Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Todesfälle, mit denen sich die Polizei befassen muss, wie zum Beispiel Selbstmorde, finden sich dort ebenfalls.«
Klara goss ihre Tasse mit Milch aus. Ein weißer Wasserfall strömte über die Tischkante, und es tropfte auf seine frischgewaschene Jeans.
Verdammt! Aber er sagte nichts. Er stand auf, ging zur Spüle, nahm den Lappen und dachte, dass es erst wieder ruhiger werden würde, wenn er siebzig war.
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Claesson fand es befreiend, montags zur Arbeit zu radeln. Ein Wochenende im Schoß der Familie war nicht nur ruhig und schön, sondern teilweise auch recht anstrengend. Was hast du geglaubt?, hätte Veronika gesagt, wenn sie seine Gedanken hätte hören können. Die positive Einsamkeit musste er später im Leben suchen.
Am Samstag hatte es außerdem richtig Streit gegeben. Früher oder später war dieses Gewitter einfach fällig gewesen, das sah er ein. Man konnte nicht bis in alle Unendlichkeit die Gutmütigkeit des anderen strapazieren. Wie immer war der Streit aufgrund einer Bagatelle entflammt.
Krebsschwänze.
Es war Veronikas Idee gewesen, Janne und Mona Lundin für Samstagabend zum Abendessen einzuladen. Darauf hatte er ganz ruhig und sachlich hingewiesen, als sie über ihn hergefallen war. Als Dank für die Hilfe mit Klara, als sie im Eiltempo zur Entbindung gerast waren, hatte sie gemeint und natürlich auch, weil sie Lundins mochten.
Er hatte nichts dagegen gehabt. Eigentlich nichts, aber im Grunde war es ihm zu viel, er verstand aber auch, dass Veronika das Bedürfnis verspürte, gelegentlich die Babywelt zu verlassen, um sich mit anderen Erwachsenen als nur ihm zu unterhalten. Natürlich verstand er das! Aber davon sprach sie gar nicht. Sie sagte nicht, dass sie Lust auf eine Einladung habe, sondern redete von Etikette, auf die man seiner Meinung nach gut hätte verzichten können. Insbesondere wenn es um Lundins ging, die bei den Höflichkeitsregeln nicht das Kleingedruckte lasen. Er arbeitete schließlich und war außerdem noch nachts mit Nora auf. Er war ganz einfach müde.
Sie unterhielten sich einigermaßen sachlich darüber. Er gab nach. Lundins sollten zum Essen kommen.
Dann kam die Sache mit den Krebsschwänzen. Er hatte vergessen, sie beim Großeinkauf zu besorgen.
Da knallte es.
Die Vorspeise, die sich Veronika ausgedacht hatte und nach allen Regeln der Kunst zubereiten wollte, bestand nämlich überwiegend aus Krebsschwänzen. Man konnte über ihre Kochkünste sagen, was man wollte, aber sie gehörte nicht zu den Köchinnen, die mit Hilfe von Kühlschrank und Tiefkühltruhe improvisieren konnten. An ihrem Selbstvertrauen war an sich nichts auszusetzen, außer wenn es um Kulinarisches ging. »Und dafür schäme ich mich nicht«, pflegte sie mit mehr oder minder gespieltem Selbstbewusstsein zu sagen.
Das Stillen, das Gerenne mit Klara und die schlaflosen Nächte hatten ihre Geduld natürlich ebenfalls strapaziert. Claes hatte ein schlechtes Gewissen, er war in Istanbul gewesen, statt seinen Elternurlaub anzutreten, und jetzt arbeitete er schon wieder Vollzeit. Ihm fiel keine andere Lösung ein, als anzubieten, eine Stunde vor Eintreffen der Gäste loszuziehen, um die Krebsschwänze noch zu besorgen. Sehr konstruktiv.
Aber dafür sei es zu spät, das würde er nicht schaffen, sagte sie. Außerdem sei das Haus ein einziges Durcheinander. Verbissen rannte sie herum und räumte im Wohnzimmer auf, während Nora jammernd über ihrer Schulter hing. Eine Märtyrerin. Eine Martha. Er ging ihr aus dem Weg. Das war natürlich auch falsch. Aber um Verzeihung bitten lag ihm nicht. Er hatte regelrechte Angst vor ihrer grenzenlosen Wut. Er drang dann nicht mehr durch zu ihr, sondern ihre Wut musste sich von allein legen, und das konnte dauern. Zeit hatten sie aber keine.
Klara war ganz unglücklich, ihre Mutter so bedrohlich mit grimmiger Miene zu erleben. Das war sie nicht gewohnt. Sie heulte und versteckte sich. Aber als Mona und Janne in der Diele standen, kam sie in ihrem Sonntagskleidchen wieder zum Vorschein, das in ihrem Versteck ganz staubig geworden war. Eine Weile durfte sie mit den Großen aufbleiben. Veronika und Claes konnten aufatmen, es war vorbei.
Janne und Mona. Es war schon seltsam, dass gewisse Menschen dafür geschaffen zu sein schienen, die Wogen zu glätten. Monas fröhlicher, unkritischer Charakter und Jannes nachdenklicher. Klara setzte sich auf Monas Schoß, Mona las ihr ein Märchen vor. Das Essen war nicht mehr so wichtig. Keine Vorspeise, keine Krebsschwänze. Das
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