Lustvolles Erwachen
entgegen, der mit einem Dienstmädchen aus dem Zimmer kam.
»Ich denke, es ist an der Zeit aufzubrechen«, murmelte Harry und wollte gehen.
Seine Worte ließen den Arzt aufhorchen. »Ich glaube, Sie sollten alle bleiben.«
Seine Worte ließen Diccan erstarren. Der Mann hatte Angst.
Plötzlich wollte Diccan ihn zur Seite stoßen und Grace vor alldem retten, was sie bedrohte. War die Schwangerschaft nicht gut für sie? Würde sie das Kind verlieren? Wieso machte ihm der Gedanke so viel Angst?
»Wer ist der Ehemann?«, erkundigte der Arzt sich und trocknete sich die Hände an einem Handtuch ab.
Kate schnaubte wieder. Diccan machte einen zögerlichen Schritt nach vorn. »Das bin ich. Stimmt etwas nicht? Ihr geht es doch gut, oder?«
Die Augen des Arztes, mit denen er Diccan fixierte, waren stechend grün. »Nein.«
Selbst die Frauen keuchten auf.
»Mr. Hilliard«, sagte der Arzt, nahm die Brille ab und massierte sich die Nasenwurzel, »hier stimmt etwas ganz und gar nicht.«
»Was denn, verdammt noch mal?«
Wieder blickte der Arzt ihn eindringlich an, und Diccans Angst wuchs. »Ihre Frau ist nicht schwanger, Mr. Hilliard, sie wurde vergiftet.«
Kapitel 19
Grace war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Der Arzt war nett, behutsam und fürsorglich gewesen. Er hatte sich von ihr erzählen lassen, welche Symptome sie hatte, und hatte ihr die meisten Fragen beantwortet. Lächelnd hatte er sie dann gebeten, sich anzuziehen und kurz auf seine Rückkehr zu warten. Doch er hatte sein Urteil noch nicht gesprochen. Gab es ein Baby? War das Kind möglicherweise in Gefahr? Sie fühlte sich immer schlechter. Ihr war, als würde sie von einer Welle mitgerissen. Ihr Magen hatte sich schmerzhaft verkrampft. Trotzdem hatte der Arzt ihr gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen solle und dass er sich um alles kümmern werde. Aber was hatte er gemeint?
Lizzy half ihr beim Ankleiden und trug dann den Nachttopf nach draußen. Grace rollte sich auf dem Bett zusammen. Sie fühlte sich entsetzlich schwach und fragte sich, wann der Arzt zurückkehren und was er sagen würde. Er hatte erklärt, dass die Symptome auf eine Schwangerschaft hindeuten könnten. Und er hatte noch ein paar andere Gründe für die Übelkeit genannt. Doch eine richtige Antwort hatte er ihr letztendlich nicht gegeben. Sie wollte gerade all ihren Mut zusammennehmen und aufstehen, als es an der Tür klopfte. Aus irgendeinem Grund begann ihr Herz, heftig zu pochen.
»Ja?«
Sie schien sich nicht aufrichten zu können. Die Besorgnis überwältigte sie. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um ihnen etwas zu tun zu geben. Sie fragte sich, ob sie für Dr. Spence würde aufstehen können. Aber es war nicht Dr. Spence. Es war Diccan.
Verwirrt blinzelte Grace. »Oh.«
Diccan lächelte und schloss die Tür hinter sich. »Guten Tag, Grace.«
Er sah so gut und so weltmännisch aus wie immer. Grace fühlte sich schlecht und unansehnlich, außerdem war sie sich sicher, nach Schweiß zu riechen. Sie konnte den Vergleich nicht ertragen. Mühsam nahm sie alle Kraft zusammen, kam zittrig auf die Beine und strich ihr Kleid glatt. »Es ist … schön, dich zu sehen, Diccan.«
Sein Lächeln wirkte steif. »Ebenso. Können wir uns einen Augenblick setzen? Ich habe gerade mit Dr. Spence gesprochen.«
Grace machte den Mund auf, auch wenn sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Selbstverständlich sagte Dr. Spence Diccan, was los war. Trotzdem fühlte es sich wie ein Verrat an. Es war ihr Baby, nicht Diccans. Sie war diejenige, die sich eine Horde von lauten, ungestümen Kindern wünschte, die auf Longbridge durch den Garten tollten und vor Freude kreischten, wenn sie ihr erstes Pony geschenkt bekamen, wie Indianer durch die Wälder schlichen, wenn sie ihre ersten Schmetterlinge und Käfer sammelten, und wie Engel aussahen, wenn sie schliefen. Sie war diejenige, die sich all das wünschte. Diccan nicht.
Doch Diccan war ihr Mann, und er hatte das Recht, es als Erster zu erfahren. Also holte sie tief Luft, um sich zu beruhigen, und ließ sich in einen der gelben Ohrensessel am Fenster sinken. Diccan nahm ihr gegenüber Platz. Ehe er ein Wort sagte, ergriff er ihre Hände. Seine Hände waren kalt.
»Grace«, sagte er und starrte auf ihre Hände, »ich habe mit Dr. Spence geredet.«
Sie nickte. Ihr war schon wieder übel, aber sie nahm an, dass es ihr vor Angst so schlecht ging. »Ich hätte es dir ja gesagt …«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe dir nicht die Möglichkeit
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