast die Vase sprengte, in die Erika sie gestellt hatte. »War das Nina?«, fragte er.
»Wie konntest du das erraten? Aber sie sind von uns allen.«
»Schön«, sagte er.
Es war stickig in dem Einzelzimmer, und viel Bewegungsmöglichkeiten gab es auch nicht, ein Gemisch aus menschlichen Ausdünstungen und Chemikalien lag in der Luft.
Erika setzte sich auf die Bettkante, eine andere Sitzmöglichkeit gab es nicht, und es wäre komisch gewesen, mit Peter im Stehen zu sprechen.
»Warum bist du nur alleine los, du Dummkopf?«, schimpfte sie mit ihm.
»Rede bloß nicht mehr davon«, seufzte er. »Ich habe einen Fehler gemacht. Dabei hatte ich mir selbst schon ausgerechnet, dass Lena Söderlund darin verwickelt sein könnte. Sie hatte schließlich ein Motiv.«
Erika schaute ihn an.
»Ja, das hatte sie wohl«, sagte sie.
»Ich war sogar schon mal bei ihr und habe geklingelt, bevor das passiert ist«, erzählte er und schaute auf seinen Bauch. »Nicht damals im Februar, als du mit warst und wir ihr mitteilen mussten, dass ihr Mann überfahren worden war, sondern jetzt, vor ein paar Tagen, aber da war sie nicht zu Hause. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie dahinter steckte. Da stimmte etwas nicht. Und dann rief Sara an …«
»Wann?«
»Ja, weit nach Mitternacht. Ich bin natürlich erst am nächsten Morgen hingefahren.«
»Ja.«
»Und dann kam es, wie es kommen musste«, sagte er und zuckte mit den Schultern, die unter dem weißen Krankenhaushemd sehr dünn wirkten.
»Das stimmt«, sagte Erika lächelnd. »Aber das wird schon wieder.«
»Ja, aber einen ziemlichen Schrecken habe ich doch bekommen. Nun ja, alles dauert so seine Zeit«, erwiderte er und versuchte ein Bein über das andere zu schlagen, was ihm aber nicht gelang. Es tat zu weh.
Er trug eine dunkelblaue Baumwollhose, die ihm das Krankenhaus gegeben hatte und war noch blasser und dünner als sonst, sah aber nicht verhärmt aus. Es war Leben in seinen Augen, und seine Gesichtshaut bekam langsam wieder ihren Glanz. Erika fühlte eine Art Zärtlichkeit für ihn, sie hätte ihn am liebsten angefasst, traute sich aber nicht.
Es klopfte an der Tür, und herein kam eine dünne, dunkelhaarige Frau, die sehr schüchtern aussah. Sie schaute Erika an, die bunte, schöne Erika, und wurde puterrot.
»Entschuldigung, ich störe wohl«, sagte sie leise und fummelte mit den Fingern, und Erika sah, dass sie versuchte, eine Blume in der Hand zu verstecken. Eine Sonnenblume.
»Komm herein, Sara«, sagte Peter Berg vom Sessel aus, und Erika konnte sehen, wie er sich freute, das ganze Zimmer veränderte sich, und als Saras und Peters Blicke sich begegneten, fühlte Erika sich plötzlich überflüssig.
»Ich glaube, ich muss jetzt gehen«, sagte sie und stand auf. »Pass auf dich auf«, sagte sie zu Peter und nickte mit einem etwas gezwungenen Lächeln Sara zu, als sie sich an ihr auf dem Weg zur Tür vorbeizwängen musste.
Als Erika draußen auf dem Flur war, musste sie sich zwingen, nicht zum Fahrstuhl zu laufen.
Die Einsamkeit hatte ihre Klauen in sie geschlagen. Warum war sie nur so dumm und begriff nicht, was für sie selbst das Beste war?
Draußen schien die Sonne. Sie blinzelte zum Himmel hinauf.
DANK DER AUTORIN
Die Handlung ist reine Fiktion. Was in diesem Roman passiert, hat so nie stattgefunden, aber wenn es so gewesen wäre, hätte die Geschichte so ablaufen können wie geschildert. Oder anders. Das kann man nie genau wissen.
Ich habe für die Sachfragen Hilfe gebraucht, aber auch um Ideen und Gedanken zu entwickeln. Deshalb möchte ich meinen besonderen Dank an folgende Menschen richten, die mir dabei behilflich waren. Dabei möchte ich betonen, dass ich ganz allein an allen möglichen Fehlern oder übersehenen Fakten die Schuld
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