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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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meinte, dass Arbeitsklima und Kontinuität auch ihren Wert hätten, ebenso wie Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber.
    Aber im Augenblick saß sie in der Zwickmühle. Sie spürte die Abwehr bei dem Gedanken, Laura mitteilen zu müssen, was da ablief: dass Tomas Bengtsson die Schwestern zum Weinen brachte und dass die Patienten wütend und unzufrieden mit ihm waren. Das Schlimmste war, dass er ihr Leid tat, er hatte sich verändert seit dem Unfall, diesem Unfall, der alte, unterdrückte Gefühle in der Klinik wieder hochkochen ließ.
    Und dann noch Saras Kind, das zu klein war. Sie hatten sie ins Krankenhaus eingewiesen, vielleicht musste anderthalb Monate zu früh ein Kaiserschnitt gemacht werden, aber noch war nicht ausgeschlossen, dass es auch gut gehen konnte. Die Prognose klang sogar ganz positiv. Technik und Forschung entwickelten sich immer weiter, aber viele meinten, dass jetzt eine Grenze des Fortschritts erreicht worden war. Man konnte inzwischen winzig kleine Babys, fast noch Föten, durchbringen, und die konnten wachsen und groß und stark werden. Es konnte natürlich auch wie beim Sohn der Nachbarn ablaufen, der kränkelte immer und war nie so richtig auf die Beine gekommen.
    Was mit Saras Kind gemacht werden sollte, hing von dem Ergebnis der Ultraschalluntersuchung am kommenden Tag ab. Sie würden die Größe des Kindes messen und ob das Blut durch die Nabelschnur floss, um zu sehen, ob das Baby genügend Nahrung bekam. Dabei gab es offensichtlich ein Problem. Das Kind bekam keine Nahrung, es wuchs nicht, wie es sollte, weil der Mutterkuchen schlecht funktionierte. Aber das war nicht Saras Schuld, sie stopfte so viel sie konnte in sich hinein, wobei Rigmor jedoch den Verdacht hatte, dass sie das nicht gerade mit Bedacht tat. Es würde sie nicht wundern, wenn Sara an Essstörungen litt. Zumindest hatte sie ganz gewiss einmal darunter gelitten, so mit sich selbst beschäftigt und angespannt, wie Rigmor sie zeitweise erlebte. Es war schwer, an sie heranzukommen. Rigmor hatte nie gesehen, dass Sara eine ganze Portion aufaß, meistens saß sie nur da und stocherte bleich in dem Essen, aber das lag vielleicht daran, dass sie jedes Mal gestresst war, wenn sie Rigmor traf. Auch wenn Sara doch genau wusste, dass Rigmor es nur gut mit ihr meinte, denn schließlich trug sie deren Enkelkind im Bauch.
    Das erste Enkelkind war vom ersten Augenblick an eine Quelle großer Beunruhigung gewesen. Das Kind war bei der falschen Mutter gelandet, oder wie man es nun sagen sollte. Sie waren Patriks Eltern, sie sollten sich als Großvater und Großmutter zur Verfügung stellen, auch wenn Patrik nicht mit Sara zusammenleben wollte. Das sagte er jedenfalls jetzt, und sie wurde nicht schlau aus ihm, konnte sich keinen Reim auf ihn machen. Aber vielleicht würde er sich noch ändern. Das Kind war ein Irrtum, das stand fest, aber viele Kinder sind als Irrtum auf die Welt gekommen und dennoch zu fähigen Erwachsenen und guten Staatsbürgern geworden und hatten ihre Eltern dazu gebracht, miteinander zu leben. Die Scheidungsstatistik sagte natürlich etwas ganz anderes, oft klappte es nicht einmal, wenn anfangs alles Friede, Freude, Eierkuchen war. Aber jetzt ging es erst einmal darum, das Beste aus der Situation zu machen, und sie war nicht so eine, die andere im Stich ließ. Sie wusste, was Loyalität hieß. Zumal Sara keine eigenen Eltern zu haben schien, die sie hätten unterstützen können. Rolf und Rigmor waren die Einzigen, die zur Verfügung standen. Sie wollte sich bis zum Äußersten anstrengen, wenn es nun wirklich der Fall war, dass es Patriks Kind war, wie Sara behauptete. Patrik war verschlossen und abweisend, wenn sie ihn danach fragte. Der Junge verhielt sich unmöglich, fuhr Extraschichten mit dem Rettungswagen und tauchte ab. Einmal waren sie zusammen gewesen, Sara und er, das hatte er wenigstens zugegeben.
    Ich selbst hätte das Kind ja an Saras Stelle abtreiben lassen, dachte sie, aber Gott verbot solche Gedanken. Und sie würde so etwas niemals laut sagen. Sie hätte nie die Entscheidung getroffen, sich an einen Mann zu binden, der sie nicht haben wollte, allein mit einem Kind sitzen zu bleiben und den Vater immer als Erinnerung im Haus zu haben. Wir machen wohl alle einmal einen Fehler, dachte sie, das Leben hat so viel zu bieten, und ein paar dunkle Stunden gehören wohl auch dazu. Die eigene Abtreibung hatte sie nicht vergessen, sie hatte gedacht, sie könnte einen Strich darunter ziehen, sie beiseite schieben,

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