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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Ungeklärtes um sie herum, und sie merkte selbst, wie ihre Gedanken zu ihrem späteren Leben als Rentnerin wanderten, eine heimliche Flucht fort von den Konfliktherden und aktuellen Problemen. Zwar waren es noch mehr als zehn Jahre bis zu dem Zeitpunkt, aber es gab zumindest etwas, auf das sie sich freuen konnte. Sie hielt sich an all die gesunden und unternehmungslustigen älteren Leute, die sie auch kannte. Sie sah sich selbst als eine agile Dame, die das Leben und die Ruhe genoss, ihre Rosen im Garten schnitt und gern den Enkelkindern zuhörte. Das Schlimmste war, dass man über das Fortschreiten des Alterungsprozesses nicht selbst bestimmen konnte. Ihre eigenen Eltern waren in dieser Beziehung kaum ein Vorbild gewesen, ihr Vater schweigsam und verlöschend, ihre Mutter kränklich und mit sich selbst beschäftigt, nie zufrieden, wie oft Rigmor sie auch besuchte. Ihr Vater starb, als es an der Zeit war, aber bei der Mutter dauerte es viel zu lange.
    Die zusammengeschlagene alte Frau, die jetzt auf der Station lag, ließ auch nicht gerade für die Zukunft hoffen. Durch sie hatten sie wieder miteinander geredet und nachgedacht. Das war das Gute an ihrer Abteilung. Man traute sich wirklich, miteinander zu reden und nicht nur aneinander vorbei. Alte, hilflose Menschen in ihrem Haus zu berauben, sie für das bisschen Geld umzubringen, dafür konnte keiner Verständnis aufbringen. Hoffentlich kriegten sie diese Mistkerle zu fassen!
    Es war ihr gelungen, in ihrer Abteilung ein offenes Klima zu erhalten, obwohl sich ihre Rolle als Stationsleiterin in den letzten Jahren drastisch verändert hatte, sie fühlte sich immer stärker von ihren Untergebenen isoliert. Die Arbeitsaufgaben waren hauptsächlich administrativer Art, und dadurch hatte sie kaum noch die Möglichkeit, aktiv beim Dienst als Vorgesetzte mitzumachen. Das Personal klagte, sie würde sich in ihrem Büro verschanzen, nur da herumsitzen und sich für etwas Besseres halten. Das sagten sie natürlich nicht, aber sie kannte die Kritik. Sie wollten das alte Modell der Oberschwester zurückhaben, und vor allem wollten sie Anerkennung. Zumindest hatten sie nicht so viel Angst vor ihr, dass sie sich nicht trauten, ihr das zu sagen. Sie hatte sich wirklich Mühe gegeben, damit das Personal sich nicht scheute, bei den Planungsgesprächen eine Meinung zu äußern. Sie hatte versucht, den Stier bei den Hörnern zu packen und diesen Teil des Gesprächs nicht beiseite zu schieben, wie es ihre eigene Chefin gern machte, diese ach so tüchtige Laura Ehrenswärd.
    Sie hatte Angst vor Laura. Blödsinnigerweise, denn schließlich war sie ein paar Jahre älter als Laura, hatte längere Erfahrung, gute Zeugnisse und nicht zuletzt eine sichere Stelle. Jedes Mal machte sie sich all das klar, bevor sie zu Laura hineinging, schützte sich mit diesen Sicherheitsargumenten, und trotzdem hatte sie immer wieder das Gefühl, als würde sie über ein Moor gehen. Manchmal kam sie an ihr Ziel, manchmal nicht.
    Eigentlich war sie in gewisser Weise sogar eine bessere Vorgesetzte als Laura. Mit der Zeit war ihr bewusst geworden, und die Kontakte zum Personal hatten ihr dabei geholfen, dass sie wirklich, trotz der immer wieder auftretenden Minderwertigkeitsgefühle, ganz in Ordnung war. Sie war nicht bei den alten Ansichten stehen geblieben, hatte eingesehen, dass ein Schulterklopfen und ein Lob nicht mehr genügten. Die Krankenschwestern und die Schwesternhelferinnen wollten konkrete Beweise für ihre Wertschätzung haben, handfeste Dinge wie Eis, Kaffee und Kuchen, Ausflüge und vielleicht sogar den einen oder anderen Restaurantbesuch. Deshalb lagen jetzt auch zwei Eistorten im Gefrierschrank und warteten auf die Abteilungssitzung am Nachmittag. Aber am liebsten wollte das Personal natürlich mehr Lohn, und das konnte ja wohl jeder nachvollziehen. Besonders die Jüngeren betonten das Geld, die gerade frisch gebackenen Schwestern, die kaum trocken hinter den Ohren waren. Bei dem Gedanken verzog sie den Mund, während sie mit ihrem Schreibtischstuhl wippte und die Zehen bewegte. Die Jungen wussten, was sie wert waren, und sie suchten sich ihren Arbeitsplatz ganz genau aus. Sie kündigten, ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken, ob der Betrieb auch so weiterlaufen würde. Sie wollten in der Lohnspirale weiter nach oben kommen. Florence Nightingale war definitiv tot, wie sie sagten, und damit hatten sie sicher Recht, sie war wohl die Einzige, die sich dagegen wehrte und altmodischerweise

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