Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Dunkelheit lief Jason Dawn noch immer ziellos durch die Straßen. Vorbei an dem großen Gebäude der Kripo, das er in- und auswendig kannte. Vorbei an seiner alten Wohnung, die längst wieder vermietet war. Wenigstens hatte es aufgehört, zu regnen. Er hatte Durst und kehrte in der „Cathedrale Noir“ ein, einem Gothic-Club, in dem auch viele Hybridenvampire zuhause waren. Für eine kleine Weile fühlte er sich zurück versetzt in alte Zeiten. Er saß allein an einem der kleinen Seitentische. Niemand von den Vampiren wagte es, sich zu ihm zu setzen. Jason war nicht mehr einer von ihnen, er war der Fürst der Neuzeitvampire. Aber Jason war auch nicht nach Gesellschaft zumute, hatte er doch vor gerade einmal vierundzwanzig Stunden eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. Die laute, hämmernde Musik betäubte seine Gedanken und Emotionen für eine Weile. Dann trieb ihn seine innere Unruhe wieder hinaus auf die nächtlichen Straßen.
Viele Menschen waren immer noch unterwegs, obwohl es schon recht spät war. Junge Leute, viele mehr oder weniger angetrunken, kreuzten seinen Weg. Ein junger, alkoholisierter Mann bedrängte seine hübsche, blonde Begleiterin und versuchte immer wieder, sie zu küssen, was sie abwehrte. Jason kam dem Paar entgegen und riss den aufdringlichen Typen von dem Mädchen weg. „Verschwinde und geh ins Bett!“, zischte er, und für eine Sekunde erschien das Feuer in seinen Augen, was seine Aufforderung unterstrich. Der Junge wollte erst eine Frechheit erwidern, dann schwankte er schimpfend und singend davon.
„Mein Retter“, umarmte ihn die Blondine daraufhin. Offenbar war auch sie nicht mehr ganz nüchtern. „Bringst du mich nach Hause?“, fragte sie in weinerlichem Tonfall. „Iss auch gar nich weit, zweite Kreuzung lllinks“, lallend deutete sie mit dem Finger in eine Richtung und hielt sich dabei an Jasons Jacke fest. Jason seufzte.
Die Blondine führte ihn geradewegs in eine stilvoll eingerichtete Zweizimmerwohnung, wo sie ihm etwas zu trinken anbieten wollte. Er lehnte dankend ab.
„Keinen Grund zu feiern, du Ärmster?“, fragte sie und goss sich ein Glas Sekt ein. „Dafür hab ich jede Menge Gründe“, lachte sie. „Jede Menge, glaube mir.“ Dabei tippte sie mit dem Finger auf seine Brust. Jason wollte sich abwenden und wieder gehen, aber sie hielt ihn zurück. „Komm, feier mit mir, den Triumph über die dunklen Mächte und meine ewige Jugend“, kicherte sie und feuerte ihre hochhackigen Schuhe in eine Ecke. Jason horchte auf.
„Also schön, ich trinke ein Glas mit, und du erzählst mir deine Gründe“, gab er nach.
Die Blondine schenkte ihm ein. Dann erzählte Luise Keller in völlig unzusammenhängenden Worten von ihren Forschungen, dem Bischof, Leander und … Downhill Falls. Jason zuckte bei diesem Namen zusammen. Ohne dass sie es bemerkte, schlich er sich telepathisch in ihre Gedanken ein und fand dort die richtige Reihenfolge ihrer fantastischen Geschichte. Er spürte, wie sein ganzer Zorn wieder hoch kochte. „Unn jetzt fange ich ein neues Leben an“, prostete sich Luise selbst im Spiegel zu.
Du ahnst gar nicht, wie recht du hast, dachte Jason und trat hinter sie. Sein Spiegelbild verschwamm vor ihren Augen, als würde es ein See widerspiegeln. Seine Hand fuhr die Linie ihres Halses entlang und bog ihn zurück. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
* * *
Seit einer Woche hatte Leander Knight nichts mehr von Jason gehört. Das „Angel’s Resort“ hatte er Miles und Weston nun offiziell als Geschäftsführer anvertraut. Shane traute er dagegen weniger, obwohl es dafür keinen triftigen Grund gab. Schließlich verdankte er dem Hybriden sein Leben. Obwohl es keine weiteren Zwischenfälle gegeben hatte und auch Alberani offenbar sein Wort gehalten hatte – was Leander natürlich persönlich an Ort und Stelle überprüfte – erschien dem Halbengel dieses Innehalten wie die Ruhe vor dem Sturm. Die Atmosphäre schien sich wie vor einem Gewitter aufzuladen. Leander spürte, dass die Zahl der Erschaffer unter den Vampiren wuchs. Er konnte dies wahrnehmen, wie die Menschen einen Wetterumschwung spürten. Unmerklich zwar, aber er wunderte sich trotzdem, denn eigentlich konnte nur Jason dahinter stecken.
* * *
Einer der neugeborenen Vampire erwachte gerade in einem Heizungsraum, dessen abgeschlossene Stahltür auch den Kräften eines Untoten trotzte, erst recht denen von Luise Keller, die damit noch gar nicht umgehen konnte und ihr neues Dasein ganz anders
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