Lupus - Ankunft der Woelfe
an und gab sich zu erkennen. »Professor Palmer hier. Kann ich meine Tochter sprechen?«
»Wen wollen Sie haben?«, hörte er eine sehr junge, verschlafen klingende Frauenstimme.
»Doktor Eva Palmer.« Er rollte mit den Augen. Dieses ständig wechselnde Personal. Kannte nicht mal seine Tochter.
»Hören Sie … Herr Professor …«
»Palmer.«
»Ich habe Sie verstanden. Aber eine Frau Doktor Palmer gibt es hier nicht auf der Personalliste. Diesen Namen habe ich noch nie gehört«, nuschelte die Frau am anderen Ende der Leitung.
»Ich habe Sie gehört. Sie sind wohl neu an der Charité, meine Verehrteste, deshalb will ich geduldig sein, und jetzt schauen Sie gefälligst noch einmal nach!«
Über seinem Kopf surrte die Außenkamera leise und verfolgte jede seiner Bewegungen. Er legte seinen Daumen an den Erkennungsschalter und trat durch die sich automatisch öffnende Sicherungstür in die Eingangshalle des Forschungsgebäudes. Dann blickte er auf das abgeschaltete Display an seinem Handgelenk und tippte auf den Ohrknopf, um das Telefonat fortzusetzen. Doch das Gespräch war beendet. Unterbrochen. Er wählte noch einmal.
Besetzt!
Er steckte seine Sicherheitskarte in den Kasten vor dem Aufzug. Die Karte schaltete ein blinkendes Lämpchen von Rot auf Grün, der Fahrstuhl öffnete sich. Palmer drückte auf minus Zwei für die separierte und besonders gesicherte Enhancement-Forschungsabteilung mit den Spezialaufträgen. Sanft und sehr leise setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung und sauste in die Tiefe. Kurz darauf stieg der Professor aus und blickte erneut auf sein Handgelenk-Handy.
Während er den Gang entlanglief, wählte er nochmals. Doch in diesem Moment kam sein Partner Becker um die Ecke. Er schaltete die Verbindung ab und streckte seinem Freund und Kompagnon die Hand entgegen.
»Steffen, was gibt es?«
»Komm mit, ich zeige es dir.«
Er betrat nach Becker einen abgedunkelten Raum mit mehreren Computerarbeitsplätzen, der an einen weiteren Raum grenzte. Die Bildschirme flackerten, und die Lampen an den Arbeitsplätzen verteilten grünliches Licht über den Tastaturen. Beide Räume schienen durch eine Glasscheibe voneinander getrennt zu sein. Doch tatsächlich konnte man von hier in den Nebenraum schauen, aber nicht umgekehrt. Auf der anderen Seite sahen die Probanden, die eifrig auf ihre Tastatur hämmerten, nur einen gläsernen Spiegel.
Becker blickte mit zusammengeschobenen Augenbrauen zum Nebenraum. Palmer folgte dem Blick. Mit gestrecktem Arm zeigte Becker auf einen jungen Mann ganz links außen, der mit fliegenden Fingern auf die Tastatur hämmerte.
Palmer registrierte zu seinem Bedauern, dass er ihm kein schöneres Gesicht hätte verpassen können. Die Nase war schlank und wohlgeformt, das Kinn eckig, die Stirn hoch, und das schwarze Haar war voll.
»Hat es endlich geklappt?«
Als könne der Mann hellsehen, blickte er auf und sah zum Spiegel.
Auf Beckers Gesicht zeigte sich ein zufriedenes Strahlen. »Der freiwillige Proband ist Medizinstudent im vierten Semester.« Becker trat an einen Computer und zeigte auf eine Excel-Grafik.
»Wir haben einen echten Ausreißer-Wert. Überragend gut. Viel intelligenter kann kein Mensch sein. Der Mann ist ein Genie.«
»Wie hoch hast du die Dosis bei ihm angesetzt?«
»Fünfzig Milliliter.«
»Und seine IQ-Werte?«
Becker wechselte auf eine Grafik, die steil nach oben wies. »Wie bei Timo Zweiter.«
»Wir brauchen diese Erfolge. Dringend. Das weißt du.« Er zögerte. »Und hat er … hat er Nebenwirkungen?«
Becker schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben Grund zu feiern. Stell schon mal den Champagner kalt.«
Palmer nickte anerkennend. »Na, endlich geht es voran. Das Projekt wird sich für uns auszahlen. Wenn sich das herumspricht, können wir uns vor Patienten nicht mehr retten.« Nachdenklich fasste er sich an den Nacken. »Wenn du jetzt noch herausfindest, warum das Medikament bei Einzelnen viel besser als erwartet anschlägt, dann ist dir der Nobelpreis sicher. Das wird ein Evolutionssprung für die Menschheit.«
Becker nickte. »Zumindest für diejenigen, die sich dieses Hirntuning leisten können.«
»Du sagst es, mein Lieber. Aber wir wollen ja auch nicht jeden intelligent machen, sondern nur die zahlende Elite.« Er knetete und lockerte seine Finger für die bevorstehende Operation und verabschiedete sich mit einem zufriedenen Lächeln.
Auf dem Weg durch den Park fiel ihm seine Tochter Eva wieder ein. Er hob die Hand und wählte
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