Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
auf, dass ihn wieder die Spannung erfüllte, die der Grund dafür war, dass er sich nicht einen reinen Schreibtischjob gesucht hatte. Mit Ruhe und Frieden konnte er nichts anfangen. Er brauchte Spannung. Ihm musste gelegentlich das Herz bis zum Hals schlagen.
Erst als Öberg an ihm vorbei und in die Kapelle geschritten war, teilte er seinen Kollegen mit, dass auch er das Objekt ihrer Fahndung observiert hatte. Dieses Objekt müsste gleich in der Waldkapelle auftauchen.
Sie würden ihn nach Begräbnis und Kaffeetrinken im Gemeindehaus festnehmen können. Sie wollten mit Rücksicht auf die Angehörigen so lange warten. Kein Aufsehen, alles ruhig und gesittet. Sie würden ihn nicht mehr aus den Augen lassen, obwohl jede Ortsveränderung natürlich ein Risiko darstellte. Aber warum sollte Öberg verschwinden, wo er doch erschienen war? Sie mussten sich weiterhin unauffällig verhalten, um keinen Verdacht zu erregen. So gesehen war es ein Vorteil, dass bereits viel Polizei vor Ort war.
Claesson ging hinein und nahm neben Louise Platz. Sie lauschten den leisen Geräuschen, es wurde gehustet, was ein Echo erzeugte, jemand schnäuzte sich, es wurde geflüstert, und immer mehr Trauergäste in Schwarz füllten die Bankreihen. Claesson fiel der schwache Geruch nasser Kleider auf.
Familie Olsson saß, wie es üblich war, ganz vorne. Die Witwe und die beiden Kinder mit Partnern. Claesson schaute immer wieder auf Magnus Öbergs Hinterkopf und ließ ihn nie ganz aus den Augen. Louise und er warfen sich einen raschen Blick zu. Alles unter Kontrolle, alles lief nach Plan.
Claesson sah Annelie Daun den Mittelgang entlangkommen. Neben ihr ging ihr Ehemann. Er wirkte übernächtigt. Auf der anderen Seite wurde sie von ihrer Mutter flankiert, einer verlebten Frau, die Claesson von früher kannte. Sie hieß Kerstin Olsson und war die trunksüchtige Schwester des Teppichhändlers. Nachbarn erschienen ebenfalls sowie Vertreter des Einzelhandelsverbandes, des Rotary Clubs und des Vereins für eine schöne Heimat. Er kannte etliche. Er war eben ein richtiger Oskarshamner, er gehörte zu dieser Stadt. Sie steckte ihm in den Knochen.
Es wurde voll. Angestellte des Beerdigungsinstituts halfen und forderten die Trauergäste auf zusammenzurücken. Sie machten auch auf freie Plätze aufmerksam, die sich mitten in den Bankreihen befanden. Alle setzten sich grundsätzlich immer an den Rand und versperrten den anderen den Weg.
Das Innere der Kapelle war sehr geschmackvoll. Claesson betrachtete die schmucklosen Wände aus hellgelben Ziegeln. Vorn am Altar fiel das Licht durch ein schönes buntes Fenster. Der Schmuck war sparsam, ein stilvoller Gobelin in Pastellfarben an der einen Wand, einfache Lampen, das war alles. Claesson vermutete, dass in dem Saal rund hundert Trauergäste Platz fanden.
Die Glocken begannen zu läuten, und das Gemurmel und Husten wurden leiser, bis es schließlich ganz still war. Der Regen hatte aufgehört, die Sonne schien durch das bunte Fenster, und alle Farben leuchteten auf. Als hätte jemand dort oben einen Finger mit im Spiel, dachte er.
Die Orgel begann. Ein Präludium, das Claesson nicht kannte, dann hörte er plötzlich Lärm hinter sich. Die Tür war aufgegangen, und eine dunkelhaarige Frau kam durch den Mittelgang. Sie wirkte unsicher und blieb schließlich stehen.
Gerade als sie in einer der hinteren Reihen Platz nehmen wollte, drehte sich Annelie Daun um. Sie verließ ihren Platz in einer der vorderen Reihen, kam nach hinten und führte die Frau nach vorne. Das war mutig, dachte Claesson und wandte sich an Louise, die die Brauen hochzog. Sie hatten sie beide erkannt.
Als der Trauerakt vorüber war und alle ihre Blumen auf den Sargdeckel gelegt hatten, schlichen sich Claesson und Louise nach draußen, bauten sich neben dem Portal der Kapelle auf und sahen die Trauergäste ins Freie strömen. Ein Mann neben ihnen zog ein großes weißes Stofftaschentuch aus der Tasche, schnauzte sich und trocknete sich die Augen. Seine Ehefrau neben ihm wollte wissen, was los war, eine nach einer Beerdigung merkwürdige Frage, fand Claesson.
»Das ist nur der frisch gemähte Rasen«, sagte er.
»Hast du deine Tabletten nicht genommen?«, fragte sie.
Allergie, dachte Claesson. Frühling und Sommer waren für viele eine schwere Zeit.
»Doch. Es geht schon wieder«, sagte der Mann mit nasaler Stimme und trocknete sich erneut mit dem Taschentuch seine rot verquollenen Augen.
»Hör mal … ich fahre dich nach Hause,
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