Lux Aeterna (German Edition)
widerstandslos geschehen. „Dann sei willkommen. Dein Kampf ist zu Ende.“ Er wandte sich zu Dhrakor um, der diese Begegnung aus der Ferne beobachtet hatte. „Verkünde es für mich, mein treuer Freund. Dies hier wird mein Stellvertreter und Fürstensohn. Von nun an wirst auch du ihm dienen. Ich werde ihn in sein neues Schicksal einweihen!“
Dhrakor verneigte sich gehorsam und verließ den Raum. Er hieß diese Entscheidung nicht gerade gut, doch er gehorchte.
Antaris aber führte Nolan mit sich fort.
* * *
Als Nolan starb, schrie eine Lichtseele in der Dimension der Unsterblichen auf. Rabea, die Seelengefährtin von Nolan, weinte. Ein Schatten hatte sich über ihr Herz gelegt, aber die Liebe eines Einhorns kann niemals erlöschen. Selbst als sie fühlte, dass die Dunkelheit in den geliebten Seelenpartner eingedrungen war und ihn von nun an beherrschte, wurde die Verbindung zwischen ihnen nicht zerrissen.
* * *
Trunken vor Blut und Triumpf sah Antaris Nolan neben sich erwachen, als Vampir, als sein Geschöpf, als sein Sieg über den Gott, der ihn einst verflucht hatte. Der einzige Kämpfer, den dieser den Menschen schickte, war nun sein. Er hatte ihn mit seinem eigenen Blut zum Leben erweckt! Jetzt würde er ihm beibringen, dieses neue Dasein zu genießen – in jeder Hinsicht. Antaris strich zärtlich über die Wangen des jungen Vampirs, strich die dunklen, leicht gelockten Haare zurück. Dann folgten seine Hände und kurz darauf sein Mund den feinen Linien des letzten Blutes, das über den Hals auf die Brust gelaufen war und endlos weiter...
Eines jedoch hatte Antaris nicht bedacht. Sein Geliebter hatte noch nicht getötet, noch hatte ihn der Hunger nicht übermannt. Kurz vor dem Morgengrauen, als der anbrechende Tag den Engel der Finsternis zum Schlafen zwang, griff der neu erschaffene Vampir zu der Waffe, die in seiner Kleidung vor dem Lager aus Fellen und edlen Leinen lag. Nolan wusste, dass die folgende Nacht durch sein erstes Opfer das letzte Licht in seiner Seele auslöschen würde. Dann wäre es für sein Vorhaben zu spät. Er blickte auf den ruhenden Antaris vor sich – ein Engel mit geschlossenen Augen und blutrotem Mund. Diesen Anblick würde Nolan niemals vergessen.
Vorsichtig, um Antaris nicht doch zu wecken, hob er das Horn des Einhorns über die nackte Brust des Schlafenden. „Verzeih mir“ , dachte er und war sich selbst nicht sicher, ob er nun den Vampirfürsten oder Gott meinte.
Rabea – In den Armen der Nacht
Es herrschte eine angespannte Atmosphäre in und um Highgrove Manor. Die Gestirne mussten eine bestimmte Laufbahn erreicht haben, um die Magie wirken zu lassen. Es war die Stunde des Druiden Cedric. Er war ein zeitlos alter Mann mit langen weißen Haaren und ebensolchem Bart, der sonst einsam in einem kleinen Wald am Rande der Highlands lebte. Ein magischer Schutzkreis um diesen Wald sorgte dafür, dass nichts Ungutes dort eindringen konnte. Keiner wusste, woher der Druide kam oder wie alt er war. Cedric war einfach schon immer da gewesen. Er war der Hüter der Vergangenheit und der Zukunft, Berater und Heiler für die Menschen, die zu ihm kamen. Seine eisblauen Augen konnten bis auf den Grund einer Seele sehen.
Alle Bewohner des Waldes waren ihm vertraut, und er sprach zu ihnen wie zu den Menschen. Als die Sterne die richtige Position innehatten, stand der alte Mann mit erhobenen Armen auf einer Waldlichtung. Nebel flutete über das Gras, der beginnende Herbst kündigte sich an. Und aus dem Nebel trat das Geschöpf, das er gerufen hatte – eine vergessene, sagenumwobene Gestalt aus weißem Licht – ein Einhorn. Der Druide verneigte sich in Ehrfurcht vor diesem unsterblichen Geschöpf. Dann legte er seine Hand auf den Kopf des pferdeähnlichen Wesens, das ganz still stand. Sein Atem vermischte sich mit dem Nebel, die schönen, violetten Augen schlossen sich und es legte sich nieder in das hohe Gras. Es herrschte eine seltsame Ruhe im Wald. Nicht einmal das Käuzchen schrie zu dieser späten Stunde. Das Mondlicht berührte das Horn des Einhorns und ein seltsames Leuchten umschloss den schlafenden Körper. Ein Licht, das heller und heller wurde. Ein Licht, in dem der alte Druide bald nur noch als schemenhaftes Wesen zu erkennen war – so hell, so sanft. Und als dieses Licht erlosch, lag an derselben Stelle die Gestalt eines zarten, jungen Mädchens mit weiß schimmernder Haut. Cedric nahm seinen Umhang ab
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