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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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die Zeitung zusammen und stopft sie neben ihren
Sitz. Sie hat den Motor und die Heizung laufen lassen. Im Auto ist es
unangenehm warm.
    »Bei Twitter geht’s rund«, sagt sie. »Facebook. Die Zeitungen
bringen es auf ihren Websites. Maggie Reilly ist überall. Angeblich macht sie
die Nachtsendung. Sie will«, liest sie im Standard -Interview
nach, »›zur Stelle‹ sein, wenn er anruft.«
    Luther beugt sich hinüber und schaltet das Autoradio auf London Talk FM .
Er und Howie hören den Einsamen und Verlorenen und Tobenden dabei zu, wie sie
sich dafür ereifern, die Todesstrafe wieder einzuführen.
    Er starrt geradeaus, auf das stetige Gewirr des Verkehrs, die
verregneten Ampeln, die rot, gelb, grün leuchten. Er schaut auf die Leute. Sie
huschen zu schnell vorbei, um identifiziert werden zu können. Ein Fluss aus
Fleisch, sich immer verändernd, sich niemals verändernd. Die Pendler mit ihren
Aktenkoffern und Laptop-Taschen, die Jugendlichen in ihren Jeans und
Stadtmänteln.
    Irgendwann fragt er: »Haben Sie einen Freund? Eine Freundin? Einen
Mann? Sonst jemanden?«
    »Ja«, sagt sie. »Robert. Webdesigner. Ein Schatz.«
    »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Fragen Sie nicht.«
    »Wann haben Sie zum letzten Mal richtig geschlafen?«
    Darauf antwortet sie nicht. Schaut nur durch die Windschutzscheibe,
während sie fährt.
    »Gehen Sie nach Hause«, sagt Luther.
    »Ich kann nicht, Boss. Nicht heute Nacht.«
    »Da draußen sind Hunderte von Bullen, die nach diesem Mann Ausschau
halten«, sagt er. »Gehen Sie nach Hause. Verbringen Sie Zeit mit Robert.
Schlafen Sie. Kommen Sie morgen früh rein, sehen Sie sich die York- und
Kintry-Akten an. Dafür müssen Sie frisch sein.«
    Howie lächelt beim Fahren. Sieht aus, als wollte sie ihn umarmen.

11
    Reed
setzt sich an den Tisch, klappt den Laptop auf, öffnet Maggie Reillys Website.
Er geht auf ARCHIV , scrollt dann runter zum Jahr 1995, klickt
auf einen Ordner mit dem Titel SOZIALÄMTER , » EMOTIONALER SCHADEN « UND FAMILIÄRE
GERECHTIGKEIT .
    In dem Clip spaziert Maggie Reilly in einem Ort namens Knowle West
vor ein paar heruntergekommenen Sozialwohnhäusern entlang.
    Sie sieht ziemlich gut aus, selbst bei einem Walk and Talk , bei dem
sie mit übertriebenem Pathos in die Kamera spricht:
     
    »Ein vom Gericht beauftragter Psychologe, den wir aus
rechtlichen Gründen nicht namentlich nennen können, entschied, die Mutter habe
ihren Sohn zur Lüge angestiftet und dem Kind dadurch ›emotionalen Schaden‹
zugefügt.
    Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass den Müttern vorgeworfen
wird, sie würden ihre Kinder der Gefahr eines sogenannten ›emotionalen
Schadens‹ aussetzen. Im letzten Jahr kamen mehr Kinder auf die Risikoliste
wegen dieses angeblichen ›emotionalen Schadens‹ als wegen körperlicher Gewalt
oder sexuellen Missbrauchs …«
    Es klingelt an der Tür.
    Reed stoppt das Video und humpelt zur Tür.
    Vor ihm steht Zoe Luther.
    Er lächelt. Dann erstarren seine Züge. Zoe ist völlig aufgelöst.
    »Darf ich?«, fragt sie.
    »Ja«, antwortet Reed und macht einen Schritt zurück. »Ja,
natürlich.«
    Sie tritt über die Schwelle. Reed schließt die Tür. Sie folgt ihm
durch den Flur ins Wohnzimmer und tropft dabei aufs Parkett.
    »Tee?«, fragt er.
    »Tee wäre toll.«
    »Ich hätte auch was Härteres, wenn du willst?«
    »Wenn ich jetzt anfange zu trinken, weiß ich nicht, ob ich wieder
aufhören kann.«
    »Dann also einen Tee. Was ist denn los?«
    »Schlimmer Tag.«
    »Anscheinend für alle. Was kann man da machen?«
    »Ich weiß es nicht, Ian. Was kann ich machen?«
    Sie lässt den Kopf hängen und fängt an zu weinen.
    Reed kommt zu ihr. Er legt den Arm um sie. »Na«, sagt er, »na, na,
na«.
    »Kannst du John anrufen?«, fragt sie.
    »Warum?«
    »Weil ich will, dass du dich versicherst, dass es ihm gut geht.«
    »Es geht ihm gut«, sagt Reed. »Es ist alles okay. Er ist gestresst,
aber ich glaube, es ist alles okay.«
    »Ist es nicht. Er macht sich selbst krank.«
    »Sch«, macht Reed. »Sch.«
    »Rede mit ihm«, sagt sie. »Er liebt dich. Er wird auf dich hören.«
    »Er liebt auch dich.«
    Sie lacht, als wäre das ein bitterer Scherz.
    »Zoe«, sagt Reed. »Ich schwöre bei Gott, ich kenne niemanden, der
seine Frau auch nur halb so sehr liebt, wie John dich liebt.«
    Für einen Augenblick herrscht eine verlegene Vertrautheit zwischen
ihnen, sie ist beinahe normal genug, um sie beide zum Lachen zu bringen und so
tun zu lassen, als würde

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