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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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seine
Faust.
    Er stößt die Faust durchs Fenster, fegt Glassplitter aus dem Rahmen.
Dann windet er sich wie ein Wurm durch das zerbrochene Fenster. Er taucht an
der Küchentür wieder auf und öffnet sie. Und Mia schreit immer noch nicht.
    Sie sagt sich, dass sie nicht mit diesem Mann mitgehen sollte, aber
sie läuft barfuß zur Küchentür der Robertsons. Sie und der Mann eilen durch die
schauerliche, widerhallende Dunkelheit des leeren Hauses. Die Geister aller
Familien, die einmal hier gewohnt haben, beobachten sie aus den schwarzen
Ecken.
    Sie erreichen die Eingangstür. Patrick öffnet sie. Sie schlüpfen
hinaus, zurück in die kalte Nacht.
    Und dann rennen sie.
    Henry ist gerade damit fertig, das Wort an die Wand zu
schmieren. Er ruft: »Patrick?«
    Keine Antwort.
    Dann hört er ein Geräusch.
    Es ist eine zersplitternde Glasscheibe. Und Henry versteht. Einfach
so.
    Er betrachtet die Sauerei im Zimmer. Die Sauerei auf seinen Kleidern
und in seinen Haaren.
    Er läuft in die Küche. Die Tür ist offen. Keine Scheibe ist
zerbrochen.
    Er denkt an das leere Haus nebenan.
    Er geht zurück ins Wohnzimmer und packt hastig zusammen. Es dauert
zu lange. Seine Sachen sind nass und seine Hände sind fahrig vor Wut.
    Dann schwingt er sich den Rucksack über die Schulter und stürmt zur
Eingangstür hinaus.
    Er sprintet zum Auto.
    Sie rennen schweigend. Patrick hat ihr gesagt, sie müsse
mucksmäuschenstill sein, dürfe kein Geräusch machen, denn sonst wüsste sein
Dad, wo sie sind.
    Patrick ist schneller als Mia, deren Füße nackt und zu zart für den
harten Bürgersteig sind.
    Jetzt dreht er sich um, hüpft auf der Stelle auf und ab.
    Beeil
dich! Komm schon! Bitte!
    Sie versucht es. Aber da liegt eine grüne Bierflasche im Rinnstein,
und Mia tritt in eine Glasscherbe.
    Sie macht nicht viel Lärm, und Patrick ist stolz auf sie.
    Aber diese Straßen sind ruhig.
    Henry hört ein Kind aufschreien.
    Ein Mädchen.
    Er rennt schneller. Er schwingt die Arme. Er hat ein Teppichmesser
in der Hand.
    Patrick rennt zu Mia. Seine Tränen haben das Blut auf der
einen Hälfte seines Gesichts verdünnt.
    »Ich weiß, es tut weh«, flüstert er. »Ich weiß. Aber bitte.«
    Sie humpelt zu ihm, so schnell sie kann.
    Patrick kniet sich hin. Er und Mia sind auf Augenhöhe. »Bitte lass
mich dich tragen.«
    Sie zögert, balanciert auf einem Bein. Aber als sie sieht, wie seine
Augen ängstlich über ihre Schulter blicken, sagt sie: »Okay.«
    Patrick hebt Mia mit beiden Armen hoch, spürt ihre kalte Haut, ihr
warmes Inneres. Sie ist ganz knochig und dünn, aber schwerer, als sie aussieht.
    Er rennt.
    Das Auto ist nicht weit.
    Henry biegt blitzschnell um eine Ecke und sieht sie.
    Da ist Patrick, wie er mit dem Mädchen in den Armen die Straße
entlangläuft.
    Ihr Fuß ist schwarz von Blut.
    Henry lacht, aber es klingt nicht wie ein Lachen.
    Er rennt noch schneller.
    Patrick erreicht das Auto und setzt Mia ab.
    »Warte nur einen Moment. Behalte für mich die Straße im Auge.«
    Sie lehnt sich ans Auto, beobachtet die lange, gerade Allee.
    Patrick sucht in seinen Taschen nach dem Schlüssel. Seine Hand
zittert.
    Mia wimmert tief unten in der Kehle.
    »Was?«, fragt Patrick. Er versucht, den Schlüssel ins Schloss zu
stecken.
    »Er kommt.«
    Patrick schaut auf und sieht Henry die Straße entlangsprinten.
Wahnsinnig, blutverschmiert. Er hat ein Teppichmesser in der Hand.
    Patrick weiß, dass er das Auto nicht mehr rechtzeitig starten kann.
    »Mia«, sagt er. »Renn jetzt. Schrei. Mach so viel Lärm, wie du
kannst.«
    Mia sieht den Blick in seinen Augen. Dann rast sie los.
    Sie schreit beim Rennen.
    Wieder und wieder schreit sie: »Bitte!«
    Patrick wartet mit dem Schlüssel in der Hand, während er Henry auf
sich zustürzen sieht.
    Er hat keine Angst.
    Er denkt an sein Fahrrad. Ein BMX-Fahrrad.
    Henry wird nicht langsamer. Er kommt näher und näher.
    Patrick macht sich bereit.
    Henry rammt seine Schulter in Patricks Magengrube. Patrick fliegt
auf die Motorhaube.
    Henry packt ihn an der Kehle, drückt ihn flach aufs Auto. Schneidet
und sticht mit dem Teppichmesser zu.
    Als Patrick von der Motorhaube rutscht, rennt Henry dem schreienden
Kind hinterher, das Messer in der Hand.
    Sie ist noch klein. Sie kann nicht weit gekommen sein.
    Und Henry ist sehr, sehr schnell.

21
    Luther fährt zum Highbury-Fields-Park und hält an einer
Seite des Platzes. Er verschränkt die Hände auf dem Lenkrad und betrachtet
Crouchs roten Jaguar. Er wartet lange. Er weiß

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