Lust auf Lust: Intime Geständnisse
ausgesprochen verärgert an. »Was ist das denn wieder für ein Männeremanzipationsquatsch? Natürlich wirst du mich wohl nachher total geil fingern.«
»Nö. Verstehst du, das hab ich nämlich immer schon superbescheuert gefunden. Da muss ich dann irgendwas mit den Fingern machen, keine Ahnung was und wo und wie, während ich eigentlich die ganze Zeit denke, ach Mädel, mach’s doch einfach selber, dann spar ich mir eine Menge Stress. Also nix da.«
Jetzt bin ich an der Reihe, blöde vor mich hin zu starren. Langsam rufe ich mir die Situationen ins Gedächtnis zurück, in denen er mich gefingert hat. Langes Rumgefummle mit viel Gezwirbel und Gedrehe, um die richtigen Stellen zu finden, und viel heimlicher Frustration. Plötzlich beginne ich zu strahlen. » Wow . Ist dir klar, dass wir hier wirklich was gefunden haben? Eine echte Offenbarung, eine echte Entdeckung? Schatz, das ist das Romantischste, was wir jemals gemacht haben. Da wird mir gleich ganz heiß. Rutsch mal rüber, in einer Viertelstunde bin ich wieder ansprechbar. Und könntest du mir ab und zu ein bisschen ins Ohr stöhnen?«
Obermanipulatorin
M it kühlem Kopf betrete ich den Raum. Kühl bedeutet, dass ich einen coolen Blick aufsetze und so tue, als ob die Wärme des Raumes keine Wirkung auf mich hätte. Als schöne Frau besitze ich nämlich keine Schweißdrüsen, ebenso wenig wie ich nie aufs Klo muss, höchstens mal um meinen Lippenstift nachzuziehen und mich in großen Spiegeln narzisstisch anzustarren.
Ich gehe zur Bar und bestelle mir ein Getränk, an dem ich ab und zu beiläufig nippe.
Und dann beginne ich zu observieren. Die große Disco, in der ich mich befinde, ist ein Geschäft, der Tanzboden das Schaufenster. Die Jungs, die dort stehen, tanzen und sich unterhalten, sind die Ware. Deswegen bin ich gekommen. Im Geiste gehe ich eine Checkliste durch. Mit meinen Anforderungen. Ich muss ein Produkt wählen, das zu mir passt, ein Exemplar, das dem entspricht, was ich in meinem Kopf habe. Und die Liste ist ziemlich lang.
Er muss groß sein, aber nicht schlaksig, gut aussehen, aber nicht à la Ken, fröhlich sein, aber nicht überdreht, intelligent, aber nicht abgehoben, selbstsicher, aber nicht arrogant, komisch, aber kein Klassenclown, selbständig, aber kein Einzelgänger, und außerdem sensibel und sozial, aber auf keinen Fall zu sehr. Das wär’s so ungefähr.
Ich suche die Umgebung nach Typen ab, die rein äußerlich in Frage kommen. Schnell habe ich ein paar geortet. Ich kippe mein Getränk runter und gehe zu ihnen. Einen nach dem andern nehme ich sie unter die Lupe. Im Kopf mache ich Häkchen bei erzielten Punkten. Äußerlich bin ich lieb, flirte ich, werfe meine Haare zurück (superprimitiv, aber der Erfolg ist garantiert), lächle ich (obwohl ich in Gedanken schon einen dicken Strich durch ›komisch‹ gemacht habe) und mache witzige Bemerkungen. Innerlich berechne ich. Und ich treffe meine Wahl. Mann B entspricht beinahe allen meinen Anforderungen. Er ist richtig süß. Ich verabrede mich mit ihm.
Ich gehe mit Mann B durch den Park. Mit meiner allerniedlichsten Stimme frage ich, ob er mir ein Eis kauft. Es ist zwar 50 Grad unter Null, das macht sich aber gut für’s Gesamtbild.
»Ein Eis? Aber du hast doch gerade erst dein Mittagessen auf.«
Ich schließe die Augen und bleibe kurz stehen. »Scha-atz? Sagst du das bitte nicht mehr? Man hat nicht was auf, man hat etwas auf gegessen . Sagst du das also bitte nicht mehr? Es klingt so hässlich. Und kannst du beim Gehen ein bisschen mehr die Füße heben? Du schlurfst so. Und wenn du so laut redest, dann hört dich jeder, das finde ich auch nicht so gut.« Und ich sehe ihn beschwörend an. Noch ein bisschen, und er ist perfekt.
Frauen sind Obermanipulatoren. Wir stecken voller Tricks, Kunststücke, krummer Logik und Pläne, nur weil wir unseren Willen kriegen wollen. Wir wollen alles und geben uns nicht mit weniger zufrieden. Unser Mann muss unseren Anforderungen entsprechen. Und falls nötig, schleifen wir noch etwas nach. Wir sind raffiniert, gewieft und hinterhältig. Wir machen uns die Welt genau so, wie wir sie haben wollen.
Mann B ruft an. »Liebling, ich kann heute nicht. Ich hab es völlig vergessen, aber ich muss mit ein paar Freunden essen gehen. Sorry.«
Ich bleibe kurz stumm. »Aber… das geht doch nicht? Ich wollte doch mit dir essen gehen.« Ich denke rasendschnell nach. Wie kann ich ihn packen? »Und es ist Freitag. Wir unternehmen doch jeden
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