Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
glatt geht, aber habt ihr keine …«
»Keine technischen Beweise, meinst du«, ergänzte Claesson und verzog den Mund. Es war fast so, dass heutzutage nur noch konkrete Spuren einen Beweiswert besaßen. Zeugen nicht, Aussage konnte gegen Aussage stehen, auch ein Geständnis reichte häufig nicht aus. Die Gründe für ein Geständnis konnten ganz andere sein, als dass die Wahrheit ans Licht kommen sollte und jemand sein Gewissen erleichtern wollte. Jemand konnte beispielsweise bekannt werden wollen. Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit gewisser Leute war unendlich. Negative Schlagzeilen waren besser als überhaupt keine.
»Vielleicht. Das Beste wäre, wenn wir Öbergs Schuhe finden und wenn sie zu den Abdrücken in einer Blutlache auf Deck passen, die die Techniker in Istanbul sichergestellt haben. Zwar nicht die gesamte Sohle, aber den Teil einer Sohle, Turnschuhe einer großen Marke. Cem, der Techniker in Istanbul, glaubt, dass es sich um Schuhgröße 44 handelt, und die ist in Schweden häufiger als in der Türkei. Mit etwas Glück findet man noch Reste von Olssons Blut im Profil, selbst wenn Öberg sie anschließend noch getragen haben sollte. Oder was glaubst du?«
»Er hat das Blut wohl eher abgewaschen, wenn er die Schuhe nicht ganz weggeworfen hat«, meinte Benny Grahn. »Aber an sich wäre das schon möglich, es ist nur eine minimale Menge nötig, um mit den modernsten Techniken die DNA zu bestimmen. Aber erst einmal brauchen wir natürlich den Schuh!«
»Ja, natürlich …«
»Auch auf den Kleidern müssen Blutspritzer gewesen sein, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er diese beseitigt hat, ist größer«, meinte Claesson. »Wir müssen die Wohnung in Stockholm durchsuchen.«
»Du meinst wohl, die Zimmerflucht?«, sagte Louise.
»Ja, genau. In Östermalm wohnt man in Zimmerfluchten und nicht in Wohnungen, das versteht sich. Genau wie man dort in Sommerhäusern und nicht in Campinghütten wohnt.«
Sie überlegten, ob Magnus Öberg ahnte, dass sich die Fahndung auf ihn konzentrierte.
»Wahrscheinlich«, meinte Claesson. »Die Schuldigen sind ständig misstrauisch und befürchten, dass man ihnen auf die Schliche kommen könnte. Ich bereue fast, dass wir die Lage dadurch verschärft haben, dass wir nach Stockholm gefahren sind. Seine Frau muss begriffen haben, dass wir nicht zufällig dort waren. Nicht, wenn man sonst in Oskarshamn beschäftigt ist. Aber jetzt lässt sich das auch nicht mehr ändern. Deswegen haben wir abgewartet und die Kollegen in Stockholm nicht gebeten, mit der ganzen Artillerie dort vorbeizuschauen und die Wohnung auf den Kopf zu stellen, ich meine natürlich, die Zimmerflucht, um nach diesen Schuhen zu suchen. Oder nach einer weißen Schirmmütze mit roter Aufschrift.«
Benny Grahn runzelte die Stirn. »Glaubst du nicht, dass er die Mütze weggeworfen hat?«
»Vermutlich schon. Falls wir sie in der eleganten Zimmerflucht finden, wird die Verteidigung sagen, dass alle möglichen Leute solche Mützen zu Hause herumliegen haben. Sie wurden eine Zeit lang gratis verteilt.«
»Ich habe nicht den Eindruck, dass das eine Gegend ist, in der man Reklame-Schirmmützen trägt«, meinte Louise. »Aber ich kenne die Kleiderordnung dort nicht. Vielleicht sind ICA-Schirmmützen der letzte Schrei in Östermalm?«
»Vielleicht hat er diese Schuhe, von denen ihr redet, sogar an, wenn er nach Oskarshamn kommt?«, meinte Peter Berg. »Nicht gerade bei der Beerdigung, aber sonst?«
»Ja, das habe ich mir auch überlegt«, murmelte Claesson. »Das wäre natürlich ein Volltreffer.«
Etwas später an diesem Tag erfuhr Claesson, dass sich die entzückende Teppichspezialistin aus Stockholm gemeldet hatte. Er rief sie an. An Olssons Teppichlager gab es nicht das Geringste auszusetzen.
»Also keinerlei Auffälligkeiten?«
»Nein, das ist es ja gerade«, sagte sie entschuldigend, ungefähr so, als besäße Claesson eine Promenadenmischung, und das war natürlich recht charmant, aber … »seltene oder richtig teure Stücke fehlen. Es gibt nichts für Sammler, es handelt sich mehr um Teppiche für den täglichen Gebrauch.«
Olsson war offenbar ein bescheidenerer Teppichhändler gewesen, als Claesson zeitweilig angenommen hatte. Die Teppichexpertin versprach, ihm eine schriftliche Schätzung zu schicken.
Aber wer hatte diesen höchst speziellen Teppich dann? Claesson hatte diese Frage mehrmals tangiert. Vielleicht würde er nie eine Antwort erhalten. Aber irgendwie wurde er den Gedanken nicht los,
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