Lust de LYX - Gesandter der Sinne (German Edition)
seiner Zelle diese Worte gesagt hatte, aber er wusste, dass sie von ihr stammten. Er hörte ihre liebliche, verführerische Stimme noch immer in seinem Ohr, und das so deutlich, wie er plötzlich das Schlagen seines Herzens hörte.
»Steh auf, sahad .«
Nasir guckte zur Tür, wo Malik – die Arme auf dem Rücken verschränkt, die Lippen zu einem grimmigen Strich verkniffen – aufgetaucht war. Hinter ihm standen zwei Wachen.
»Ich will dich in fünf Minuten im Trainingsring sehen.«
Sein mu’allim verließ den Saal, die Wachen kamen herein. Als Nasir seine Gabel weglegte und sich von dem leeren Tisch erhob, wirbelten Bilder, Worte und Fragen, auf die er keine Antworten hatte, durch seinen Kopf. Wenn die Frau in seiner Zelle eine Hochgeborene wäre, wüsste sie nichts von Folter. Sie wüsste nichts von Einsamkeit. Sie hätte ihn nicht umsorgt, als er krank war. Und sie würde definitiv nicht in diesem Moment in seiner verschimmelten, deprimierenden Zelle sitzen.
» Er ist nicht mein Liebhaber …« »Ich wurde zu dir geschickt …« »Lass mich dir helfen …«
Mit klopfendem Herzen trug Nasir sein Tablett zurück und stellte es auf dem Tresen ab, der an die Küche grenzte, dann drehte er sich zu den Wachposten um. Nein, es gab nur eine logische Erklärung.
Sie war keine Hochgeborene.
Die Wärter eskortierten ihn zu dem Trainingsring im Inneren des Gebäudes, der zwar kleiner war als die Arena, aber trotzdem genug Platz zum Sparring bot. Seine Beine taten weh, und er war geschwächt von der Infektion, aber als er in die Mitte des Rings trat und der linke Wachposten ihm ein Holzschwert aushändigte, dachte er nicht mehr daran. Dass Einzige, was seine Gedanken beherrschte, war, dass er die Wahrheit herausfinden wollte.
»Lasst uns allein«, befahl Malik den Männern. Die beiden wechselten verwirrte Blicke. Sie hielten sich immer bereit, selbst während des Trainings, ließen Nasir keine Sekunde aus den Augen, weil man einem Marid nie über den Weg trauen durfte. Doch angesichts der herausfordernden Miene des mu’allim , zogen sie schließlich achselzuckend von dannen und ließen die schwere Tür hinter sich zufallen.
Malik schloss die rechte Hand um den Griff seines Schwerts. »Fühlst du dich ausgeruht, sahad ?«
»Ja«, log Nasir, der schlau genug war, sich seine Schwäche nicht anmerken zu lassen. In der Arena führte Schwäche zum Tod. Im Trainingsring immerhin noch zu einer Bestrafung.
Er verstärkte den Griff um sein Holzschwert, während Malik um ihn herumging und sich hinter ihm positionierte. Sein mu’allim war berüchtigt dafür zu attackieren, wenn man es am wenigsten erwartete, und Nasir fühlte sich momentan so lädiert, dass er Mühe haben würde, auf Zack zu bleiben.
»Die Aufrichtigkeit zwischen Lehrer und Schüler ist das einzige Band, das wir haben, sahad .«
Verdammt. Malik hatte ihn durchschaut. Nasir verspannte sich.
»Dennoch«, fuhr Malik fort, während er um Nasirs Rechte herumkam und sich vor ihm aufbaute, »bin ich in Anbetracht der Umstände bereit, darüber hinwegzusehen. Dieses eine Mal. Ich spüre, dass du eine Frage hast. Stell sie.«
Nasir guckte überrascht hoch. Einem sahad war es niemals gestattet, seinem mu’allim Fragen zu stellen, ganz gleich, zu welchem Thema. Doch er wollte diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, denn womöglich würde sich keine zweite bieten. »Diese Frau in meiner Zelle. Du nanntest sie jarriah . Dieser Ausdruck sagt mir nichts.«
»Nein«, bestätigte Malik und zog weiter seine Kreise um Nasir. »Und das sollte er auch nicht. Er entstammt nicht unserer Sprache. Es ist ein Wort der Ghule.«
Unserer Sprache? Nasir zog die Brauen zusammen, als weitere Fragen auf ihn einstürmten, doch noch bevor er sie stellen konnte, begann er zu begreifen, und plötzlich sah er so klar, als wäre ein Vorhang von seinen Augen gehoben worden. Als Malik wieder vor ihm stehen blieb, starrte Nasir ihn mit geweiteten Augen an. »Heiliger Allah«! Du bist ein –«
Der Vorhang senkte sich schlagartig wieder herab und blockierte Nasirs Wahrnehmung. Grimmig erwiderte Malik seinen Blick. »Ich bin dein mu’allim .«
Nein, er war mehr als das. Die Luft rauschte aus Nasirs Lungen. Malik war ein Marid, genau wie er selbst.
»Nicht alle deine Dschinn-Kräfte sind blockiert, sahad «, fuhr Malik mit gedämpfter Stimme fort. »Sondern nur die, von denen die Hochgeborenen fürchten, du könntest sie gegen sie einsetzen. Du warst so sehr auf das Kämpfen
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