Lustig, lustig, tralalalala
die Kinder sind mit ihren Geschenken oder Fernsehschauen beschäftigt.
«Komm mal mit.» Ich stehe ebenfalls auf, und wir gehen in die Küche, in der es so wunderbar riecht.
«Hier, Semmelknödel, selbst gemacht. Nach einem original Salzburger Rezept.» Sybille wird immer böser. «Dreierlei Sortenvom Wild, das Wildschwein hab ich in Buttermilch eingelegt, schon vor Tagen. Da, Rosenkohl und da, Rotkohl. Hier, Feldsalat. Weißt du, wie lange es dauert, Feldsalat zu putzen? Der ganze Sand.»
«Es muss eine Heidenarbeit gewesen sein.» Ich muss an Clemens denken, der jetzt bei Astrid ist, die eigentlich die Kette bekommen sollte.
Warum hat Clemens mir das nur angetan? Jahrelang hab ich auf ihn gewartet, meine sozialen Kontakte beerdigt und lange Wochenenden mit Selbstgesprächen verbracht. Oder damit, Vorhänge zu waschen oder den Teppich zu schamponieren, immer mit einem Ohr am Telefon, ob er vielleicht doch noch anruft.
Ich fühle mich wie ein Stück Dreck. Und da kommt Sybille und legt den Arm um mich. «Hey», sagt sie. «Ich will nicht, dass es dir schlechtgeht. Ich mag dich nämlich wirklich, und das sag ich nicht nur so. Jetzt setz dich da mal hin. Ich hab nämlich eine Idee. Unser selbstgefälliger, von sich überzeugter Clemens, der kriegt jetzt mal sein Fett weg, darauf kannst du Gift nehmen.»
Am zweiten Weihnachtstag ruft Clemens an und fragt, ob wir uns sehen können. Irgendwie scheint er keine besonders gute Laune zu haben.
«Ich komme gegen vier vorbei», sagt er halb mürrisch und ein wenig genervt. «Und ich hab nur zwei Stunden Zeit. Bereitest du schon alles vor?»
Das heißt im Klartext, dass ich ihn sozusagen im frisch gemachten Bett und entsprechend ausstaffiert erwarten und ihn zwei Stunden lang bedienen soll. Klar auch, dass Champagner kaltsteht und sich ebenfalls im Kühlschrank ein paarausgewählte Delikatessen befinden werden, die Clemens unglaublich gern mag, aber zu Hause nie bekommt, weil Sybille ja nie einkauft und schon mal gar nicht das, was Clemens gern isst.
«Warte im Bett auf mich», sagt er. «Ich hab ja einen Schlüssel.» Er will keine Zeit verschwenden.
Direkt nach dem Auflegen drücke ich Sybilles Nummer in die Tasten, und sie hebt sofort ab.
«Alles klar», sage ich. «Um vier.»
«Gut.» Ich sehe sie nicken. «Astrid weiß Bescheid. Auch von dir. Sie ist total sauer. Und natürlich ist sie dabei.»
Perfekt. Hervorragend.
Am 26. Dezember um Punkt 16 Uhr höre ich, wie sich der Schlüssel in meiner Wohnungstür dreht. Ich liege lasziv im Bett, habe eine Schmuse-CD eingelegt und bin bereit.
Ich höre Clemens’ Schritte auf dem Dielenboden im Flur, und dann öffnet sich die Tür zum Schlafzimmer.
«Ich hab mich so nach dir gesehnt», sagt Clemens und ist schon dabei, sich auszuziehen. «Du dich auch nach mir? Das waren Tage, sag ich dir. Furchtbar. Meine Frau ist wirklich eine Gewitterziege. Dauernd am Meckern. Ich hatte ununterbrochen Kopfschmerzen. Aber jetzt bin ich hier bei dir, und wir machen es uns nett.» Schon ist er im Bett. «Ich bin doch der Beste, oder?»
Ich schaue so auf seinen Unterleib, als hätte ich vorher noch nie hingeschaut. «Na ja», sage ich dann langgezogen und versuche, wahnsinnig selbstbewusst und überzeugt auszusehen.
«Was heißt hier ‹na ja›?», fragt Clemens und wirkt unsicher.
«Um ehrlich zu sein, du bist es nicht. Und um ganz ehrlich zu sein, ich merke kaum was, wenn wir miteinander schlafen.»
«Was heißt das denn auf einmal?», will er böse wissen und glotzt mich an wie ein hungriger Eisbär einen Touristen, der versehentlich vom Weg abgekommen ist.
«Das heißt, dass ich seit Heiligabend weiß, wie gut es sich anfühlen kann, wenn man was merkt beim Sex», erkläre ich und bemühe mich, lasziv und gleichzeitig verächtlich zu klingen, was relativ schwierig ist.
«Aber ich war Heiligabend doch gar nicht hier», versucht er die Kurve zu kriegen, und ich wette, wäre er ein Pferd, er würde mit den Hufen scharren.
«Nein, warst du nicht. Aber mein neuer Freund eben.»
«Dein neuer Freund?»
«Ja. Er kommt übrigens gleich vorbei. Wenn du so lieb bist und mir den Wohnungsschlüssel gibst?»
Nun ist Clemens weiß wie die Wand und sieht so aus, als würde er gleich umkippen. Fast tut er mir ein bisschen leid. Aber nur fast.
«Der weiß, wie’s geht», setze ich noch einen drauf. «Da brauch ich auch keine Lupe, so wie bei dir.» Clemens muss sich so mies fühlen, denn ich weiß ja, dass seine keifende
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