Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
liegend gefunden. Wir
dachten zunächst, er sei tot. Aber das war er Gott sei Dank nicht.“
„Und Sie sind sicher, dass es
Jonathan Eckstein war?“
„Ja. Sonst war ja keiner da.“
„Hat sich Ben Winter ärztlich
behandeln lassen?“
„Nein. Er wollte nicht. Er schien
... ich weiß nicht ... aus Angst vielleicht.“
„Angst? Wovor?“
Magdalena zuckte mit den
Schultern. „Keine Ahnung.“
„Und warum haben Sie nicht die
Polizei gerufen?“
„Das wollte er auch nicht.“
Na, der weiß schon, warum ,
dachte David Büttner bei sich und sah Magdalena lange an. „Okay“, sagte er
dann, „darum kümmern wir uns später. Kommen wir jetzt zur eigentlichen Sache,
warum ich Sie hergebeten habe. Ich würde gerne mit Ihnen über Ihre Mutter
reden.“
„Sie ... hatte einen Unfall“,
bemerkte Magdalena so leise, dass Büttner sie kaum verstand.
„Ich denke, dass Sie genauso gut
wie ich wissen, dass es kein Unfall war.“
„Ja.“ Magdalenas Stimme war nunmehr
ein Flüstern, die Tränen rollten ihr still über die Wangen, ohne dass sie
Anstalten machte, sie weg zu wischen.
„Ich nehme an, Ihr Vater hat Ihre
Mutter schon öfter geschlagen?“
Magdalena nickte.
„Und Sie? Hat er Sie auch
geschlagen?“
„Ja. Aber nicht so oft. Meine
Mutter hat ... sie ...“
„Sie hat sich schützend vor Sie
gestellt.“
„Ja.“
„Wir brauchen jemanden, der
Strafanzeige gegen Ihren Vater stellt“, brachte Büttner sein Anliegen auf den
Punkt.
„Das kann ich nicht“, schüttelte
Magdalena erschrocken den Kopf. „Ich kann doch meinen eigenen Vater nicht
anzeigen!“
Büttner beugte sich über den
Schreibtisch und sah sie beschwörend an. „Ihr Vater ist ein Tyrann, Magdalena,
ein brutaler Schläger. Wenn niemand etwas gegen ihn unternimmt, dann wird er es
immer wieder tun.“
Magdalena ließ sich kraftlos in
ihrem Stuhl zurücksinken. „Ich kann es nicht“, wiederholte sie leise.
„Haben Sie gesehen, wie Ihr Vater
Ihre Mutter verprügelt hat? Können Sie mir den Grund für diese Attacke nennen?“
Bei diesen Worten gab es für
Magdalena kein Halten mehr. Sie wurde so dermaßen von Weinkrämpfen geschüttelt,
dass Büttner nicht mehr wusste, was er tun sollte. Also wartete er ab und
reichte ihr nur immer mal wieder ein paar Kleenex. Nach endlosen zehn Minuten
ließ er sich und Magdalena einen Kaffee kommen. „Ich habe ihr nichts getan“,
hob er abwehrend die Hände, als seine Mitarbeiterin ihn nach einem mitleidigen
Blick auf die völlig aufgelöste Magdalena vorwurfsvoll ansah.
Rund zwanzig Minuten waren
vergangen, als Magdalena wieder einigermaßen in der Lage war, seine Fragen zu
beantworten. In abgehackten Sätzen, die immer wieder von Schluchzern
unterbrochen wurden, erzählte sie ihm, was zuhause vorgefallen war. Als sie vom
Besuch Katharina Ecksteins erzählte, umwölkte sich Büttners Stirn. So kannte er
Katharina gar nicht. Was nur hatte sie sich dabei gedacht, Magdalena in so
übler Manier anzugehen? Und warum hatte sie auch gegenüber Gundula Fehnkamp
solch gemeine Andeutungen gemacht? Er würde sie dahingehend befragen müssen.
In Magdalenas Ausführungen fiel
immer wieder auch der Name Adrian. Büttner horchte alarmiert auf. „Hat dieser
Adrian auch einen Nachnamen?“, fragte er.
„Warum wollen Sie das wissen?“,
fragte Magdalena lauernd.
„Also?“, ignorierte Büttner ihre
Frage.
„Wagenaar. Adrian Wagenaar.“
„Und wo ist dieser Adrian jetzt?“
„In der Schule, er geht ... in
meine Klasse.“ Magdalena schaute erschrocken auf., während Büttner bereits
seine Sprechanlage bediente. „Sofort einen Streifenwagen ans Johannes-Althusius-Gymnasium.
Wir suchen einen gewissen Adrian Wagenaar, er geht in die ... Wie bitte?“ Nun
war es an Büttner, erschrocken die Augen aufzureißen. „Scheiße!“, rief er im
gleichen Moment und sprang erstaunlich behände aus seinem Stuhl auf.
„Was ist los? Was haben Sie?“,
stieß Magdalena panisch hervor.
„Meine Kollegen sind schon an der
Schule“, rief Büttner auf dem Weg zur Tür. Sein Gesicht zeigte hektische rote
Flecken. „Ihr Vater scheint Adrian massiv zu bedrohen. Kommen Sie mit! Ich
denke, dass wir jetzt Ihre Hilfe brauchen.“
27
Bens Kehle brannte wie die Hölle.
Jeder Schluck, den er trank, fühlte sich an wie ein kurzer Sprung ins
Fegefeuer. An Essen war gar nicht zu denken, auch wenn der Hunger sich in
seinem Körper breit machte wie ein tiefes, schwarzes Loch, in dem nach und nach
all seine Energie
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