Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Magenschmerzen geben«, jammerte sie und krümmte sich im Bett. »Sie müssen mir eine Spritze geben!«
»Der Doktor möchte mit starken Schmerzmitteln noch etwas abwarten, damit wir sehen können, wie sich die Sache weiterentwickelt«, meinte Birgitta. »Da Sie nüchtern bleiben sollen, kann ich Ihnen ein Panodilzäpfchen geben.«
»Das hilft nicht!«, jammerte Nilla. »Schließlich ist Snäll tot! Ich will was Stärkeres.«
Klar, dachte Birgitta.
Snäll war der Hund. Nilla schluchzte jämmerlich, und die Verzweiflung übermannte sie. Birgitta und Anne-Sofie vermieden es, allzu viele Fragen zu stellen. Das hatte Zeit. Sie hatten die ganze Nacht vor sich. Sie vermieden es auch sich anzusehen, weil dann jede von der anderen wusste, welchen Verdacht sie beide hegten.
»Wissen Ihre Angehörigen, dass Sie hier sind?«, wollte Birgitta wissen. Die junge Patientin schüttelte den Kopf. »Wir benötigen Angaben zu Ihren nächsten Angehörigen, falls wir jemanden benachrichtigen müssen.«
»Sie brauchen niemanden anzurufen«, erwiderte Nilla Söder.
Birgitta tat so, als hätte sie sie nicht gehört. »Sie können ja darüber nachdenken, wen ich aufschreiben soll, dann kommen wir etwas später wieder.«
Zweiundzwanzig Jahre und allein, ergab sich später. Nilla Söder hatte zu ihrer Mutter schon seit Jahren keinen Kontakt mehr. Sie sei Alkoholikerin, sagte Nilla zum Schluss. Anne-Sofie bedeutete mit einem Blick, dass sie die Mutter kannte.
»Diese Frau war unbelehrbar. Sie ist ein Wrack«, meinte sie, als sie mit Birgitta wieder auf dem Gang stand. In einer Kleinstadt wussten alle alles, aber das soziale Netz wies Löcher auf.
Als sie nochmals bei Nilla vorbeischauten, wusste diese, wen sie als Angehörigen nennen wollte.
»Sie können Adde aufschreiben, aber ich weiß nicht, ob er Geld für eine Prepaidkarte hat, falls Sie ihn anrufen wollen«, meinte sie.
»Adde und weiter?«, fragte Birgitta.
»Andreas Gustavsson.«
Birgitta notierte den Namen und die Nummer eines Handys, das vielleicht nicht mehr funktionierte. Nilla Söders Adresse hatte sie bereits aus der Patientendatei erfahren. Sie sei nicht mehr aktuell, meinte Nilla, ohne weiter zu erklären, wo sie jetzt wohnte.
»Sicher ohne festen Wohnsitz«, bemerkte Anne-Sofie. Sie war selbst die Ordnung in Person und konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen. Zum x-ten Mal an diesem Abend schüttelte sie den Kopf.
Soffan tat das jedoch auf eine sehr unschuldige Art. Birgitta ärgerte sich nur selten über sie. Anne-Sofie war herzlich und packte zu, statt sich unwillig und träge auf die Couch im Schwesternzimmer zu verkriechen, wie einige das taten. Oder vor den Computer, vor dem gewisse Kolleginnen wie festgekleistert saßen, sowie sie eine freie Minute hatten. Sie legten Patience, spielten Mah-Jongg, lösten Quiz oder träumten im Hemnet von der neuen Wohnung.
Birgitta scheuchte ungern die anderen auf und erledigte das meiste lieber selbst. Wovon sie aber müde und wütend wurde. Aber es gab auch Kollegen, die sich niemals an den Computer setzen würden. Sie putzten, leerten Kartons, räumten Regale auf und strengten sich an. Birgitta wünschte, die Stationsschwester wüsste besser darüber Bescheid, wer sich drückte. Dass sie sich mehr auf der Station als in ihrem Büro aufgehalten hatte. Es war ihre Aufgabe, die Mitarbeiter zurechtzuweisen, nicht Birgittas. Verpfeifen war jedoch undenkbar.
Soffan hatte noch einen weiteren Vorzug. Sie rauchte nicht und verschwand daher auch nicht in regelmäßigen Abständen auf dem Balkon, der »Alpenluft« wegen. Alles in allem war es ein großer Bonus, mit Anne-Sofie zusammen Nachtdienst zu haben.
Birgitta wusste außerdem, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte, was die Sache nur besser machte. Zwischenmenschliche Kontakte waren interessant. Wenn sie funktionierten, war es einfach herrlich.
»Nilla hat von klein auf zusehen müssen, wie sie allein zurechtkam«, meinte Birgitta mit ihrer fürsorglichen Stimme.
»Einige Kinder haben es wirklich verdammt schwer«, pflichtete Soffan ihr bei.
Birgitta dachte mit Sorge an ihre Enkel. Ihnen fehlte zwar nichts, sie wurden nur zu streng erzogen. Sie waren ganz einfach zu brav. Ich muss mit Lotta darüber sprechen, dachte sie.
Im Laufe der Nacht erfuhren sie, dass Snäll ein Mischling gewesen war, unter anderem ein Schäferhund. Der liebste Hund der Welt mit braunen, schönen Augen.
»Er sprang einfach auf die Straße. Das hat er noch nie getan. Über den
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