Lux Aeterna (German Edition)
die Menschen zu, vor allen Dingen die weiblichen. Trotzdem war sein Dasein leer, materielle Dinge scherten ihn nicht. Sollten sich seine Bandkollegen darum kümmern! Diana langweilte ihn mit der Zeit. Selbst ihr schöner Körper konnte ihm nicht das geben, wonach er innerlich verlangte. Wie konnte er zurück zu sich selbst finden? Durfte so ein Wesen wie er überhaupt noch auf Erlösung hoffen?
Die Band sollte ihre neue CD in London aufnehmen und Jason ergriff die Gelegenheit, von dort aus erneut in die Bibliothek nach Glasgow zu reisen. Er hatte sowieso vor, wieder zurück in seine alte Heimat zu ziehen. Es war seltsam für ihn, auf einmal Zukunftspläne zu schmieden, nachdem Rita ihn auf so schmerzhafte Weise verlassen hatte. Seit seiner zweiten Transformation zum Vampir waren die Empfindungen für sie nur noch Erinnerungen, die langsam verblassten wie alte Fotos.
Wieder konnte er wie einer der Studenten in dieser geschichtsträchtigen Bibliothek ein- und ausgehen. Tag für Tag, Buch für Buch folgte er den Zeilen, die in alter, englischer Sprache geschrieben waren. Eines dieser jahrhundertealten Bücher hatte ihm schon einmal einen wertvollen Dienst erwiesen. Doch jetzt fand er hier keine Erklärung für sein Schicksal.
Dafür genoss er die Ruhe in diesen großen, hallenartigen Räumen, in denen jeder Schritt und jedes Husten der Lesenden widerhallte. An diesem Tag entging seinen feinen Ohren nicht einmal das leise Atmen einer Studentin, die weit von ihm entfernt saß. Er blickte zu ihr. Das da war kein normales, menschliches Wesen. Diese Frau war schön, Ende Zwanzig, mit langen, schwarzen Haaren, adeligen Gesichtszügen und Augen wie schwarze Sterne.
Das da war Thalia di Marco, eine der Vampirfürstinnen der alten Generation. Sie musste an die vierhundert Jahre alt und entsprechend mächtig sein. Was machte sie hier in Glasgow? In diesem Augenblick erwiderte die Frau seinen Blick, in ihren Augen ein ganzes Universum an Versprechen, um ihren vollen Mund ein Lächeln. Doch dieses Lächeln war eine Kriegserklärung. Jason Dawn spürte, dass ihre Gedanken ihm nicht gerade freundlich gesonnen waren. Zumindest schien sie keine Furcht vor ihm zu haben wie viele der Hybriden.
Mit einer eleganten Bewegung erhob sich die junge Frau und schlenderte zu Jason hinüber. Sie ersparte sich die Vorstellung.
„Du wirst hier nicht finden, was du suchst. Trotz deiner Macht bist du genauso verdammt wie wir alle!“, begrüßte sie ihn stattdessen.
Jasons samtbraune Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Und was suchst du hier?“
Früher wäre er niemals so respektlos gewesen, einen der Vampirmeister zu duzen, doch auch das hatte sich geändert.
„Dich!“ kam die Antwort. Ungefragt nahm Thalia ihm gegenüber Platz und unterbreitete ihm einen Vorschlag.
„Ich bin die Letzte der alten weiblichen Fürsten. Mit dir zusammen könnte ich eine neue Regierung der Vampire auf dieser Erde aufbauen.“
Vage erinnerte sich Jason an die Rebellion des Grenzgänger-Vampirs Alexandre Cuvier, die er damals vereiteln konnte. „Was bezweckst du damit? Es gibt genug für uns alle.“
Thalia lächelte wieder. „Mag schon sein, aber willst du dich dein ganzes Leben von einer minderwertigen Rasse abhängig machen?“
Jason lachte zynisch auf. „Das sind wir doch so oder so, egal ob sie uns füttern oder ob wir sie jagen.“
„Hmm“, machte Thalia. „Mag sein, aber ich bin sicher, du kannst sehr leidenschaftlich töten. Ich sehe doch die Blicke deiner Fans auf euren Konzerten. Was für eine Auswahl du hast.“ Ihre Stimme war weich und verlockend. Sie streichelte seine Hand, die auf dem alten Buch vor ihm lag. „Und was für eine gute Wahl wärst du selbst.“
Jason zog seine Hand weg. Er konnte diese Frau schwer einschätzen. Sie war als Vampirmeisterin stark genug, um ihre wahren Gedanken vor ihm abzublocken. Er stand schweigend auf, warf ihr einen verächtlichen Blick zu und ging davon.
Thalia di Marco schaute ihm nach. Niemand hatte sie jemals so rüde abgewiesen. Das würde sie diesen jungen Burschen schon spüren lassen. Doch jetzt gab es Wichtigeres zu tun. Wenn sie in ihm keinen Verbündeten fand, dann in jemandem, der schon lange auf eine Kreatur wie sie gewartet hatte!
* * *
Wie fast jeden Tag war Dr. Connor, der Laborleiter von Richmond Pharmacies in Washington D.C. und einer der führenden Köpfe der Geheimgesellschaft Trilobit , noch bis abends spät im Büro. Draußen war die Stadt
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