Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
er nur zufällig dort vorbeigegangen? In diesem zentralen Stadtviertel liegen nicht viele Wohnungen, dort gibt es überwiegend Läden, dachte er. Falls der Mann also nicht in einem der idyllischen Häuschen in Besväret wohnte.
Eigentlich hätte er jetzt zusammen mit Özen sämtliche Personen im Viertel befragen sollen, schreckte jedoch davor zurück. Die Zeiten, zu denen er solche fundamentalen und zeitraubenden Aufgaben selbst erledigt hatte, waren vorbei. Sie machten aber durchaus Sinn. Systematisches Vorgehen lohnte sich immer, davon war er überzeugt. Vielleicht konnte Özen das übernehmen, oder er konnte Louise bitten, ein paar Kollegen dazu abzustellen.
Annelie Daun kam zurück, und er bat sie, den Mann zu beschreiben, während er sich Notizen machte. Etwa fünfunddreißig, durchschnittlich, aber mit recht großem Oberkörper, kurzen Beinen, mit anderen Worten, o-beinig, irgendwie nettes Aussehen, angenehm, vielleicht Vertreter, meinte sie.
Seufz, dachte er. Diese Beschreibung passte wirklich auf fast jeden!
»Er klang, als käme er aus Norrköping«, sagte sie dann.
Das war immerhin etwas.
»Offenbar hat er den falschen Teppich erwischt. Auf welchen hatte er es Ihrer Meinung nach eigentlich abgesehen?«, fragte er und richtete seine – wie er hoffte – scharfsichtigen blauen Augen auf ihre ebenfalls blauen Augen.
Annelie Daun hatte wieder Platz genommen und ihre Hände zwischen die Knie gelegt.
»Ich habe keine Ahnung.«
»Laut Angaben des Teppichhändlers in Istanbul hatte ihm Olsson ein gutes, altes Stück abgekauft, und zwar den Teppich von dem Foto, das uns bei unserem ersten Besuch hier auffiel. Ein sehr schadhaftes Teppichfragment. Erinnern Sie sich?«
»Ja, ich glaube.«
Claesson zog das Foto hervor, und sie nickte.
»Der, natürlich.«
»Glauben Sie, dass der Mann, der meinen Teppich entwendete, eigentlich diesen hier nehmen wollte?«
»Wie soll ich das wissen? Dann müsste er ja davon ausgegangen sein, dass ihn jemand aus Istanbul mitgebracht hat. Hier ist er jedenfalls nicht, das kann ich Ihnen versichern … Carl-Ivar hätte ihn wohl selbst mitbringen wollen, aber er … Oder …«
»Oder?«, fragte Claesson.
»Oder jemand anders, aber ich habe diesen Teppich nicht zu Gesicht bekommen … niemand ist mit diesem Teppich hier erschienen, er muss also unterwegs verschwunden sein. Vielleicht hat ihn jemand in Istanbul gestohlen?«
»Aber wer außer Carl-Ivar Olsson selbst hätte ihn nach Schweden bringen können?«, beharrte Claesson.
»Jemand, der ebenfalls in Istanbul war, vermute ich. Aber es ist nicht meine Aufgabe, diese Frage zu beantworten, vielleicht hat ihn Birgitta mitgebracht, was weiß ich?«, sagte sie und zuckte mit den Achseln.
»Können Sie uns etwas über diesen Teppich erzählen? Wir haben ihn schließlich nie gesehen.«
»Ich ja auch nicht, aber … ich weiß jedenfalls, dass es sich um ein Fragment handelt, das man in einer alten Moschee in der Türkei, in Kappadozien, gefunden hat. Tja, was lässt sich ganz allgemein sagen? Der Teppich ist sicher in Blau- und Rottönen gehalten. Im alten Kunsthandwerk in Zentralasien wurde sehr viel Blau und Rot verwendet, so ist es teilweise immer noch. Die Farben symbolisieren unter anderem Himmel und Erde. Für jene Nomadenvölker, die immer noch dem alten Weltbild anhängen, ist die Erde eine Zwischenebene zwischen dem Himmel und einigen Welten unterhalb von uns. Eine kosmische Weltachse, könnte man sagen. Oder ein Weltenbaum, der Himmel und Erde vereinigt. Das findet sich auch in den Mustern wieder.«
Sie verstummte und sah Claesson besorgt an.
»Das gehört, vermute ich, nicht hierher«, meinte sie verlegen. »Aber ich weiß nicht, wie dieses Teppichfragment in der Realität aussieht. Ich habe schließlich nur ein Schwarzweißfoto gesehen. Aber … es gibt jedenfalls einen Sammler, dem Carl-Ivar diesen Teppich versprochen hatte.«
»Und wie heißt dieser Sammler?«
»Das weiß ich nicht.« Einen Moment lang wurde es still. »Das ist die Wahrheit, ich würde Ihnen den Namen nennen, wenn ich ihn wüsste … Aber irgendwie war es ganz angenehm, nicht über alle Unternehmungen Carl-Ivars Bescheid zu wissen.«
»Woran denken Sie da genau?«
»Ach, nichts Besonderes!«
Sie schien ihre Worte zu bereuen.
»Ich war hier ja nur die Aushilfe … Carl-Ivar war immer nett zu mir. Ich half mit. Das war alles.«
»Können Sie mir sagen, wer seit Olssons Tod sonst noch im Laden war?«
»Ganz normale Kunden natürlich! Ich
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