Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
dem Fall, dass er sie noch annahm, Gun bitten konnte, etwas für die Mittagspause einzukaufen, da er es dann sicher nicht schaffen würde, in die Pizzeria hinüberzukommen.
Er schaute noch einmal auf die Terminliste und sah, dass es bei zwei Patienten vermutlich ziemlich schnell gehen würde, nur kurze Kontrollen, aber andererseits kamen sie von weit her, und er fand es einfach nicht in Ordnung, Patienten nur in wenigen Minuten abzufertigen, wenn er wusste, dass sie drei Stunden im Bus verbracht hatten, nur um ihn zu sehen. Er kannte sich selbst nur zu gut, wusste, dass er dann gern über andere Dinge redete, Essen kochen, Waldpflege, Angeln oder was sie nun für gemeinsame Interessen hatten, der Patient und er Und gerade diese kleinen Plaudereien machten seine Arbeit erst unterhaltsam. Alle diese Menschen mit ihren verschiedenen Leben und unterschiedlichen Schicksalen.
Dann würde er natürlich noch Telefonanrufe von Patienten bekommen, die sofort ein Rezept für die Apotheke brauchten. Sie hatten im Laufe des Sommers einen Vertretungsarzt gehabt, aber nicht darauf geachtet, wann ihre alten Rezepte abliefen und wann sie rechtzeitig neue anfordern mussten. Ja, ja, es war immer das alte Lied, und auch das würde seine Zeit in Anspruch nehmen. Jedes Mal, wenn er den Hörer aufnahm, verbrauchte er Zeit, die Minuten vergingen und wurden zu Viertelstunden, die zu halben Stunden wurden, zu Stunden …
Er spürte, wie sein Herz in Fahrt kam, und die erfrischende Nähe der bohusländischen Klippen war plötzlich wie weggeblasen.
»Nein«, erklärte er schließlich und fühlte sich ganz mutig dabei. »Nein, nein, nein!« Er schüttelte den Kopf, dass die zerzausten Locken zitterten.
»Ich mache es nicht«, sagte er mit einer neuen Wut, wie Gun sie nicht von ihm kannte.
»Wie Sie meinen«, sagte sie resigniert und sah keinen Sinn in einem Versuch, ihn noch zu überreden, jedenfalls nicht dieses Mal. Vielleicht wurde er im Laufe des Tages noch sanfter, wenn er nach dem Urlaub und den Startschwierigkeiten wieder in Gang gekommen war. »Ich gebe ihnen dann den nächsten freien Termin, aber Sie können sich darauf einstellen, dass sie nicht begeistert davon sein werden«, gab sie sicherheitshalber noch von sich.
Sie hatte ihn jedenfalls gewarnt. Björk schluckte, änderte seine Meinung aber nicht.
»Es ist schon spät«, sagte sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr.
»Ach, übrigens«, sagte Björk. »Dieser Bericht ist vom Allgemeinen Krankenhaus gekommen. Erinnern Sie sich an die Patientin? Wir müssen versuchen, sie zu erreichen oder herauskriegen, ob sie vielleicht umgezogen ist. Sie kann natürlich selbst entscheiden, es ist ihr Körper, aber wir müssen zumindest dafür sorgen, dass sie die Informationen kriegt.«
Gun schaute sich das Formular an und las den Kommentar. »Lena Söderlund, war das nicht die Frau, die Witwe geworden ist, nachdem ihr Mann überfahren wurde? Sie wissen schon, dieser Arzt, der im Krankenhaus gearbeitet hat und über den da so einiges geredet wurde. Das war doch ihr Mann.«
Er sah sie verständnislos an und dachte, dass doch unglaublich war, was Frauen so alles in ihrem Kopf behalten konnten.
»Ich glaube, er ist irgendwann ganz früh im Jahr umgekommen. Aber genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Und sie war total verzweifelt, die arme Frau. Lange Haare«, erinnerte Gun sich und hielt die Hand an die Schulter wie zur Illustration.
»Jetzt kann ich mich wieder erinnern«, sagte Björk. »Aber über das mit ihrem Mann hat sie kein Wort verloren. Sie kam wegen Tachykardie und Müdigkeit.«
Er konnte sich an das blasse Gesicht erinnern, bleich trotz der erhöhten Schilddrüsenwerte, klein, dünn und schweigsam. Ansonsten gesund, soweit er sich erinnerte. Er musste sie wohl erneut zu sich locken und noch einmal untersuchen. Eine Untersuchung war immer von Vorteil, die Blutdrucksmanschette um den Arm wickeln, das Stethoskop auf den Brustkorb setzen, die Hände auf den Bauch legen, mit weichen, sicheren Bewegungen abtasten. Bei der Untersuchung kam man den Patienten, die im Idealfall ihre Abwehr fallen ließen, irgendwie näher, er konnte dann fragen, kleine, unschuldige Fragen. Vielleicht würde er ihr entlocken, was sie wirklich bedrückte oder ihr Angst machte. Zu hohe Werte der Schilddrüse sollten eigentlich niemandem Angst einjagen, aber man konnte nie wissen, was Patienten so aufschnappten oder falsch verstanden.
»Laura Ehrenswärd hat den Bericht diktiert«, sagte Gun.
»Ja,
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