Luther. Die Drohung
nicht, wie lange. Sein Kopf ist
leer vor Hass.
Dann nimmt er den Spitzhackenstiel aus dem Beifahrerfußraum und
steigt aus dem Volvo.
Er durchquert den Park und schlägt das Fenster in der Fahrertür des
Jaguars ein.
Das Auto beginnt panisch zu hupen und zu kreischen.
Luther holt eine volle Flasche Feuerzeugbenzin aus seiner Tasche. Er
spritzt es durch das zerbrochene Autofenster aufs Armaturenbrett und die
Lederpolsterung.
Die am leichtesten entflammbaren Teile befinden sich im Innenraum
eines Fahrzeugs: Fußteppiche, Schaumpolster, weiches Plastik. Und brennt das
Autointerieur, dann breitet sich das Feuer schnell aus.
Er sieht zu, wie das Auto in Flammen aufgeht. Er fürchtet keine
Explosion – Benzintanks sind aus dickem Blech. Es ist unwahrscheinlich, dass
das Auto mit zerstörerischer Gewalt explodiert. Und wenn doch, dann sei es so.
Er hätte nichts dagegen.
Er steht mit dem Rücken zum Wind, dennoch tränen ihm die Augen vom
Rauch.
Er wartet und wartet. Flammen versengen seine Augenbrauen.
Er hört Sirenen in der Ferne.
Und dann kommt Crouch aus seinem Haus. In Slippern, ohne Socken,
verstrubbelt, hastig angezogen.
Er kommt mit einem merkwürdigen, wilden Gesichtsausdruck auf Luther
zu.
Luther wartet.
Crouchs Hände und seine Stimme zittern, als er fragt: »Und wer zur
Hölle sind Sie?«
Luther greift nach Crouchs Handgelenk, dreht es herum, drückt es ihm
zwischen die Schulterblätter. Er führt Crouch im Polizeigriff zum brennenden
Auto.
»Wenn ich Ihnen das Genick breche und Sie ins Auto schmeiße«, sagt
er, »sind Sie nichts als eine Pfütze geschmolzenes Fett, bis der Notarzt da
ist.«
Crouch wimmert.
Luther spürt, wie die Hitze seinen Tweedmantel verkohlt, seine Augen
austrocknet.
»Lassen Sie den alten Mann in Ruhe«, sagt er.
Dann lässt er Crouch auf den Bürgersteig fallen und marschiert durch
den Park davon.
Die Sirenen kommen näher. Er weiß, dass sie seinetwegen kommen. Es
ist ihm gleichgültig.
Er geht zurück zum Volvo. Er setzt sich hinein und wartet.
Er sieht zu, wie die Feuerwehrleute das munter brennende Auto
löschen.
Crouch ist immer noch dort. Eine Frau, die Luther für eine Nutte
hält, wartet im Hintergrund.
Die Polizisten nehmen Zeugenaussagen auf. Einer von ihnen ist ein
vergrämter, älterer Kriminalbeamter in zerknittertem Anzug und Mantel.
Luther ist sich nicht sicher, nicht aus dieser Entfernung, aber er
glaubt, es ist Martin Schenk. Schenk arbeitet bei der Beschwerdestelle.
Wenn er recht hat, dann heißt das, Crouch hat ihn als Polizisten
angezeigt.
Luther ist das egal. Er sitzt mit den Händen am Lenkrad da und
kämpft gegen den Drang an, auszusteigen und hinüberzugehen, die Polizisten und
Feuerwehrleute fortzuschicken, Crouch einen Stoß gegen die Brust zu versetzen,
ihn am Hals zu packen und zuzudrücken.
Er denkt noch immer darüber nach, als sein Handy klingelt.
Es ist Teller. Es ist nach zwei Uhr, also weiß er im Grunde schon
Bescheid.
Er geht dran.
»Tut mir leid, Sie zu wecken.«
»Kein Problem«, sagt er. »Ich war schon wach.«
Eine Pause folgt. Teller will etwas sagen. Er kommt ihr entgegen.
»Wo?«
»Chiswick.«
»Wie viele?«
»Vier am Tatort. Mutter. Vater. Sohn. Aupair. Die Tochter wird
vermisst.«
Er lehnt sich zurück und sieht zu, wie die Feuerwehrleute den
brennenden Jaguar mit Löschschaum besprühen. Er erfreut sich an seinem
geschwärzten Skelett, dem geschmolzenen Plastik. »Wie alt ist die Tochter?«
»Elf. Heißt Mia. Mia Dalton.«
Er fragt sich, wie schlimm es ist. Er sagt: »Schicken Sie mir die
Adresse. Ich komme, so schnell ich kann.«
»Zuerst«, sagt sie, »muss ich Ihnen noch etwas anderes mitteilen.«
»Was anderes?«
»Wir glauben, wir haben einen von ihnen erwischt. Den Sohn.«
Ein langer Moment Schweigen, wie wenn man auf das Ticken eines
Sekundenzeigers wartet. »Was?«, fragt er.
»Mehrfache Verletzungen«, fährt sie fort. »Zweihundert Meter vom
Tatort entfernt. Nach Zeugenaussagen gab es eine Auseinandersetzung, zwei
Männer schienen sich um ein kleines Mädchen zu streiten. Das Mädchen blutete.«
Er umklammert das Lenkrad fester, um zu verhindern, dass er
fortgerissen wird. »Dieser Zeuge«, sagt er. »Er ist nicht auf die Idee
gekommen, rauszugehen und ihr zu helfen?«
»›Er‹ war eine Sie. Fünfundsechzig Jahre alt.«
»Aber nicht alle, die es mitbekommen haben, waren
fünfundsechzigjährige, alleinstehende Frauen, oder?«
»Nein.«
»Und der Sohn?«
»Lebt. Ist gerade
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