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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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Küsschen. Dannys Dad habe
angerufen, um wegen Weihnachten zu fragen. Dannys Dad ist in einem Heim und
ruft acht- oder neunmal die Woche an, um wegen Weihnachten zu fragen. Nach
Weihnachten wird er anfangen, sich über Ostern Gedanken zu machen. Aber sonst
hat Lucy keine Neuigkeiten. Sie hofft, es gehe ihm gut.
    Danny sagt seiner Frau, dass er sie liebt. Sie sagt ihm, dass sie
ihn auch liebt. Und viel Glück, sagt sie. Ich drück die Daumen.
    Maggie sitzt am Mikrofon und nimmt Anrufe entgegen. Sie
ist erschöpft und aufgekratzt.
    Die sensationsgierigen Kameras warten unten. Der Sender selbst ist
eine Sensation. Die Show ist eine Sensation. Aber Maggie ist die wahre
Sensation.
    Sie ist für den Anlass passend gekleidet – für die improvisierte
Pressekonferenz, die sie abzuhalten hofft, bevor der Tag zu Ende geht. Aber die
steifen Kleider und neuen Schuhe fühlen sich falsch an auf ihrem müden Körper.
    Die Uhr tickt.
    Das Licht wirkt zu hell und leuchtet grell auf weiße Wände.
    Sie blickt in die Ecke, und da stehen ihre neuen Schuhe, und es
kommt ihr seltsam vor, das hier barfuß zu machen. Für einen solchen Anruf will
man bereit sein, wenn er kommt.
    Luther sitzt in dem hohen Sessel, eingehüllt in seinen
Mantel. Er schließt die Augen und hört dem leisen Murmeln des Radios zu.
    In der Dunkelheit hört er Bill Tanner oben schnarchen.
    Er versucht, nicht darüber nachzudenken, wo das Baby der Lamberts
sein mag und was der Mann, der sich Pete Black nennt, ihm gerade antun könnte.
Er versucht, nicht an die Dinge zu denken, die er gesehen hat. Dieses zwanzig
Jahre währende Abrutschen in Blut und Knochen und Knochenmark.
    Er tut das, was er immer tut, wenn der Zug in seinem Kopf nicht
anhalten will: Er denkt an seine Frau. Er denkt an den Tag, als er sie zum
ersten Mal sah. Ihren Zigeunerrock und die flachen Schuhe, ihr Lächeln. Ihre
Stimme, die ihm wohlige Schauer über den Rücken jagte. Das tut sie noch immer.
    Er scrollt durch seine Erinnerungen an sie – sein persönliches Kōan.
Ihre Universitätsabschlussfeier, der Tag, als sie zusammenzogen. Die Woche, als
er Grippe hatte und sie ihn pflegte. Ihr Hochzeitstag. Aufs Sofa gekuschelt
fernsehen. Ihre Nacktheit. Zusammen im Supermarkt einkaufen. Ihre Nachsicht,
während er die duftenden Reihen in Antiquariaten durchstöbert.
    Aber die Erinnerungen sind wie Kopien von Kopien. Er durchsucht sie
nach etwas Neuem, aber Gutem – etwas, das ihm gehört, hier und jetzt.
    Er findet nichts außer Zoe heute Abend im Park, wie sie ihn auf die
Wange küsst und weggeht.
    Luthers Herz pumpt beklommen in seiner Brust. Er denkt darüber nach,
sie anzurufen. Er tut es nicht.
    Benny Deadhead geht nach Hause, zieht sich um, schlüpft in
eine Jogginghose. Er überlegt, das alles mit Fernsehen aus seinem Kopf zu
bekommen, vielleicht mit einer der koreanischen Horror-DVDs, die sich schon
seit etwa zwei Jahren bei ihm stapeln und die ihn, noch immer unangetastet, aus
dem mittleren Regal heraus vorwurfsvoll anstarren.
    Stattdessen denkt er scheiß drauf . Er legt sich ein paar Lines, zieht sie
sich rein, loggt sich ein bei World of Warcraft .
    Für ein paar verzauberte Stunden begibt er sich in eine bessere und
ehrenhaftere Welt.
    Teller wandert durch die Serious Crime Unit. Das müde
Personal unter grellem Licht, die flimmernden Bildschirme, die Aktenschränke
mit ihren schrecklichen Geheimnissen. Der abbröckelnde Gips und die
verschmierten Glasziegel.
    Unten, in den dröhnenden Eingeweiden des Gebäudes, zittern die
Betrunkenen und die Bandenmitglieder und die Einbrecher und die Junkies unter
Neonröhren.
    Sie denkt an die Leute da draußen in London heute Nacht, die zivilen
und die uniformierten Polizisten, die auf Dächern und in kalten Autos warten.
Männer und Frauen, die seit achtundvierzig Stunden am Stück wach sind; die
Leute, die aus dem Genesungsurlaub und aus ihren Ferien zurückgekommen sind.
    Sie ist müde, und ihr ist schlecht, und sie sorgt sich um ihre
Tochter, die vierzehn Jahre alt ist und bei den Nachbarn übernachtet.
    Über Laptops und Handys verbreiten sich Meme und
verkünden:
     
    … jemand hat mir gerade erzählt, ihre freundin hat letzte nacht
in ihrem garten ein baby schreien gehört!!! und sie hat bei der polizei
angerufen, weil es spät war und sie es komisch fand die polizei hat gesagt ÖFFNEN SIE AUF KEINEN FALL DIE TÜR !!!
wir haben schon einen einsatzwagen geschickt ÖFFNEN SIE
NICHT DIE TÜR !!! Er hat gesagt, sie glauben, es ist ein

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