Lux Aeterna (German Edition)
Schlafgemach. Bei Tage drohte ihr keinerlei Gefahr. Und in der Nacht wachte ein kleines Gefolge an Kriegern und Kriegerinnen über sie.
Kendra hatte die Ankunft der schwarz gekleideten Gestalten mit Besorgnis beobachtet. Bereits Tage vor Rabeas Umwandlung waren die Ersten von ihnen erschienen. Stumme Zeugen aus einer anderen Welt.
Es hatte bereits zuvor einige Unruhe in den umliegenden Dörfern gegeben aufgrund mysteriöser Todesfälle. Und es gab kurze Auseinandersetzungen zwischen den Kämpfern des Lichts und den Kindern der Nacht. Aber der Schutz der neuen Königin stand an oberster Stelle für die Lichtkrieger.
Seit ihrer „Geburt“ in menschlicher Gestalt wachten die schwarzen Engel vor dem Schloss. Doch sie würden es nicht wagen anzugreifen, bis ihr Fürst eintreffen würde – Nolan. Hier, auf diesem abgelegenen Herrensitz mitten in den schottischen Highlands würde die Schlacht zwischen dem Licht und der Dunkelheit beginnen. Nolan war auf schicksalhafte Weise mit Rabea verbunden.
Sie waren aus einem Geschlecht, doch Nolan war aus unerfindlichen Gründen dem Ruf der Dunkelheit gefolgt und ließ sich vor vielen Jahrhunderten von Antaris, dem Herrscher der schwarzen Engel weihen, um später dessen Nachfolge anzutreten. Damals erfolgte die Transformation zu seiner irdischen Gestalt. Auch Nolan war danach kaum von einem normalen Menschen zu unterscheiden, es sei denn in seiner edlen Herkunft, die man ihm deutlich ansah .
Seine schwarzen, leicht gelockten halblangen Haare band er oft im Nacken zusammen, wie es bei Adeligen Brauch war. Dadurch traten seine hohen Wangenknochen und die durchdringenden grünen Augen noch stärker hervor. Er war schön, ohne Zweifel, und er wusste es. Seine Schönheit war es, die seine vorwiegend weiblichen Opfer in den Tod lockte. Er lachte und scherzte mit ihnen, bevor er ihnen das Leben raubte. All die irdischen Schönheiten bedeuteten ihm nichts – gar nichts. Sein Herz schlug für die Eine – und so konnte er gnadenlos sein gegenüber allen anderen.
Antaris, der seit Jahrhunderten seine Blutherrschaft über die Vampire behauptete, wurde kurze Zeit nach der Ernennung seines Nachfolgers Nolan auf mysteriöse Weise von einem Einhorn getötet. Antaris war nicht beliebt gewesen, regierte er doch mit harter Hand und tötete sogar seine Untergebenen, wenn diese sich nicht seinem Willen beugten. Er legte die Gesetze der Vampire fest und war zu größter Grausamkeit gegenüber dem Menschengeschlecht fähig. Die Schattenkinder hatten damals angenommen, dass es sich bei dem Einhorn um Rabea handelte und der Hass auf dieses reine Wesen wuchs nach dem Tod des alten Herrschers umso mehr.
Ein Einhorn war ein unsterbliches Wesen und ein Kind des Lichtes. Und damit ein Todfeind der Vampire. Dennoch zeigte das Siegel auf Nolans Ring ein schwarzes Einhorn mit einer dornenbewehrten Rose, die sich um das Horn rankte. Unter den Vampiren gingen Gerüchte um wegen dieses Siegels und selbst Nolans engster Vertrauter, Dhrakor, konnte seinen Unmut darüber nicht verbergen.
„Wie könnt Ihr das Abbild unseres Todfeindes zu Eurem Siegel machen?“, hatte er den jungen Fürsten einst gefragt.
Nolan hatte ihn mit einem kalten Blick gestraft. „Dieses Einhorn hat nichts mehr mit meiner Vergangenheit zu tun“, hatte er geantwortet. „Im Gegenteil – ich habe es unserer Welt angepasst!“ Nolan trotzte den Gerüchten und behauptete seine Herrschaft mit harter Hand. Seinen menschlichen Opfern brannte er das Siegel auf die Stirn oder die Schulter, so als wollte er das Gute, das ein Einhorn verkörperte, der Lächerlichkeit preisgeben.
Die Verbindung von Nolan zu Rabea war jedoch nach wie vor unzertrennlich und stark, waren sie doch Liebende gewesen in einer fernen Zeit des Friedens. So nah und doch unnahbar war Rabea ihm oft gewesen. Aber jetzt – nach ihrer Verwandlung – war sie für ihn wieder erreichbar. In menschlicher Gestalt konnte er sie töten oder sie sich zu Eigen machen. Er war der einzige, der dies vermochte, da ihre Seelen schicksalhaft aneinandergekettet waren. Seine Gefolgsleute konnten sie nur beobachten und aufspüren. Doch ihr Blut sollte nur einem gehören.
Der nächste Tag begann wolkenverhangen und verregnet, wie so oft in den Highlands. Rabea stand auf, öffnete das Fenster und genoss die kühle Morgenluft und das leichte Plätschern des Nieselregens. Ein schwacher Wind trug den Duft des nahenden Herbstes heran. Ein Hauch von Wehmut lag in der
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