Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
ich mich darum«, sagte Merve Turpan.
»Ich weiß nicht genau, wie viel Englisch sie spricht«, meinte Claesson.
»Ruf mich an, dann rufe ich anschließend die Witwe an«, schlug Özen vor und schrieb Merve seine Handynummer auf. Sie lächelte ihn strahlend an.
Claesson und Özen entschieden, zu Fuß zum Hotel zu gehen. Der dunkle Nachthimmel wölbte sich über ihnen.
Es war fast ganz still.
38
Johan und Lotta, dachte Annelie im Auto auf dem Weg von Gabbi nach Hause. Wie stehen sie zum Tod ihres Vaters?
Sie sah Johans Gesicht vor sich. Mit ihm gab es nie Streit, er war harmlos. Vielleicht war er auch einfach nur anpassungsfähig?
Sie hatte in ihrer Kindheit und Jugend nicht viel mit Johan zu tun gehabt. Sie kannte ihn nicht so gut. Nicht so wie Lotta. Sie war von einem anderen Schlag, härter, aber nicht so etwas Besonderes, wie Annelies Mama, Lottas Tante, dachte. Lotta war eher unsicher, aber Annelie hatte viele Jahre gebraucht, um das zu begreifen. Etwas Besonderes war sonst das Schlimmste, was man im småländischen Oskarshamn sein konnte. Wie Lotta sowohl überheblich als auch etwas Besonderes hatte werden können bei diesen Eltern …
Annelie dachte an die vielen Diskussionen, die sie mit Christoffer darüber gehabt hatte. Rezessive Vererbung, meinte er in seinem Ärztejargon. Lotta war noch eingebildeter geworden, seit sie eine »gute Partie« gemacht und nach Östermalm gezogen war. Dieser Ansicht war nicht nur ihre Tante, dachte Annelie, sondern Christoffer und sie selbst auch.
Lotta wollte sich natürlich nur anpassen. Wer wollte das nicht? Annelie merkte durchaus, wie sie kämpfte und sich die richtigen Möbel, Kleider und Schulen für die Kinder aussuchte, weil sie glaubte, nur auf diese Weise beweisen zu können, dass sie etwas taugte. Seinen eigenen Weg zu gehen erforderte Mut. Oder ein gewisses Maß an Verrücktheit.
Als Christoffer und sie noch in Stockholm wohnten, hatten sie sich gelegentlich zu viert getroffen. Aber das funktionierte nie. Obwohl auch Christoffer aus besseren Verhältnissen stammte. Annelie war klar, warum das so war, und das hatte weder mit Hochmut noch mit Herkunft zu tun. Magnus war sich dessen vermutlich ebenfalls bewusst. Magnus und sie sprachen natürlich nie darüber. Sie tauschten einen Blick und ließen die Sache auf sich beruhen.
Sie seufzte. Im Radio wurde eine Serenade auf den Vollmond gespielt. Eine schamlose Zufriedenheit erfüllte sie.
Genug davon, dachte sie im nächsten Augenblick. Endlich gelang es ihr, nicht mehr bei jedem Gedanken an Magnus jedes Mal einen Stich zu verspüren. Jedenfalls nicht mehr so oft.
Hatte er sich verändert, oder war sie nicht mehr dieselbe?
Sie hatte den Lebensweg von Magnus, dem Jungen des ewigen Sommers, im Auge behalten und gesehen, wie er in die Fußstapfen seiner Eltern trat, anfangs ruhig und gelassen und mit souveräner Selbstverständlichkeit. Aber dann wurde seine Haltung immer forcierter, seit seine von den Steuerbehörden gejagten Eltern mit dem Geld und den Papieren ins Ausland verschwinden mussten.
Das war nicht Magnus’ Schuld. Aber sie erkannte den früher verborgenen Hang zur Unzuverlässigkeit immer deutlicher. Er war immer noch unterhaltsam und eitel, und sie hatte immer noch eine Schwäche für ihn. Aber vielleicht war ihr die Verliebtheit inzwischen wichtiger als er selbst.
Zu einem ausgedehnten und langweiligen Abendessen in Lottas und Magnus’ Wohnung in Östermalm kam es jedenfalls, als Christoffer und sie ein Jahr in Stockholm lebten. Die Wohnung lag in der Sibyllegatan. Hohe Räume und Sprossenfenster, schwere Vorhänge und fantastische Teppiche. Sie waren wirklich exklusiv mit ausgeklügelten Mustern und unzähligen Knoten, außerdem groß und wirklich nicht billig. Natürlich hatte Carl-Ivar sie besorgt.
Dazu war er gut genug gewesen!
Es versetzte ihr einen Stich, selbst jetzt tat ihr Carl-Ivar noch leid. Carl-Ivar, der Nette, der sich bemüht hatte, alle zufrieden zu stellen.
An jenem Abend hatte sie vermieden, Magnus in die Augen zu sehen.
Die braven und etwas nichtssagenden Kinder gingen gehorsam zu Bett, nachdem sie ihren Eltern einen Gutenachtkuss gegeben hatten. Annelie fragte, ob sie ihnen eine Gutenachtgeschichte vorlesen könne, sie hatte sich etwas absentieren wollen. Aber das hätte gegen die Zubettgehregeln verstoßen. Daraus wurde also nichts. Anschließend aßen sie sehr gut. Annelie erinnerte sich jedoch kaum noch daran, was es gab. Die Stimmung war angespannt, was alle
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