Lust kennt kein Tabu
ich von Anfang an gemerkt. Für mich war sie nicht die Richtige.“
Zienna sagte nichts, hörte zu und biss in ihr Sandwich. Aus welchem Grund erzählte er ihr diese Story?
„Dann traf ich dich“, fuhr er fort, „und alles änderte sich. Ich verliebte mich in dich.“
„Erwartest du, dass ich das glaube?“, fragte sie, unfähig, noch länger zu schweigen.
„Aber es ist die Wahrheit. Du und ich … So heiß war das, so intensiv. Du hast mich stimuliert und inspiriert.“
„Trotzdem warst du nicht bereit für eine feste Beziehung.“ Zienna legte ihr Sandwich auf den Teller zurück. Jetzt war sie nicht mehr hungrig. „Um einer anderen nach Texas zu folgen, hast du mich verlassen.“
Wendell nickte und hielt ihrem Blick stand. „Das kann ich nicht ungeschehen machen, obwohl ich mir weiß Gott wünsche, es wäre möglich … Nein, das stimmt nicht ganz.“
„Großartig!“ Zienna verdrehte die Augen. „Jetzt hast du es mir klargemacht, endlich habe ich es begriffen. Ohhh, ich bin ja so froh über dieses offene Gespräch!“
„Sorry, das ist falsch rausgekommen. Bitte, hör dir auch den Rest an. Ich beschloss, mich von Pam zu trennen. Immerhin waren wir sehr langezusammen gewesen, und ich fragte mich, auf welche Weise ich sie verlassen sollte – sodass sie nicht allzu sehr darunter litt. Aber ich wusste nicht, wie.“
„Warum solltest du deine Freundin abservieren, wenn du beide Mädchen gleichzeitig haben konntest?“
Diesen Kommentar ignorierte Wendell. „Schon vorher hatte ich’s versucht. Da drohte sie, sich umzubringen. Ein Drama nach dem anderen. Einmal schluckte sie sogar eine Überdosis Tabletten und landete im Krankenhaus. Also musste ich vorsichtig mit ihr umgehen. Ich wollte sie nicht in den Tod treiben. Für dich klingt das vielleicht wie Wischiwaschi. Doch ich hatte einfach keine Ahnung, wie ich eine solche Katastrophe vermeiden sollte.“ Er seufzte tief auf. „Und dann änderte sich alles, als sie mich über ihre Schwangerschaft informierte.“
Sekundenlang blieb ihr das Herz stehen. Also hatte er ein Kind bekommen … Das dürfte sie nicht bedrücken, tat ihr aber unendlich weh.
„Wow! Was für eine sensationelle Neuigkeit! Vier Jahre, nachdem es passiert ist! Warum hast du mir nicht schon damals von deiner schwangeren Freundin erzählt? Es hätte mir wohl kaum gefallen, ich geb’s zu. Aber wenigstens hätte ich dich nicht jahrelang für mein Ein und Alles gehalten – um dann bei unserem Wiedersehen zu merken, welch ein Irrtum das war.“
Hoffnungsvoll beugte er sich vor. „War ich wirklich dein Ein und Alles?“ Er sah sie so durchdringend an, wie er es damals immer getan hatte, als sie noch ein Paar waren.
„Nicht, Wendell…“
„Was du empfunden hast, war nicht einseitig.“
Als Zienna spöttisch lachte, sprach er in verschwörerischem Ton weiter.
„Bitte, du musst mir zuhören. Nachdem ich von Pams Schwangerschaft erfahren hatte, war mir sofort klar, dass ich meine Pflicht tun musste. Nächtelang überlegte ich, wie ich es dir beibringen sollte. Ich wollte dich nicht noch zusätzlich kränken, die Trennung würde dich ohnehin schon verletzen. Deshalb behauptete ich, eine feste Beziehung sei nichts für mich. Wegen des Babys zog ich mit Pam nach Texas – vor allem, weil ich nicht so wie mein Vater sein wollte, der nie in meinem Leben aufgetaucht war.“
Wortlos griff Zienna wieder nach ihrer Kaffeetasse und nahm einen Schluck. Nicht, weil sie Lust darauf hatte – sie musste einfach nur irgendetwas tun.
„Wir bekamen einen Jungen, Jeremiah.“ Jetzt klang Wendells Stimme gepresst, tiefer Kummer verdunkelte seine Augen.
Also war es gar nicht so großartig, dass du dein persönliches Glück für ein Kind geopfert hast?
„Typisch“, murmelte Zienna.
„Wie bitte?“
„Dem Kind zuliebe bist du bei Pam geblieben, dann seid ihr unglücklich gewesen, weil ihr nie zueinander gepasst habt. Und jetzt bist du ein Teilzeit-Dad.“ In knappen Worten fasste Zienna ein gängiges Szenario zusammen. Es war unsinnig, wegen eines Kindes zu heiraten. Und das mussten viele Leute typischerweise auf die harte Tour lernen.
„Wenn es nur so wäre“, entgegnete Wendell leise.
Er schaute weg, und sie sah seinen Adamsapfel auf und ab zucken, während er krampfhaft schluckte. Dann schloss er seine Finger um das goldene Kreuz, das um seinen Hals hing. Ein beklemmendes Gefühl stieg in ihr auf.
Nach einer langen Pause wandte Wendell sich wieder zu ihr. „Mein Sohn ist
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