Lust auf Lust: Intime Geständnisse
den letzten sechs Stunden ununterbrochen mit einer Bratpfanne auf den Kopf gehauen.«
Ich denke kurz nach. »Ja«, sage ich. »Ja, so fühle ich mich auch. Aber irgendjemand hat mir dabei auch rhythmisch in den Bauch getreten, und jemand anderes hat mich einmal pro Minute in den Heimlich-Griff genommen.«
»Oh«, sagt er. »Ist was nicht in Ordnung?«
Ich lache, unglaublich tapfer, und fange dann an, hysterisch zu heulen. Pathetisch sacke ich auf eine Bordsteinkante. »Er will Schluss machen! Und das ergibt überhaupt keinen Sinn! Weil ich die Freundin des Jahres war, und er auch super ist. Aber vielleicht doch nicht, weil er Schluss machen will. Wie kann er bloß so was machen?«
»Was hat er denn gesagt?«
»Dass er mit mir reden muss! Das ist der Code für ›Schlussmachen‹. Eigentlich kann man es genauso gut gleich sagen. Aber das tut man nicht, weil das nicht erlaubt ist, am Telefon Schluss machen. Aber sagen, dass man reden muss, das geht!« Ich gucke mit roten, verheulten Augen zu meinem Freund hoch. Ich wische mir die Nase am Ärmel ab und ziehe sie geräuschvoll hoch.
»Also hat er noch gar nichts gesagt? Du weißt es also noch gar nicht. Ich glaube, dass er was ganz anderes vorhat. Er hat bestimmt ein Geschenk für dich. Oder er hat einen Chor organisiert, der dir ein Ständchen bringen soll. Oder er hat eine Ballonfahrt gebucht. Eher so was.«
Ich muss, trotz meines zerknautschten Gesichts und der guten Gründe dafür, lachen. »Gut, wir wetten, okay? Ich denke, dass er Schluss machen will, und du sagst Chor.«
Er lächelt, ist froh, dass ich das auch wieder ein bisschen tue - er hat sich natürlich in Grund und Boden geschämt für meine Szene - und sagt: »Gut. Wir wetten um einen Apfel.«
Natürlich hat er Schluss gemacht. Nachdem ich erstmal ungeheuer sauer war über seine Geschmacklosigkeit bei der Wahl des Schlussmachcafés (›Herzchen‹!), habe ich alle anderen Phasen durchlaufen: Fassungslosigkeit, Trauer, Verzweiflung und noch mal Wut. Als mein Bitten und Flehen nicht halfen, bin ich einfach weggegangen. Man muss schließlich seine Würde bewahren. Selbstverständlich bin ich nach einer Nanosekunde wieder zurückgelaufen, um mich noch einmal vor ihm auf die Knie zu werfen. Aber er war unerbittlich.
»Hallo, Renske hier. Du schuldest mir einen Apfel. Dieser Dreckskerl, dieses Arschloch, diese verdammte Filzlaus. Aber ich habe einen Plan. Das lass ich mir natürlich nicht gefallen. Ich hab einen Plan.« Mein Plan war eigentlich nicht so genial. Der Arbeitstitel lautete: Du Unglaublicher Schuft Was Fällt Dir Ein Mich Abzuservieren Jetzt Setze Ich Alle Hebel In Bewegung Um Dich Wiederzukriegen Das Lass Ich Mir Natürlich Nicht Gefallen. Nicht so packend, aber dem Sinn nach zutreffend. Frustration ist eins der vielen Gefühle, die man kriegt, wenn man einfach so fallengelassen wird. Das konnte ich nicht einfach so schlucken. Damit war ich ganz und gar nicht einverstanden. Wie konnte er das tun? Wie konnte er das einfach so im Alleingang machen? Gibt es nicht immer zwei Leute in einer Beziehung? Sollte man da nicht erst einmal drüber reden, oder so?
Also führte ich wochenlang ein knallhartes Terrorregime. Ich überschüttete ihn mit Anrufen und anschließend ignorierte ich ihn auf Partys total. Ich kam spontan vorbei, kochte für ihn und gab mich danach völlig gleichgültig. Ich schickte ihm liebe SMS und knutschte dann vor seiner Nase mit jemand anderem rum - was allerdings weniger gut funktionierte: Er knutschte dann einfach auch mit einer andern, und ich musste mich für den Rest des Abends auf dem Klo einschließen. Ich schickte ihm lange Briefe. Ich ließ ihn merken, dass er mir scheißegal war, gab aber auch deutlich zu erkennen, dass ich ihn supertoll fand - die Doppeldeutigkeit des Verführens also. Nach langen, ermüdenden Wochen war endlich am Ende eines langen Abends der Augenblick gekommen: Wir küssten uns wieder. Ich hatte gewonnen! An diesem Abend war ich im Siegesrausch. Ich hatte es geschafft! Ich hatte das Ruder herumgerissen, mein Schicksal in die Hand genommen, den Lauf der Welt verändert! Renske, die Obermanipulatorin.
Von da an hatte ich wieder einen Freund. Den einen Freund, den ich so gerne haben wollte, für den ich mich so abgerackert hatte. Und ich war nicht glücklich. Die Beziehung gründete auf übertrieben hartem Spiel (meinerseits) und verdecktem Widerwillen (seinerseits). Ich hatte dafür gesorgt, dass es wieder lief. Aber ich wollte
Weitere Kostenlose Bücher