Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
und damit neue Eigenschaften erworben, die seiner ursprünglichen Bestimmung widersprachen. Wenn er jetzt einen Vampir aus seinem Fluch erlösen wollte, musste eine andere Seele aus freien Stücken in die Verdammnis gehen. Leander hatte diese Schuld auf sich geladen. Eine Schuld, die ihm eines Tages nur Gott vergeben konnte. Wenn alle Seelen erlöst waren – auch die der Vampire.
Das war einer der Gründe, warum Leander in der Kathedrale den Vampirtod gewählt hatte, um Lady Alderleys Verbündete zu überlisten. In seinem Falle handelte es sich um eine Art der Selbstentzündung, wie sie ganz selten auch bei Menschen auftrat. Leander konnte dies durch seinen Willen steuern. Er wollte etwas wieder gut machen, bevor er es wagen konnte, seinem Schöpfer unter die Augen zu treten.
Endlich wagte Jason, auch seine letzte Frage zu stellen: „Was ist die ‚Zuflucht der Engel’?“
Leander blickte ihn prüfend an. „In Atlantis war dies ein Tempel, in dem die gottestreuen Engel Zuflucht fanden, nachdem die Vampire ihre Herrschaft angetreten haben. Später nannte man so den Ort, in dem Lamia, die auf Erlösung hofften, ihr unsterbliches Leben verbrachten.“
„In Pakistan“, resümierte der Vampirfürst.
„Stimmt. Und an der Grenze zu Afghanistan herrscht Krieg“, gab Leander einen weiteren Hinweis.
„Und Kriege bedeuten Blut“, schreckte Jason aus seinen Gedanken hoch. Seine tiefbraunen Augen musterten den blonden Halbengel. „Heißt das, es gibt sie immer noch, und sie könnten …“
„Ja, sie könnten. Aber ich weiß, wie gesagt, nicht, ob es sie noch gibt! Allerdings weiß ich, dass fünf unserer Grenzgängervampire sich gerade in diesem Krisengebiet aufhalten!“
„Wie bitte?“
„Im Grunde tun sie das, was die alten Meister immer schon getan haben. Solange sie niemanden wandeln, ist das legitim. Ich habe doch gesagt: Vampire sind Opportunisten. Das wirst du merken, wenn du nach London zurückkehrst.“
Jason hatte immer noch das Gefühl, dass Leander ihm noch etwas verschwiegen hatte. Sein tiefgründiger Freund hatte mehr Geheimnisse, als er preisgab. Aber er wagte nicht, weitere Fragen zu stellen und verabschiedete sich.
* * *
London. Die nächtliche Stadt hatte ihr glitzerndes Kleid aus unzähligen Neonlichtern angelegt. Hier pulsierte das Leben selbst zu nachtschlafender Zeit in den Vergnügungsvierteln rund um den Piccadilly. Jason sehnte sich bei diesem Anblick nach der Einsamkeit seines Landhauses. Aber hier gab es Nahrung!
Bevor er das „Angel’s Resort“ aufsuchte, schlenderte er wie jeder normale junge Mann durch die hell erleuchteten Straßen. Er musste erst mal alles verdauen, was Leander ihm da erzählt hatte. Noch immer wusste er nicht recht, wo sein Platz in dieser unendlichen Geschichte der Vampire war. Ob er wohl noch in der Lage war, seine physische Gestalt zu verändern?
Ein paar Ladies in aufreizend knapper Kleidung und aufdringlichem Make-up boten sich ihm unverhohlen an, doch er wehrte ab. Diese Damen waren nicht nur menschlichen Freiern zu Diensten, sondern auch eine bevorzugte, leichte Beute für die Hybriden. Jason musste sich sowieso mit Blutkonserven begnügen, um nicht weitere Vampire zu erschaffen. Seine Wege führten normalerweise entweder in die Hospitäler oder in die Schlachthöfe. Evelyns Bar enthielt genug Vorräte, und die Umgebung war weitaus angenehmer, also schlug er die Richtung zum Nachtclub ein. Schon von Weitem nahmen seine empfindlichen Sinne das Dröhnen der Bässe auf der Tanzfläche war. Eine Mischung aus Alkohol, diversen Parfüms und menschlichen Körpergerüchen drang in seine Nase. Waren das nicht die Überbleibsel tierischer Sinneswahrnehmungen aus den Urzeiten der Vampire?
Ein paar Minuten blieb Jason draußen vor dem Club stehen, obwohl der Türsteher ihn bereits hinein lassen wollte. Er sah auf den blau- und pinkfarbenen Schriftzug über der Tür. „Angel’s Resort“ – warum hatte Leander ausgerechnet diesen Namen gewählt? Er bedeutete nichts anderes als „Zuflucht der Engel“.
Drinnen ging es weit weniger „himmlisch“ zu. Vampire und Menschen vergnügten sich auf der Tanzfläche miteinander. Die einen auf der Suche nach Nahrung, die anderen auf der Jagd nach dem, was sie Liebe nannten. Mit seinen feinen Sinnen nahm er eine Welle triebhafter Erregung bei beiden Rassen wahr, die über ihn hinweg brandete. Eigentlich eine perfekte Symbiose , dachte Jason in seiner typisch zynischen Art, als er sich seinen Weg durch die Gäste
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