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Lustvolles Erwachen

Lustvolles Erwachen

Titel: Lustvolles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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die sich über die Wange ihrer Freundin zog, hob sich wie eine Anklage gegen die weiße Haut ab.
    »Was soll das mit dem Zitat bedeuten, Chuffy?«, wollte Grace wissen.
    Chuffy errötete. Unsicher rutschte er auf seinem Sessel herum. »Hätte ich nicht sagen sollen. Eine Frau sollte so etwas nicht hören.«
    »Das ist seine Signatur«, erklärte Diccan zögerlich. »Er … ritzt ein Zitat in sein Opfer.«
    Ein Zitat. Wie einen Satz von Sophokles. Einen Moment lang schloss Grace die Augen. Übelkeit durchströmte sie. »Zur Hölle mit euch«, keuchte sie und schlug mit der Faust auf die Sessellehne. »Zur Hölle mit euch allen. Ihr hättet uns warnen müssen! Doch ihr habt entschieden, dass ihr es besser wisst, und habt das Monster herumlaufen lassen, ohne uns darüber zu informieren!«
    »Grace, komm schon«, erwiderte Diccan und wollte ihre Hand ergreifen, »glaubst du wirklich, ich würde den Chirurgen in deine Nähe lassen?«
    Aber sie schlug seine Hand beiseite. Sie konnte ihn nicht anblicken. Wie hatte sie je Mitgefühl mit ihm haben können? »Kate«, sagte sie, »könntest du mir meine Handtasche holen, bitte? Sie liegt auf meiner Kommode.«
    »Grace«, fragte Olivia, »was ist los?«
    Doch sie schüttelte den Kopf und schwieg, bis Kate mit der praktischen Handtasche zurückkehrte. Grace konnte Diccan nicht ansehen, als sie die Tasche entgegennahm und öffnete. Ihre Hände zitterten.
    »Ich habe versucht, dir das hier zu zeigen«, sagte sie zu Diccan und holte die Visitenkarte hervor, die sie aufbewahrt hatte. »Ich habe versucht, dir zu sagen, dass etwas nicht stimmt. Aber du hast nicht zugehört. Du hast nicht mit mir gesprochen. Ihr habt beschlossen, dass das zu gefährlich wäre. Wie hätte ich wissen sollen, dass der Chirurg nicht mehr im Gefängnis ist? Wie hätte ich die beiden miteinander in Verbindung bringen sollen? Sagt mir das.«
    Sie hätte ihm die Visitenkarte beinahe entgegengeschleu- dert.
    »Grace«, sagte Marcus sanft, »was ist mit dem Chirurgen?«
    Sie antwortete auch ihm nicht. Sie spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog. In diesem Moment wurde ihr klar, wie sehr man sie benutzt hatte.
    Diccan las die Karte. »Mr. Carver«, sagte er, und sie sah, wie es ihm langsam dämmerte.
    »Was ist mit ihm?«, fragte Marcus und kam näher.
    Diccan reichte ihm die Karte, und seine Hände zitterten ebenfalls. »Mr. Carver hat Grace eine Karte mit der Adresse am Lincoln’s Inn Fields gegeben. Chuffy? Was befindet sich am Lincoln’s Inn Fields?«
    Chuffy erwiderte nachdenklich: »Das Königliche College der …«
    Marcus starrte die Visitenkarte an, als wäre sie eine Schlange. »Chirurgie.«
    Das hatte Grace nicht losgelassen, denn sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass die Adresse am Lincoln’s Inn Fields von Bedeutung war. Sie wollte vor Wut aufschreien. Vor Zorn. »Er war die ganze Zeit vor eurer Nase, und ihr habt es nicht bemerkt. Weil ihr mir nichts gesagt habt!«
    Diccan sah sie an, und sie erkannte die Angst, die in seinen sonst so kühlen grauen Augen stand. »Wo ist er, Grace? Weißt du das?«
    »Natürlich weiß ich das. Er ist mir dichter gefolgt als meine eigene Zofe. Er wollte, dass ich dich anzeige. Er hat mich vor dir gewarnt, hat mir mit Verhaftung und Ruin gedroht, wenn ich ihm nicht helfen würde. Wie sollte ich nicht wissen, wo er gerade ist?«
    Wieder versuchte Diccan, ihre Hand zu nehmen, doch sie ließ es nicht zu. »Wo, Grace?«, fragte er. »Wo ist er?«
    Angst erfasste sie und breitete sich in ihr aus. »Er ist hier, Diccan. Er ist auf Oak Grove.«
    Sie hätte genauso gut eine Bombe zünden können. Plötzlich waren alle Männer auf den Beinen, und alle wollten einander übertönen. Es dauerte gute zwanzig Minuten, bis es ihr gelang, ihnen die ganze Geschichte zu erzählen und den Mann zu beschreiben, den sie ab und an getroffen und von dem sie geglaubt hatte, er wäre ein Regierungsbeamter. Weitere zehn Minuten dauerte es, ehe die Männer verschwunden waren, um schnell eine Truppe zusammenzustellen, mit der sie das Grundstück absuchen wollten.
    Das Grundstück, das eigentlich hatte sicher sein sollen.
    Grace schien sich nicht bewegen zu können. Vor ihrem inneren Auge sah sie das kalte Lächeln des Mannes, hörte sein Flüstern. Nie hatte sie jemandem davon erzählt. Sie fühlte sich kalt und schmutzig und hatte Angst.
    »Komm mit, Grace«, sagte Diccan, als er schließlich wieder in den Salon kam, »ich bringe dich nach oben, wo du in Sicherheit bist, bis wir ihn gefunden

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