Lust und Gefahr
sie mit schwacher Stimme.
»Bewusstlos. Sein Kopf ist mit meinem Gewehrkolben kollidiert. Ich habe ihn an einen Baum gefesselt.« Er legte sie in eine bequemere Position an seine breite Brust. »Zur Hölle mit ihm. Er kann dort verrotten, bis die Cops kommen. Ich bringe dich zurück in die Hütte.« Er küsste ihre blutige Stirn. »Aber du musst über die Unterschlagung auspacken, Süße. Du hast keine andere Wahl.« Als sie nickte, spürte sie, wie schwindelig ihr war. »Keine Wahl«, wiederholte sie und wurde an seiner Schulter ohnmächtig.
Nach knapp einer Stunde tauchte in der Hütte ein Polizist auf, der aussah, als wäre er nicht älter als achtzehn. Er war mit dem Boot gekommen, weil Mac ihm geraten hatte, es nicht über die überflutete Straße zu versuchen. Mac führte ihn den Waldweg entlang zu der Stelle, an der er McNeil zurückgelassen hatte – fest an eine Zeder gefesselt. Der junge Cop arbeitete schnell und effizient. Mit Macs Hilfe legte er dem fluchenden, drohenden McNeil Handschellen an, verfrachtete ihn ins Heck des Polizeibootes und war innerhalb weniger Minuten zurück in der Hütte, um Tommis Aussage aufzunehmen.
»Tommasea Violetta. Interessanter Name.« Er klappte seinen Notizblock zu. »Habe ich noch nie gehört.«
Angesichts seines Alters nahm Tommi an, dass es eine Menge Namen gab, die er noch nie gehört hatte. In Macs Bett an ein paar Kissen gelehnt, eine Bandage um den Kopf und den verletzten Arm verbunden und auf den Bauch gelegt, lächelte sie ihn an. »Ich denke, meine Eltern haben versucht, den Namen ›Smith‹ irgendwie auszugleichen.«
Mit ernster Miene nickte er. »Doktor Kenning wird bald hier sein und einen Blick darauf werfen. Aber ich glaube, dass Sie viel Glück gehabt haben, junge Frau. Es ist nur eine Fleischwunde, mehr nicht.«
Tommis Lächeln vertiefte sich, als jemand, der sich vermutlich vor einem Monat zum ersten Mal rasiert hatte, sie »junge Frau« nannte.
Ein paar Minuten später hörte sie, wie sich das Polizeiboot mit dem gefesselten Reid McNeil im Heck von Macs Bootsanleger entfernte.
Tommi legte den Kopf zurück, schloss die Augen und tastete behutsam nach der Beule unter der Bandage an ihrer Stirn.
Eine starke, warme Hand legte sich auf die ihre. Sie schlug die Augen auf, als Mac sich neben sie auf das Bett legte. »Wahrscheinlich wirst du ein anständiges Veilchen bekommen.« Er zog das Knie an und spielte versonnen mit ihrer Hand, die er noch immer festhielt.
»Zum Glück gibt es Make-up.« Trotz dieser unbeschwert klingenden Bemerkung verspürte sie eine tiefe Furcht davor, ihn anzublicken und zu sehen, was in seinen Augen stand.
Ihre gemeinsame Zeit war vorbei. Da Reid eingesperrt war, gab es keinen Grund, länger zu bleiben. Von jetzt an hieß es Abschied nehmen. Bei dem Gedanken daran wurde ihr das Herz schwer.
»Warum hast du das getan? Warum hast du dich in solche Gefahr begeben?« Seine Stimme war leise und beunruhigt. »Was zur Hölle hast du dir nur dabei gedacht? Ich hätte dich verlieren können.« Seine Augen wirkten wütend, verwirrt. Und in ihnen stand etwas, das sie nicht deuten konnte … Angst?
Sie wandte das Gesicht ab und suchte nach den Worten, die gesagt werden mussten. Diese Worte auszusprechen fiel ihr schwerer, als ihm ihren Körper zu schenken. »Ich habe es getan, weil … Ich konnte mir nicht vorstellen, in einer Welt aufzuwachen, in der es dich nicht gibt.« Ihre Augen waren trocken, ihr Herz schwer, ihr Magen hatte sich zusammengezogen.
Schweigen.
Macs Hals arbeitete, als würde er versuchen, Steine zu schlucken. Schließlich hob er ihre Hand an seinen Mund, küsste ihre Finger und sagte: »Was den Sex angeht …«
Tommis Herz stockte, und ihre Kehle war wie zugeschnürt. Es ging immer nur um Sex.
»Was zwischen uns war, ging über Sex hinaus.« Seine Augen begannen zu strahlen, und er lächelte sie an, wie er sie noch nie zuvor angelächelt hatte. »Die Wahrheit ist, Smith, dass ich dir verfallen bin, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Und das Problem war, dass ich dreizehn war und du achtzehn und dass ich verdammt noch mal nichts dagegen tun konnte.«
Sie hielt den Atem an. »Und jetzt?«
»Jetzt kann ich es.« Er ließ sie los und stützte sich mit den Händen neben ihr ab. Dieselbe Position hatte er eingenommen, als er nach ihrem Alptraum zu ihr gekommen war. »Ich will nicht, dass das hier aufhört. Ich will nicht, dass das zwischen uns aufhört. Ich will auf dem, was zwischen uns ist, aufbauen.
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