Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lupus - Ankunft der Woelfe

Lupus - Ankunft der Woelfe

Titel: Lupus - Ankunft der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Twin , Sue Twin
Vom Netzwerk:
Begriffe:
    Basilisk (gekrönter Hahn mit Schlangenleib),
    Greif (Löwen-Greife und Drachen),
    Hippogryph (Pferd und Greif) …
    Sie blätterte zurück. Die Illustration einer Harpyie weckte ihr Interesse und ließ sie innehalten. Das Bild zeigte ein Mischwesen mit einem Frauenkopf und einem Vogelleib mit Adlerkrallen. Im Text stand, dass um 1660 zwei Frauen mit Flügeln und Krallen an den Füßen gesichtet worden waren.
    Vorsichtig schlug Eva das harte Papier um und erblickte eine Skizze mit einem Säugling. Die Illustration unterschied sich in nichts von dem Baby, das man auf der Pfaueninsel gefunden hatte. Die Wölfin von Berlin. Gar nicht so einzigartig. Es kam immer wieder vor. Aber diese Ähnlichkeit war schon verblüffend. Eva las den Text: Geboren 1562 oder 1563, während der Kleinen Eiszeit. Herkunftsort unbekannt.
    Sie blätterte um und fand ein weiteres Wolfskind. 1709 kam es nach einem ebenfalls vernichtend kalten Winter in einem ihr unbekannten Dorf im Osten Europas auf die Welt. Die Bewohner sahen die Schuld in den Wölfen, die das Dorf belagert hatten. Eva jedoch vermutete einen anderen Zusammenhang. Die kalten Winter brachten Krankheiten und Epidemien mit sich. Manche Viren bevorzugten trockene Kälte.
    Plötzlich kam ihr eine verwegene Idee, und sie fragte sich, warum sie nicht früher daran gedacht hatte. Sie müsste unbedingt die Virenfragmente der Wölfin mit den Viren an den Leichen – und am besten auch an der Selbstmörderin vergleichen. Aber eine Probe von Tabea Niemann hatte sie nicht mehr – die Frau war mittlerweile verbrannt.
    Eva grübelte. Vielleicht war das Phänomen, dem sie gerade auf der Spur war, gar nicht so ganz neu. Ihr Herzschlag beschleunigte. Wenn ihre Theorie stimmte, dann konnten sie froh sein, wenn das Virus nicht sonderlich ansteckend war. Da gab es ja auch noch diese Julia Pastrana, diese Affenfrau, die mehrere Sprachen beherrscht hatte und sogar – außergewöhnlich für ihre Zeit – lesen und schreiben konnte. Vielleicht war auch dort ein ähnlicher Virenstamm an der Mutation beteiligt gewesen.
    Sie musste daran denken, dass nur eine einzige Variante auf dem Chromosom 7, nämlich auf dem Gen FOXP2, dafür verantwortlich war, dass der Mensch sprechen konnte und der Affe nicht. Ihr wurde heiß und kalt. Sah sie gerade Zusammenhänge, die noch nie jemand aus diesem Lichtwinkel heraus betrachtet hatte? Nein, ihre Fantasie ging mal wieder mit ihr durch.
    Eins nach dem anderen. Erst einmal musste sie mit Professor Steinmeier reden.

30
    Rechtsmedizin, Mittwoch, später Vormittag
    N achdem Eva ihren Vortrag beendet hatte, blickte Steinmeier sie ernst an. »So, so, der Hund ist kerngesund.« Er griff zum Telefonhörer und ließ sich mit dem Kollegen verbinden, der die Probe analysiert hatte.
    »Steinmeier hier. Es geht um die Selbstmörderin Tabea Niemann … Nein, wir haben uns keinen Scherz erlaubt … Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, dass es Hundegene sind? … Ah, ja, ich verstehe. Kleine Zufälle haben schon immer entscheidende Erkenntnisse gebracht … okay, dann hören wir voneinander, sobald wir eine Erklärung haben.«
    Steinmeier legte auf und blickte Eva mit gefalteten Händen an. Ausnahmsweise schwieg er, was so gar nicht zu ihm passte. Eva rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl in die hinterste Ecke. Jetzt nicht an die Nase fassen, ermahnte sie sich. Sie atmete tief durch.
    »Professor Steinmeier, Sie werden verstehen, dass es meine Pflicht war, die Angelegenheit nicht zu ignorieren. Selbst wenn hier ein übler Scherz vorliegt.«
    »Nicht möglich, meine Liebe. Jeder, der hier arbeitet, weiß, dass er seinen Job auf der Stelle los ist, wenn er …« Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben einen Ruf zu verteidigen. Die Rechtsmedizin arbeitet seriös.« Erneut griff er zum Hörer und tippte aufs Display. »Frau Müller, bitte verbinden Sie mich sofort mit dem Bestattungsinstitut Löbius. Danke.«
    Er legte auf und grübelte. »Frau Doktor Palmer. Ich schicke Ihnen gleich einen Spezialisten. Ich möchte, dass Sie die beiden Leichen noch einmal gründlich absuchen. Halten Sie akribisch fest, wo an den Leichen die Hundegene gefunden wurden. Und ich will exakt wissen, welches Genmaterial wir vom Mörder haben: zum Beispiel Hautschuppen von den Fingerkuppen. Wir müssen jedes Fitzelchen viel genauer zuordnen, als wir es bisher getan haben. Lückenlos. Gehen Sie jeder möglichen Spur nach!«
    Das Telefon klingelte. Er nahm das Gespräch an.

Weitere Kostenlose Bücher