Lustvolles Erwachen
haben.«
Und ohne ihre Antwort abzuwarten, zog er sie in seine Arme und hob sie hoch. Sie hätte widersprechen sollen. Sie hätte ihn weiter beschimpfen sollen. Es gab so vieles, das sie ihm vorwerfen konnte. Aber als sie seine Arme spürte, gab sie nach und hielt sich an ihm fest, als wäre er der einzig Vertraute. Sie schloss die Augen, als ihr wieder Tränen kamen, legte ihren Kopf in seine Halsbeuge und ergab sich.
»Alles wird gut, Grace«, versicherte er ihr, als er die Schlafzimmertür aufschob und sie ins Zimmer trug, »ich verspreche es.«
»Du kannst das nicht versprechen, Diccan«, erwiderte sie. »Niemand von uns kann das. Ich bin froh, wenn du unversehrt bleibst. Doch wenn das alles vorbei ist, müssen wir uns zusammensetzen und besprechen, wie es weitergehen soll. Ich will so nicht weitermachen, Diccan. Ich … kann es nicht.«
»Ich weiß«, entgegnete er und klang traurig, »aber wir haben alle Zeit der Welt, um uns damit zu beschäftigen.«
»Nein«, ertönte in dem Augenblick eine Stimme vom Fenster her, »ich fürchte, das haben Sie nicht.«
Diccan blieb abrupt stehen. Grace kämpfte gegen das eisige Gefühl der Angst an. Sie musste nicht einmal die Augen öffnen, um zu wissen, wer dort lauerte. Sie tat es trotzdem.
»Diccan«, sagte sie und funkelte den Mann an, der mit einer Pistole in der Hand am offenen Fenster stand, »ich glaube, du kennst Mr. Carver bereits.«
Kapitel 21
»Ja, ich bin es«, sagte Mr. Carver und klang belustigt. »Davor hatte ich Angst. Es war Ihre Entscheidung, Hilliard, ausgerechnet jetzt zum ersten Mal nach einem Monat das Schlafzimmer Ihrer Gattin zu betreten. Ich bin so froh, dass ich darauf vorbereitet bin.« Er hob die Pistole – eine Pfefferbüchse mit zwei Schüssen. »Sehen Sie? Ich habe mich sogar angepasst. Sie beide müssen sterben, und die Zeit ist knapp.« Er schüttelte den Kopf. »Und ich hatte einen ganz reizenden Vers, den ich Ihnen in die Brust ritzen wollte.«
Diccan war so stolz auf Grace. Er spürte, wie sie sich bei Carvers Worten anspannte, doch sie rührte sich nicht und gab sich vollkommen unbeeindruckt. »Verse«, knurrte Diccan und rang um Ruhe und Selbstbeherrschung, während er Grace noch immer in den Armen hielt. »Ich höre immer irgendwas von Versen. Ich glaube, ich habe allmählich genug davon.«
Der Attentäter warf ihm ein bedächtiges, drohendes Lächeln zu. »Und Sie wissen noch immer nicht, was es bedeutet. Oder wer den Vers hat. Ob Sie überrascht sein werden?«
»Ganz sicher.«
»Eigentlich gibt es noch eine ganze Menge Überraschungen, die aufgedeckt werden müssen«, sagte Carver genüsslich. »Wenn Sie doch nur die Zeit dazu hätten. Aber Sie haben mich nun beide gesehen. Das geht natürlich nicht.«
Diccans Herz hämmerte, und seine Hände schwitzten, doch er ließ sich nichts anmerken. »Für einen Mann, der niemals lebendig aus diesem Haus gelangen wird, kommen Sie mir ein bisschen zu selbstsicher vor.«
Carver lächelte noch immer. »Unterschätzen Sie mich nicht, Mr. Hilliard. Ich werde entkommen. Und bevor ich verschwinde, werde ich den Vers holen, den alle hier suchen.« Sein Lächeln wurde breiter. »Nicht von Minette. Sie hatte den Vers nie. Ich bin mir allerdings sicher, dass sie Sie für Ihre sorgfältige Suche bei ihr großzügig entlohnt hat.«
»Werden Sie sich jetzt endlos brüsten?«, fragte Diccan. »Oder werden Sie mir erzählen, wer der Mann ist, der hinter alldem steckt, ehe Sie mir eine Kugel in die Brust jagen?«
»Der Mann?« Der Chirurg legte den Kopf schräg und war offensichtlich amüsiert. »Grace, wenn ich Sie wäre, dann wäre ich beleidigt, dass mein Mann dem schönen Geschlecht so wenig Anerkennung zollt. Sie sollten das ›schwache‹ Geschlecht niemals verkennen, Hilliard. Das hat schon mehr als einen Spion zu Fall gebracht.«
»Eine Frau steckt hinter den Versuchen, meinen Ruf zu ruinieren?«
»Sozusagen.«
Diccan stand still da. In seinen Armen sagte Grace kein Wort, als würde sie sich in sich selbst zurückziehen. Diccan konnte allerdings die Anspannung in ihr spüren, die von jeder Faser ihres Körpers ausging. Er hoffte, dass sie aufmerksam aufpasste, denn die nächsten Augenblicke waren lebenswichtig.
»Gut«, sagte er und spannte seine Muskeln an, »ich schätze, dann werde ich mich bei ihr entschuldigen, wenn ich sie treffe. In der Zwischenzeit würde ich gern meine Frau absetzen. Sie ist keine Nymphe. Tatsächlich wird sie allmählich verdammt schwer.«
Und ohne zu
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