Lust de LYX - Gesandter der Sinne (German Edition)
über ihn. Über seiner Wunde schlug sie sie zurück, dann kniete sie sich hin, stählte ihre Nerven und löste behutsam den Verband von seinem Oberkörper, um sich die Verletzung anzusehen.
Wieder schnellte seine Hand zur Seite und packte mit erstaunlicher Kraft ihren Unterarm. Und genau wie zuvor sirrte ein bogenförmiger Energiestoß durch die Luft, der tausend kleine Vibrationen auf Kavins Haut auslöste und ihr ein überraschtes Keuchen entlockte.
Ihr Blick suchte seinen und hielt ihn fest. Der Ausdruck in seinen Augen hätte sie eigentlich vor Angst lähmen müssen, doch plötzlich tat er das nicht mehr. Aus dieser Nähe sah Kavin noch etwas anderes in ihren Tiefen. Etwas, das ihr zuvor entgangen war, weil sie sich zu sehr gefürchtet hatte, um klar zu denken. Es war dieselbe Leere, die auch sie verzehrte. Ein Hauch von Verletzlichkeit, mit dem sie nicht gerechnet hatte.
Ihre Atmung ging schneller. Ihre Haut prickelte, als würde sie plötzlich zum Leben erwachen. Der sahad hätte so viele Gelegenheiten gehabt, sie ernstlich zu verletzen, trotzdem hatte er es nicht getan. Sogar in jener ersten Nacht hatte er schließlich von ihr abgelassen. Und obwohl er ihr Handgelenk so fest hielt, dass er es mit einem winzigen Ruck brechen könnte, wusste Kavin instinktiv, dass er es nicht tun würde.
Worte formten sich in ihrem Kopf. Worte, von denen sie nicht einmal wusste, ob er sie in seinem derzeitigen Zustand hören, geschweige denn verstehen konnte. Worte, die sie plötzlich unbedingt artikulieren musste. »Ich bin nicht hier, um dir wehzutun, sahad . Ich will dir nur helfen.«
»Du kannst mir nicht helfen«, stöhnte er. »Niemand kann das. Jetzt nicht mehr.«
Er nahm nicht ein einziges Mal die Augen von ihr, und Kavin fühlte, wie unter seinem glutvollen Blick Energie ihren gesamten Körper durchströmte. Eine Energie, die sie bis ins Mark traf. In dem nachfolgenden Schweigen hingen seine Worte weiterhin in der Luft und erinnerten sie an das, was Hana ihr erzählt hatte.
» Die Marid binden sich für ein ganzes Leben .« Gefolgt von der Nachricht, dass nur der Tod seiner Gefährtin einen Krieger in ein Monster verwandeln konnte.
War es das, was er tat? Schlug er sich in der Arena, um den Tod seiner Gefährtin zu rächen? Fragen, die Kavin zuvor nicht in den Sinn gekommen waren, erfüllten ihre Gedanken. Dann vermischten sie sich mit den Bildern von ihm, wie er, gefährlich und prachtvoll anzusehen, einen Kampf auf Leben und Tod führte.
Ihre Haut erhitzte sich. Tiefes Mitgefühl machte sich in ihrer Brust breit. Obwohl sie es zu unterdrücken versuchte, spürte sie es mit jeder Faser, es zerriss ihr das Herz. Mit einem Mal war er nicht mehr die Bestie, als die die Hochgeborenen ihn darstellten. Er war nichts weiter als ein Sklave, der um sein Leben kämpfte, genau wie sie. Er schlug sich, um sich jenen zu widersetzen, die ihn tot sehen wollten.
Und exakt das musste sie auch tun. Entschlossenheit übermannte sie, während sie weiter Blickkontakt hielten. Eine Entschlossenheit, die ihr die Kraft zurückgab, die ihr fehlte, seit man sie nach Jahannam gebracht hatte. Zayd konnte ihren Körper nehmen, er konnte ihr sogar die Freiheit nehmen, aber ihre Seele würde er nicht bekommen. Niemand konnte sie ihr wegnehmen, solange sie es nicht zuließ.
»Lass es mich versuchen«, flehte sie, obwohl sie den Grund, warum sie ihm helfen wollte – nein, musste – selbst nicht ganz verstand.
Seine Augen hielten ihre gefangen. Ob er nach Lügen oder Wahrheiten suchte, wusste sie nicht. Aber irgendetwas veränderte sich in diesem Moment zwischen ihnen. Sie spürte es bis in die Zehenspitzen.
Langsam ließ er ihren Arm los, dann drehte er den Kopf zur Seite und schloss die Augen. Ihre Brust war schwer von der Brisanz dessen, was gerade zwischen ihnen passiert war, und Kavin brauchte einen Moment, ehe sie sich wieder seiner Verletzung zuwenden konnte.
Der Schnitt war tief, die Ränder schartig und geschwollen. Sie fand keinen Hinweis auf Eiter, was ein gutes Zeichen war, darum bedeckte sie sie wieder. Trotzdem zitterten ihre Hände, als sie aufstand und mit dem Handrücken seine Stirn fühlte.
»Allah!« Ihre Besorgnis wich nackter Panik. Sie hastete zur Tür und hämmerte mit der Faust gegen den kalten Stahl.
»Ich weiß, dass ihr da draußen seid«, rief sie den Wachen zu. »Wenn ihr wollt, dass der sahad während eurer Schicht stirbt, ignoriert mich ruhig weiter.«
Metall schrammte über Metall, als das
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